— 41 hat zwar der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft die für sie höchst vorteilhafte Möglichkeit gegeben, an ihren Silberprägungen sehr erhebliche Gewinne zu machen, während vor dem Juni 1893 ihre Silberprägungen kaum die Kosten deckten. Man würde der Gesellschaft ihre erheblichen Münz- gewinne nicht zu mißgönnen brauchen, wenn nicht diese Gewinne auf Kosten der Sicherheit des ost- afrikanischen Geldwesens und zu Lasten des Landes- fislus des ostafrikanischen Schutzgebiets entstehen würden. Letzteres ist aber naoch Lage der Ver- hältnisse der Fall. Die Deutsch-Ostafrikanische Ge- sellschaft, welche nahezu zur Hälfte unterwertige Münzen ausprägt und im Schutzgebiet in Umlauf setzt, hat keinerlei Verpflichtung übernommen, ja sogar ausdrücklich jede Verpflichtung abgelehnt, diese Münzen zu irgend einem Zeitpunkte zu ihrem gegen- wärtigen Kurswert in einem vollwertigen Gelde einzulösen. Infolgedessen ist keinerlei Sicherheit dafür gegeben, daß nicht durch irgend welche Ver- hältnisse die Parität zwischen der ostafrikanischen und der indischen Rupie und damit auch die an- nähernde Stabilität des Kursverhältnisses zwischen dem ostafrikanischen Gelde und der Reichswährung zerstört wird und daß nicht die Gesellschaftsrupie eine Entwertung bis herab auf ihren effektiven Silbergehalt erfährt. Eine solche Möglichkeit läßt sich nicht verkennen in Anbetracht des großen Unterschieds in dem, was zur Sicherung des Kurses der indischen Rupie einerseits, der ostafrikanischen Rupie andererseits bisher geschehen ist. In Indien sind alle Maß- nahmen getroffen worden, die zur Festlegung des Rupienkurses vor der zunächst noch unmöglichen Einführung der vollen Goldwährung in Frage kommen konnten: die Silberprägung für private Rechnung ist völlig eingestellt worden, und die Ausprägungen für Rechnung des Staates werden auf das strengste auf das Maß des unabweis- baren Zirkulationsbedarfs beschränkt; ferner hat Indien, wie bereits erwähnt wurde, die Verbin- dung zwischem dem englischen und dem indischen Gelde dadurch befestigt, daß es durch das Gesetz vom 15. September 1899 die englische Hauptgold= münze, den Sovereign, zum gesetzlichen Zahlungs- mittel zum Betrage von 15 Rupien erklärte; außerdem hat die indische Regierung einen nicht unbeträchtlichen Goldschatz angesammelt, der bei einer ungünstigen Gestaltung der indischen Zahlungs- bilanz zur Aufrechterhaltung des Rupienkurses ver- wendet werden soll; ferner ist die indische Regierung in der Lage, durch die planmäßige Leitung des umfangreichen Zahlungsverkehrs zwischem dem India Council in London und den indischen Staatskassen in Bombay, Calcutta und Madras regulierend auf den Rupienkurs einzuwirken; schließlich fällt schwer ins Gewicht die allgemeine Uberzeugung, daß hinter der indischen Währung die wirtschaftliche und finanzielle Macht eines großen Reiches steht. Im vollen Gegensatze zu dieser Sachlage in Indien stehen die Verhältnisse der von der Deutsch- Ostafrikanischen Gesellschaft geprägten Rupien. Ihr Schicksal liegt in den Händen einer Privatgesellschaft, deren Kredit als Stütze für ein beinahe zur Hälfte unterwertiges Geld auf die Dauer auch dann nicht ausreichen dürfte, wenn die Gesellschaft überhaupt gewillt wäre, mit ihrem Kredit für das von ihr ausgeprägte Geld einzustehen; in Wirklichkeit lehnt jedoch die Gesellschaft jede Verantwortlichkeit für das von ihr ausgeprägte Geld ab, und sie ist weder gewillt, noch auch in der Lage, wirksame Vor- kehrungen zur Erhaltung der Stabilität des Rupien- kurses für ungünstige Eventualitäten zu treffen. Es kommt hinzu, daß die hohen Münzgewinne, welche die Gesellschaft bei dem niedrigen Stande des Silber- preises zu machen in der Lage ist, für die Gesell- schaft eine starke Versuchung für eine übermäßige und die Festigkeit des Rupienkurses unmittelbar ge- sährdende Ausprägung von Silbermünzen darstellen. Obwohl anerkannt werden muß, daß sich die Gesell- schaft mit ihren Prägungen bisher innerhalb der durch die Rücksicht auf die ostafrikanischen Kurs- verhältnisse gezogenen Grenzen gehalten hat, so hat sie immerhin, wie aus den oben wiedergegebenen Zahlen hervorgeht, seit 1897 ihre Silberprägungen auf mehr als das Zweiundeinhalbfache gesteigert. Die Möglichkeit einer künftigen Entwertung der Gesellschaftsmünzen ist also bei dem bestehenden System unbestreitbar vorhanden. Neben den großen wirtschaftlichen Gefahren, welche aus einer solchen Entwertung des ostafri- kanischen Geldes sich ergeben würden, enthält der gegenwärtige Zustand des ostafrikanischen Münzwesens eine Bedrohung der Finanzen des Schutgebiets. Da die Gesellschaft keinerlei Verpflichtung zur Ein- lösung der von ihr ausgeprägten Münzen über- nommen hat oder zu übernehmen gewillt ist, be- gründet die Gesellschaft durch die Ausgabe ihres stark unterwertigen Geldes gewissermaßen eine schwebende Schuld, die auf dem Münzumlaufe des ostafrikonischen Schutzgebiets lastet und zu deren Honorierung die Gesellschaft nicht verpflichtet ist. Zwar hat auch das Reich bei Erteilung der Präge- befugnis an die Gesellschaft jede Verpflichtung zu einer Einlösung des von der Gesellschaft geprägten und in Umlauf gesetzten Geldes ausdrücklich abgelehnt. Aber nichts desto weniger wird das Reich die von der Gesellschaft durch ihre Prä- gungen begründete schwebende Schuld früher oder später übernehmen müssen, und zwar spätestens beim Ablaufe des Vertrags mit der Gesellschaft im Jahre 1935; denn mangels eines jeden Rechtsanspruchs an die Gesellschaft wird sich das Reich nicht der Notwendigkeit entziehen können, be- hufs Vermeidung einer die gutgläubigen Inhaber von Rupien und die Verkehrsbeziehungen des ost- afrikanischen Schutzgebiets schwer schädigenden Ent- wertung dieses Geldes mit eigenen Mitteln für die