Die Hochebene ist sehr reich bewässert; man kann hier wohl von einem Ubermaß an Wasser und Wasser- läufen sprechen, das sich besonders als ein Verkehrs- hindernis geltend macht. Die Reise von Bertua nach Jaunde wurde in der zweiten Hälfte der Haupt- trockenzeit, also in der trockensten Jahreszeit, aus- geführt, trotzdem hatte die Expedition etwa alle halben Stunden ein reichlich mit Wasser gefülltes Rinnsal zu durchschreiten. Die durchschnittlich sehr geringen Höhenunterschiede der Hochebene bedingen ein sehr geringes Gefälle der Flüsse. Mit kaum bemerkbarer Strömung bewegt sich das Wasser in den breiten, sumpfigen Betten, so daß sich die Flußrichtung oft schwer feststellen läßt. Nur im bergigen Esumgebiet findet man teilweise rascher fließende Bäche. In den Vegetationsformen wechselt die Hochebene vom geschlossenen Urwald zur reinen Savanne durch. Buschwald und Parkland sind die Ubergangsformen zwischen beiden. Daß bei sonst ziemlich gleichen Be- dingungen für das Wachstum der Pflanzenwelt der geschlossene Urwald im östlichen menschenarmen Teil der Hochebene zu finden ist, während Park= und Grasland im dichter bewohnten Westen vorherrschen, wo die dem Erdboden zugehende Wassermenge sicher die gleiche, wenn nicht eine größere als im Osten ist, läßt darauf schließen, daß menschliche Einwirkung diese Umwandlung der Vegetation teilweisehervorgerufen hat. Die sumpfigen Flußbetten sind meist mit den von den Eingeborenen insbesondere für den Häuserbau benutzten Raphiapalmen, Rotang, Pandanus, Farn und Schilfgras bestanden. Die Olpalme sah ich nur im Maka-, Mwele- und Esumgebiet, und zwar in Park= und Grasland, das sie zu bevorzugen scheint, besonders häufig. Die Mwele pflanzen sie in Reihen in regelmäßigen Ab- ständen gleich den Bananen an; an dem breiten Wege, auf dem ich durch das Esumgebiet marschierte, sah ich die Olpalmen häufig in Gruppen stehend, die Stellen früherer Dörfer kennzeichnend. Von Gummi liefernden Pflanzen habe ich nur Kickrien, und zwar im Gokum= und Makagebiete, ge- sehen, wo sie verschiedentlich der Gummigewinnung wegen umgeschlagen waren. Nach Angabe der Ein- geborenen kommen sie aber auch in den Wäldern des Mowele= und Esumlandes vor, welch letzteres früher viel Gummi geliefert hat. Wahrscheinlich sind aber die Bestände dieser Gebiete durch den früher ge- pflogenen Raubbau stark gelichtet worden. Uber die Verbreitung der Landolphia habe ich nichts Sicheres erfahren können, doch kommt sie wie im Ngoko-Sangagebiet wohl auch neben den Kickxien überall vor; die Eingeborenen wenigstens haben mir verschiedentlich angegeben, daß sie einen Teil ihres Gummi aus dieser Liane gewinnen. Die Gokum, Maka, Mwele und Esum gehören zu den Bantustämmen. Die Gokum kommen in der Sprache den südwestlich von ihnen wohnenden Kaka am nächsten, der Kakadialekt enthält wieder viele An- klänge an das Gumba und Mabea, wenigstens konnten 40 sich die von den Soldaten und Trägern der Expedition, die jenen beiden Stämmen angehörten, am besten mit den Kaka und Gokum verständigen. Der Makadialekt bildet nach meinen Aufnahmen gewissermaßen den Ubergang zwischen dem Kaka und der Fangsprache. Die Mwele und Esum gehören zu den Fangstämmen und sprechen einen dem Jaunde ähnlichen Dielekt. Das Jaunde wird selbst von einzelnen Gokum, wenn auch mangelhaft, gesprochen; es ist schon bis an die Grenze des Savannengebietes vorgedrungen und kann wohl als die Handelssprache der von mir bereisten Waldzone bezeichnet werden. Die Gokum und Mako sind Menschenfresser, und zwar aus Liebhaberei für Menschenfleisch; sie machten mir aus diesem Gebrauche kein Hehl. Die Männer ereilt das Schicksal, aufgegessen zu werden, im all- gemeinen nur, wenn sie das Unglück haben, als Kriegsgefangene in die Hände ihrer Feinde zu fallen; kein Gokum oder Maka wagt es daher leicht, weit über die Grenzen seines Dorfes hinaus zu gehen. Im allgemeinen liegt ja bei den Naturkindern immer ein Dorf im Kriege mit dem anderen, und auch wenn dies ausnahmsweise nicht der Fall ist, so wird der Fremde doch als Feind betrachtet und behandelt. Die Weiber werden selbst nach ihrem natürlichen Tode verspeist, nur die nächsten Verwandten sollen sich von dem Mahle fernhalten. Auch die Mwele und Esum sollen noch vor wenigen Jahren Menschen ge- gessen, jetzt aber diesen Gebrauch verlassen haben. Die Bekleidung ist bei allen vier Stämmen auf das Notdürftigste beschränkt. Die Männer tragen ein Stück Rindenstoff oder, wenn sie reicher sind, ein Stück europäischen Baumwollstoff, das zwischen den Beinen durchgezogen und von einer Perlenschnur, einem Riemen 2c. um die Hüften festgehalten wird. Vornehmere sah ich zuweilen in Haussahemden. Die Gokumweiber tragen gleich den Männern Zeugstücke zwischen den Beinen durchgezogen, nur waren die Stücke schmäler wie beim starken Geschlecht, dafür waren die Hüften mit mehreren Perlenschnüren ge- schmückt. Die Weiber der Mwele und Esum kleiden sich ähnlich wie die Jaundefrauen; vorn bedecken sie ihre Blöße durch ein zwischen den Beinen durch- gezogenes, an einer Schnur unterhalb der Hüften befestigtes, trockenes Bananenblatt; hinten auf dem Gesäß tragen sie einen Büschel aus trockenen Blättern der Raphiapalme, der oft rot gefärbt wird, aber nicht so kunstvoll hergestellt ist, wie der einem gestützten Pferdeschwanz gleichende „Ebui“ der Jaundeweiber. Die Bewaffnung besteht in Speeren, die zugleich Stoß= und Wurfspeere sind, ferner in Pfeil und Bogen. Schilde, die aus der Haut des Büffels oder des Elesanten hergestellt werden, habe ich nicht zu Gesicht bekommen. Jetzt führt fast jeder Mann ein Vorderladergewehr. Tätowierung wird von allen geübt; bei den Gokum sah ich verschiedentlich einen oder beide Nasenflügel durchbohrt, ebenso die Ohrläppchen; bei einzelnen Maka die Nasenscheidewand. Bei den