— 383 — Verfügnng, betreffend Rechtsgeschäfte und Rechtsstreitigkeiten Nichteingeborener mit Eingeborenen im südwestafrikanischen Schutzgebiet. Vom 23. Juli 1903. Auf Grund des § 15 des Schutzgebietsgesetzes (Reichs-Gesetzbl. 1900, S. 813) und der Aller- höchsten Verordnung, betreffend die Gerichtsbarkeit über die Eingeborenen in den afrikanischen Schutzgebieten, vom 25. Februar 1896 wird hiermit für den Bereich des Schutzgebiets Deutsch-Südwestafrika verfügt, was folgt: 81. « Verbindlichkeiten Eingeborener aus Rechtsgeschäften mit Nichteingeborenen erlöschen innerhalb eines Jahres nach Abschluß der Rechtsgeschäfte, es sei denn, daß vor Ablauf dieser Frist der Gläubiger bei der nach dieser Verfügung zuständigen Behörde Klage erhoben hat. Abgesehen hiervon findet eine Unterbrechung oder Hemmung des Laufes dieser Frist nicht statt. Die Klageerhebung gilt als nicht erfolgt, sobald der Gläubiger den Rechtsstreit einschließlich der Zwangsvollstreckung innerhalb einer ihm zu stellenden Frist fortzusetzen unterläßt. Die Frist ist von der Behörde, bei der der Rechtsstreit schwebt, unter der Androhung zu stellen, daß ihre Versäumnis das Erlöschen des Anspruchs zur Folge haben werde. 8 2. Ist die Verbindlichkeit des Eingeborenen gemäß den Vorschriften des § 1 erloschen, so ist der Nichteingeborene von dem Eingeborenen Rückgabe des Geleisteten nur insoweit zu verlangen befugt, als das Geleistete in einer nicht vertretbaren Sache besteht und sich noch im Vermögen des Eingeborenen befindet. Eine Forderung auf Ersatz wegen Verlust oder Verschlechterung der Sache ist ausgeschlossen. 83. Die Entscheidung über Ansprüche Nichteingeborener gegen Eingeborene liegt dem Bezirksamtmann ob, in dessen Bezirk der Eingeborene zur Zeit des Antrages auf die Entscheidung seinen Wohnsitz oder beim Fehlen eines solchen seinen Aufenthalt hat. Der Bezirksamtmann kann diese Befugnis auf die Distriktschefs seines Bezirks übertragen. Die Übertragung hindert den Bezirlsamtmann nicht, jederzeit Geschäfte der betreffenden Art selbst wahrzunehmen. Die Entscheidung ist schriftlich abzufassen, mit Gründen zu versehen und den Parteien bekannt zu machen. Der Gouverneur ist ermächtigt, den im Abs. 1 bezeichneten Behörden allgemein oder im Einzelfall Anweisungen über das Verfahren zu erteilen. . §4. Ülbersteigt der Wert des Streitgegenstandes den Betrag von dreihundert Mark, so findet gegen die Entscheidung der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Behörden innerhalb eines Monats Berufung an den Oberrichter statt. Die Frist zur Einlegung der Berufung beginnt für jeden Teil mit dem Zeitpunkt, in dem ihm die Entscheidung bekannt gemacht ist. § 5. Abgesehen von dem Falle des § 4 Abs. 1 ist der Gouverneur ermächtigt, die Entscheidungen der ihm untergeordneten Behörden in Rechtsstreitigkeiten zwischen Nichteingeborenen und Eingeborenen von Amts wegen aufzuheben oder abzuändern. 86 Die Bekanntmachung der Entscheidungen ersolgt nach den allgemeinen für die Bekanntmachung von Entscheidungen der Verwaltungsbehörden bei Ausübung ihrer Zwangs- und Strafbefugnisse geltenden Vorschriften. 87. Der Zwangsvollstreckung wegen Geldsorderungen aus den nach §§ 3, 4, 5 ergangenen Entscheidungen unterliegen diejenigen Vermögensstücke der Eingeborenen nicht, die notwendig sind, um ihnen und ihren Familien die Möglichkeit des wirtschaftlichen Bestehens zu sichern. Der Gouverneur ist ermächtigt, allgemeine Vorschriften darüber zu erlassen, inwieweit hiernach das Vermögen der Eingeborenen von der Zwangsvollstreckung ausgeschlossen ist. 88 Für Verbindlichkeiten einzelner Eingeborener darf das Stammesvermögen von dem Gläubiger nicht in Anspruch genommen werden. § 9. Der Gouverneur ist ermächtigt, allgemeine Vorschriften über den Ansatz von Gebühren und Auslagen bei Rechtsstreitigkeiten zwischen Nichteingeborenen und Eingeborenen zu erlassen.