— 646 — in Abbruch sind. Viele Inseln, völlig verkrautete Ausbuchtungen und Seitenarme vervollständigen das Bild der Verwilderung. Der Stromlauf selbst ist frei von Pflanzenwuchs und das Wasser klar. Zur Zeit des Hochwassers tritt der Kunene weithin über seine Ufer aus; das Uberschwemmungsgebiet kenn- zeichnet sich durch die Waldränder und ist 1 bis 2 km breit. Nach den Schlammmarken an Bäumen und Sträuchern zu urteilen, steigt das Hochwasser bis zu 4 und 5 m über den Winterwasserstand. Die niedrigeren Stellen des Überschwemmungsgebiets sind in ausgedehntem Maße mit üppigem, rohrartigem Gras bedeckt. Zur Zeit unserer Anwesenheit war das- selbe in der Stromrichtung umgelegt und bildete so eine starke, nachgiebige Decke, welche das Gehen außerordentlich erschwerte. Außerordentlich reich ist die Vogelwelt am Ku- nene vertreten. Fischadler, riesige Gänse und Enten, Reiher, Taucher, Eisvögel, Wasserhühner, Strand- läufer und viele andere unbekannte Arten geben der an und für sich schon interessanten Wasserlandschaft einen erhöhten Reiz. Dem Zoologen würde sich hier ein reiches Feld zu Beobachtungen und Unter- suchungen sicher noch nicht gekannter Vögel eröffnen. Alligatoren sind noch häufig, Flußpferde nur wenig vorhanden. Letztere finden in den verkrauteten toten Flußarmen die ihnen zusagende Nahrung in großer Fülle. Uber die im Kunene vorkommenden Fischarten konnte wegen des kurzen Aufenthalts nichts Näheres ermittelt werden; die Emgeborenen fangen sie in Reusen. Auch Krebse ungefahr von der Größe des Hummer beherbergt der Kunene. Nur etwa 40 km vom Kunene entfernt liegt die südlichste Niederlassung und Militärstation der Por- tugiesen in Angola, der Ort Humbe. Der portugiesische Handel erstreckt sich südlich nicht weiter als bis zum Ukuanjamastamm; nach Ondonga wagen die portugiesischen Händler nicht mehr zu kommen. Die vorhandenen Pferde stammen sämtlich aus Deutsch-Südwestafrika, da Portugiesisch-Angola selbst Bedarf daran hat. Sie sind sehr begehrt und werden gut bezahlt. Nach der Rückkehr vom Kunene zeigte Ujulu gegen uns das alte freundliche Benehmen. Die Freundschaft des Ujulu ging jetzt sogar so weit. daß er unsere Geschenke durch Ubersendung eines Ochsen erwiderte und Führer für unsere weitere Reise stellte. Trotz einer dreiwöchigen Ruhepause hatten sich unsere Ochsen nicht erholt, sie waren eher noch magerer geworden. Alle Bemühungen, neue zu mieten oder zu kaufen, waren vergeblich. Dazu kam noch, daß das eine Hinterrad des Wagens sich in einem sehr bedenklichen Zustande befand. Dasselbe auszubessern oder em neues zu erhalten, war hier nicht möglich. Unsere Aussichten auf eine glückliche Durchführung der Exvedition waren demnach gering, zumal gerade der schwierigste Teil der Reise durch wenig bekannte Gegenden noch bevorstand. in Bur über Deutsch-Sübwestafrika. Der ehemalige Freistaat-Bur Th. G. de Wet, von dem schon mehrfache Außerungen über Deutsch- Südwestafrika an dieser Stelle wiedergegeben wur- den,) tritt in einem „Eingesandt“ an die Kapftädter Zeitung „Ons Land“ einem anonymen Briefe mit allerlei Klagen über das deutsche Schutzgebiet ent- gegen, der Mitte des Jahres in der genannten Zei- tung erschienen war. De Wet führt aus, daß er als Ansiedler in Grootfontein bisher keinen Grund ge- habt habe, sich über die deutsche Regierung zu be- klagen, und nennt verschiedene Afrikander mit Namen, die es in Deutsch-Südwestafrika in wenigen Jahren zu einer gewissen Wohlhabenheit gebracht hätten. Alles in allem gefalle ihm seine neue Heimat recht gut. Es sei ja richtig, daß noch manches zu wün- schen bleibe, aber das sei schließlich überall der Fall. „Ich bin“ — so schreibt er — „mit Grootfontein, Nord-Damaraland, sehr zufrieden, sowohl mit der Regierung wie mit dem Land, umsomehr, wenn ich bedenke, was der Transvaal und Freistaat im Beginn waren und was sie heute sind. Man muß nicht vergessen, daß die meisten Afrikander, die zuerst in das deutsche Gebiet zogen, sich nur mit Jagd und Transportfahren beschäftigten und nichts dazu bei- trugen, das Land vorwärts zu bringen. Dies machte einen schlechten Eindruck auf die Regierung, so daß sie sich genötigt sah, zum Kaufen von Land zu zwingen. Andere kamen, um zu spekulieren und um ihre Taschen zu füllen und nicht um Land zu bebauen und waren somit die Ursache von strengeren Landgesetzen. Ich bin überzeugt, wenn man trachtet, das Vertrauen der Regierung zu gewinnen und mit Geduld zu Werke geht, so kann viel erreicht werden.“ Deutsch-Lüdwestafrikanischer Marmor. Nach dem Urteil der Königlichen Bergakademie, Berlin, des Professors Weinschenk in München und der Bildhauer Valentino Casal, Friedenau, und Pro- sessor Herter, Charlottenburg, sind die dem #olon#al= Wrntschaftlichen Komitee durch den Kaiserlichen Gou- verneur übersandten Marmorblöcke aus Etusis rein und ohne Flecken, von lebhafter Farbe und schönem Korn. Dagegen enthalten sie zahlreiche Schichten von Tremolit, welche der Verarbeitung hmmderlich sind. Durch Hauptmann a. D. v. Perbandt Winde- kaym veranlaßte fabrikatorische Versuche durch die Marmorwerke Kiefersfelden und Wiesbaden stellen das gleiche Ergebnis bezüglich der Qualität des Marmors fest. Die Marmorlager in Etusis sollen eine beträchtliche Ausdebnung haben, und werden die fabrikatorischen Versuche nunmehr mit aus anderen Lagen stammenden Blöcken fortgesetzt werden. *) Vergl. Deutsches Kolonialblatt 1902, S. 609, und S. 18. -