pflichtet ist, die zu kündigende alte Anleihe zu einem Kurse von 105 Prozent zurückzuzahlen. Die Vertreter der Gesellschaft erklärten, in den Zugeständnissen, die in den §§ 1 und 2 des neuen Vertrags enthalten sind, ein hinreichendes Aquivalent für die vollständige und vorbehaltlose Aufgabe ihrer bevorrechteten Stellung nicht erblicken zu können. Im Wege langwieriger Verhandlungen ist es jedoch schließlich gelungen, auch über den erstrebten all- gemeinen Verzicht der Gesellschaft auf ihre Privi- legien eine gütliche Einigung herbeizuführen. Dieses Ergebnis wurde dadurch erreicht, daß einmal seitens des Reichs der Gesellschaft eine zwar nicht in Bar- geld bestehende aber immerhin vermögenswerte zusätzliche Leistung zugestanden wurde, und daß andererseits der Gesellschaft gewisse nach Art und Umfang unschädliche Reste ihrer bisherigen Privi- legien belassen wurden. Die zusätzliche Leistung des Reichs ist enthalten im § 3 des neuen Vertrags. Sie besteht darin, daß der Gesellschaft ein bestimmter Betrag ihrer eigenen Anteilscheine zurückgegeben wird, nämlich Stamm-Anteilscheine im Nennbetrage von 408 000 Mk. und Vorzugs-Anteilscheine im Nennbetrage von 67 000 Mk., die im Jahre 1898 durch den Bankier von der Heydt dem Landesfiskus von Ostafrika ge- schenkt worden sind. Die Stamm-Anteilscheine haben bisher nur in einem einzigen Jahre Dividende ab- geworfen (2 Prozent); ihr Wert für die Gesellschaft, in deren Bilanz sie zu ihrem Nennbetrage figurieren, ist zweifellos ein nicht unbeträchtlich höherer als ihr finanzieller Wert für das Reich. Auch das politische Interesse des Reichs an dem Besite von Anteil- scheinen der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft wird gerade durch den neuen Vertrag, welcher die genannte Gesellschaft zu einer reinen Privatgesellschaft macht, so gut wie gegenstandslos. Für diese Gegenleistungen hat die Gesellschaft auf ihre bisherigen Vorrechte und Privilegien ver- zichtet (§ 4) bis auf gewisse, in den §§ 5, 6 und 7 des neuen Vertrages gemachte Vorbehalte. Diese Vorbehalte belassen der Gesellschaft an Stelle ihres bisherigen nahezu unbegrenzten Rechtes auf Okku- pation herrenlosen Landes ein engbegrenztes Land- okkupationsrecht, einmal für je 4000 ha in der Nähe ihrer beiden Plantagen Kikogwe und Muoa für die Dauer eines Jahres, ferner ein Okkupationsrecht an den Eisenbahnen, die bis Ende des Jahres 1935 44 – in dem Territorium, auf welches sich die Rechte der Gesellschaft auf Grund des Vertrags von 1890 be-- zogen, zur Erbauung und Konzessionierung gelangen; das letztere Okkupationsrecht bezieht sich auf ein Fünftel der rechts und links von den Bahnlinien gelegenen je 15 km breiten Landstreisen, während hinsichtlich des dem Reichstage noch vorliegenden Bahnprojekts Dar-es-Saläm— Mrogoro die Gesell- schaft in den besonderen über das Landrecht an der Bahn geführten Verhandlungen sich drei Siebenteile der je 25 km breiten Streifen rechts und links von der Bahnlinie vorbehalten hat. — Der zweite Vor- behalt der Gesellschaft geht dahin, daß in Bezug auf ihren Anteil an den innerhalb des bisherigen Ver- tragsgebiets aufkommenden Feldersteuern und Förde- rungsabgaben alles beim alten bleibt. Auch dieser Vorbehalt ist nur von geringfügiger Bedeutung, wenigstens so lange, als nicht in dem Vertragsgebiete die Gewinnung von Mineralien durch Aufschließung abbauwürdiger Lagerstätten einen größeren Auf- schwung erfährt. Die Gesellschaft hat ihren Anteil an den Bergwerksabgaben erst vom 1. Januar 1902 an bezogen, und sie hat im J. Quartal dieses Jahres nur 145 Rupien erhalten. Da die Gesellschaft auf die genannten Vorbehalte großen Wert legte, glaubte die Reichsverwaltung an diesen Vorbehalten den Vertrag um so weniger scheitern lassen zu dürfen, als auch das Reich selbst im Interesse des ostafri- kanischen Schutzgebiets Wert darauf legen muß, daß ein so wichtiger Faktor wie die Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft nicht ganz von jeder Beziehung zu dem Schicksal des Schutzgebiets losgelöst wird. Vorbehaltlos verzichtet hat die Gesellschaft in dem neuen Vertrag auf ihr Einspruchsrecht gegen Anderungen der Zölle im ostafrikanischen Küstengebiet und auf ihr Recht, vor dem Erlasse von Verord- nungen für das Vertragsgebiet gutachtlich gehört zu werden; ferner auf folgende Privilegien: 1. das Vorrecht in Bezug auf den Bau und Betrieb von Eisenbahnen, das Recht auf Errichtung einer Bank mit dem Privilegium der Notenausgabe, 3. auf das Münzrecht. Zudem ist bei Unterzeichnung des Vertrages das Einverständnis beider Parteien darüber festgestellt worden, daß der im § 4 des Vertrages enthaltene Verzicht der Gesellschaft sich auch auf alle dieienigen Vorrechte erstreckt, die ihr auf Grund des Ver- trages von 1890 im Wege besonderer Verein- barungen zugestanden worden sind. Hierher gehört vor allem das Recht der Gesellschaft auf einen An- teil an den Erträgnissen der Holzschlagegebühr, das ihr durch das oben erwähnte Abkommen vom 5. Fe- bruar 1894 eingeräumt worden ist. Der Anteil der Gesellschaft hat sich in den letzten drei Jahren auf folgende Beträge belaufen: 2. 1899 2397 Rupien, 19000 2805 - 1901. . . . . .. 2036 Der durchschnittliche Anteil der Gesellschaft belief sich mithin auf 2414 Rupien = etwa 3400 Mk., und dieser Betrag ist ungefähr ebenso hoch wie die Dividendenerträgnisse der auf Grund der von der Heydtschen Schenkung in den Besitz des Landesfiskus des ostafrikanischen Schutzgebietes übergegangenen Anteilscheine der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft, die nunmehr auf Grund des neuen Vertrages der Gesellschaft zurückgegeben werden sollen.