— 126 — 8 29. Wohnt ein Beteiligter außerhalb des Bezirkes des für das Enteignungsverfahren zuständigen Bezirksamtmanns, so kann dieser anordnen, daß der Beteiligte innerhalb einer bestimmten Frist zur Empfang- nahme von Zustellungen eine in dem Bezirke wohnhafte Person bevollmächtige. Leistet der Beteiligte der Anordnung nicht Folge, so bedarf es seiner Zuziehung zu dem weiteren Verfahren nicht. Bei der Anordnung soll auf den drohenden Nachteil hingewiesen werden. 8 30. Wo der Beginn einer Frist an die öffentliche Bekanntmachung geknüpft ist, entscheidet die erste Bekanntmachung dieser Art. Bei späteren Bekanntmachungen ist auf die erste zu verweisen. VIII. Zuständigkeit. 8 3l1. Zuständig für das Enteignungsverfahren ist der Bezirksamtmann, in dessen Bezirke das Grundstück belegen ist, welches enteignet werden soll oder an welchem das von der Enteignung betroffene Recht besteht. Ist das Grundstück in den Bezirken verschiedener Bezirksämter belegen, so bestimmt der Gouverneur den zuständigen Bezirksamtmann; er kann auch die Teilung des Verfahrens nach den Bezirken anordnen. Welche Behörde in den Gebieten, die zu keinem Bezirksamte gehören, die in dieser Verordnung den Bezirksamtmännern zugewiesenen Befugnisse wahrzunehmen hat, bestimmt der Reichskanzler (Auswärtiges Amt, Kolonial-Abteilung). Derselbe ist allgemein ermächtigt, die Zuständigkeit der Behörden für das Enteignungsverfahren in einzelnen Schutzgebieten abweichend von dieser Verordnung zu regeln. IX. Sonderbestimmungen zum Schutze der Rechte Eingeborener auf Eigentum und Besitz an Grundstücken. 8 32. Der Reichskanzler ist ermächtigt, auch außer den Fällen des § 1 die Enteignung von Grund- stücken, die aus der Herrschaft oder dem Besitz Eingeborener an Nichteingeborene übergegangen sind, zum Zwecke der Wiedereinsetzung der Emgeborenen in den Besitz insoweit zuzulassen, als die Enteignung nach dem Ermessen der Behörde notwendig ist, um den Eingeborenen die Möglichkeit ihres wirtschaftlichen Bestehens, insbesondere das Recht einer Heimstätte, zu sichern. Die Entschädigung der gegenwärtigen Eigentümer oder Befitzer dieser Ländereien wird von dem Fiskus des Schutzgebiets geleistet. Die Entschädigung kann auf die Erstattung der Unkosten für den ersten Erwerb der Ländereien von den Eingeborenen beschränkt werden. Die enteigneten Ländereien fallen als Kronland in das Eigentum des Fiskus des Schutzgebiets, welcher sie den Emgeborenen zur Nutzung überläßt. Die Einzelheiten des Verfahrens hat für jeden Fall auf den Bericht des Gouverneurs der Reichs- kanzler anzuordnen. Der Gouverneur ist befugt, den Besitzstand bis zum Erlasse dieser Anordnung zu regeln oder die Regelung einer anderen Behörde zu übertragen. X. Schlußbestimmungen. § 33. Die auf die Entziehung und Beschränkung des Grundeigentums im Interesse des Bergbaues sich beziehenden besonderen Vorschriften bleiben von dieser Verordnung unberührt. 8 34. Diese Verordnung tritt am 1. Juni 1903 in Kraft. Mit dem gleichen Zeitpunkte sind aufgehoben: die Verordnung des Kaiserlichen Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika über die Enteignung von Grundeigentum vom 15. Januar 1894 (Kol. Bl. S. 270), § 8 der Verordnung des Gouverneurs von Kamerun, betreffend den Erwerb und Verlust sowie die Be- schränkungen des Grundeigentums, vom 27. März 1888 und die Verordnung des Kaiserlichen Gouverneurs von Deutsch-Südwestafrika, betreffend den Grundstückserwerb an der Bahnlinie Swakopmund —Windhoek, vom 24. September 1901 (Kol. Bl. 1902, S. 4). Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel. Gegeben Berlin, den 14. Februar 1903. (L. S.) Wilhelm. Graf von Bülow.