637 Nachrichten aus den deulschen Schuhgebieten. (Abdruck der Nachrichten vollständig oder teilweise nur mit Quellenangabe gestattet.) Deufsch-Pltafrika. Farbige DBandwerker in den Kolonien, insbesondere in Deutsch- Ostafrita. Wir haben bereits früher (vgl. u. a. Kol. Bl. 1899 S. 207 f.) auf die große Bedeutung der Heranziehung und Ausbildung farbiger Handwerker für die Schutzgebiete hingewiesen. Inzwischen sind in die Etats für Ostafrika, Kamerun und Togo für die Heranbildung farbiger Handwerker namhafte Beträge eingestellt worden. Wie notwendig und zweckmäßig derartige Aufwendungen sind, zeigen die nachstehenden Mitteilungen, welche wir einem Bericht des Gouverneurs von Deutsch-Ostafrika entnehmen: Der Ersatz der weißen Handwerker durch Farbige ist schon seit Jahren gewünscht, aber infolge vieler nur schwer zu überwindender Schwierigkeiten erst in den letzten drei Jahren der Verwirklichung erfolgreich nahe gebracht worden. (Vgl. auch die Denkschrift über die Entwicklung der Schutzgebiete, Beilage zum Kol. Bl. 1903, S. 59.) Die Erwägungen, welche zu diesem Bestreben dringend mahnten, sind so mannigfacher Art und so oft nach allen Richtungen hin Gegenstand ein- gehender Erörterungen gewesen, daß sie nur kurz gestreift zu werden brauchen. Der weiße Handwerker verliert ohne Ausnahme unter dem Einfluß der Tropen, dem er sich nicht entziehen kann, an Arbeitsfähigkeit, Ausdauer und Zähigkeit. Er leistet nicht annähernd das, was er im gemäßigten Klima leistet. Zur Arbeit unter allen Bedingungen wie in Europa, z. B. im Freien ohne vor den Sonnenstrahlen schützendes Dach, ist er nicht verwendbar. Dazu kommt sehr bald eine Unlust zur körperlichen Arbeit, weil er mit dem farbigen Handwerker oder wie ein farbiger Hand- werker, selbst wenn dieser ihm an Geschicklichkeit und Tüchtigkeit in dem erlernten Handwerk — und es gibt solche Farbige — überlegen ist, oder vor den Augen von Farbigen und Eingeborenen nicht arbeiten will. Er wird den farbigen Handwerker nie anerkennen, nie mit ihm zusammen arbeiten wollen, was aber bei Werftbetrieben gar nicht zu umgehen ist. Der weiße Handwerker wird immer nach einer Aufsichtsstellung ausschauen, und eine Werft mit lauter weißen Handwerkern ist daher in hiesigen Verhältnissen eine Unmöglichkeit. Sie wird sehr viel Geld an Arbeitslöhnen verschlingen und minimale Einnahmen haben. Die weißen Handwerker sind fast ohne Ausnahme, wenn sie sich nicht in Aufssichtsstellungen befinden, unzufrieden. Reparaturen, bei denen längere Zeit Tag und Nacht gearbeitet werden muß und auf die jede ausländische Werft genau so wie die heimischen eingehen und vorbereitet sein muß, kann man in den Tropen mit weißen Handwerkern gar nicht oder nur ausnahmsweise und für ganz kurze Zeit leisten. Daher sucht im Auslande jeder gewerbliche Be- trieb, jede industrielle wie landwirtschaftliche Unter- nehmung die Arbeit möglichst mit farbigem Personal zu leisten. So ist auch die Ugandabahn in Britisch- Ostafrika gebaut worden und so wird sie heute betrieben. Die gewünschte Umwandlung in der Flottille wurde vor drei Jahren begonnen. Zunächst bot der Bau der Ugandabahn durch die dort zu Tausenden beschäftigten indischen Handwerker Gelegenheit, all- mählich das Kontingent brauchbarer farbiger Hand- werker im Flotillenbetriebe zu vergrößern. Dann trat ein Stillstand ein, als die Ugandabahn fertig war und der Zuzug arbeitsuchender indischer Hand- werker aufhörte. Neuerdings ist es indes möglich gewesen, wieder eine Anzahl — 14 — besserer indischer Handwerker zu erhalten, und seit Mitte dieses Jahres gibt es in der Flottille tatsächlich nur noch weißes Aufsichts= und farbiges Handwerker- personal. Die neuen indischen Handwerker sind durchweg ältere Leute, die zum größeren Teil auf eine acht- bis achtzehnjährige erfolgreiche Ausübung ihres erlernten Handwerks zurückblicken können, besitzen erstklassige Zeugnisse und mehrere hatten Vorarbeiter- bezw. Werkführerstellungen, der eine hat das dritte, ein anderer das vierte Maschinistenexamen für die Fahrt in den territorialen Gewässern der indischen Kolonien. Die Leute leisten durchweg gutes, bis auf zwei oder drei, deren Leistungen als mäßig be- zeichnet werden müssen, einige leisten vorzügliches, und diese nehmen es jederzeit mit guten weißen Handwerkern auf. Früher haben die Flottillen- werkstätten vergebens versucht, tüchtige weiße Hand- werker im Kupferschmiedehandwerk in der Gießerei und Tonnerei und Kesselbau zu erholten. Jeltzt ist diese Kalamität behoben. Die Werkstätten verfügen heute über sieben farbige Kesselschmiede, von denen fünf als tüchtig sich erweisen, zwei gute Kupfer- schmiede, zwei gewandte Former, drei sehr gute Eisen- und Metalldreher und mehrere zuverlässige und erfahrene Schlosser, Maschinenbauer und Mon- teure sowie vorzügliche Grobschmiede, die z. B. in der Hantierung des Dampfhammers durchaus bewandert sind. Es herrscht unter den Leuten und in den Werkstätten Ruhe und ein gutes Einvernehmen. Allerdings erhalten die neu engagierten indischen Handwerker höhere Löhne, als bisher Farbigen be- willigt worden. Die Leute erhalten monatliche Löhne zwischen 120 bis 150 Rup., zwei sogar 160 Rup. Trotzdem sind fie erheblich billiger als os Handwerker, wie nachstehende Aufstellung eweift: