— 128 — Keisubewohner nicht verstanden, und so gibt es noch viele andere Dialekte in Lugagu, Fissona usw. Von der Erforschung der Inseln Neu-Hannover, Fischer und Gardner, Garrit Dennys und Sandwich mußte ich vor der Hand fast ganz absehen, da der Mangel an geeigneten Beförderungsmitteln meine ganze Kraft für Neu-Mecklenburg verlangte. Der Bezirk verfügte in der ersten Zeit nur über offene Boote und seit 1½ Jahren über einen gedeckten Kutter. Natürlich wird hierdurch die Bewegungs- fähigkeit der Beamten außerordentlich beeinträchtigt, ganz abgesehen von den Gefahren, denen man sich bei wochenlangen Fahrten in diesen kleinen Fahr- zeugen aussetzt. Im Interesse der Ausdehnung des Emflusses der Verwaltung, der Sicherheit der euro- pdischen Ansiedler und intensiven Bearbeitung der Eingeborenen ist es unerläßlich, daß jeder Bezirk ein kleines Fahrzeug mit Kraftbetrieb zur Verfügung hat, welches die Möglichkeit bietet, in bestimmten Zwischen- räumen dlejenigen Teile des Bezirks zu besuchen, die zu Land zu erreichen unmöglich ist. Man wird dem entgegenhalten, daß wir unsere Rundtouren mit Firmenschiffen machen könnten. Vieles indessen spricht dagegen. Zunächst besucht das betreffende Schiff nur seine eigene Interessensphäre, dann dauert eine der- artige Reise wochenlang, und schließlich würden Schiffe, die dem friedlichen Handel bestimmt sind, eventuell bei den Eingeborenen den Ruf eines Organs der ausübenden Macht erhalten. Der Eingeborene Neu-Mecklenburgs ist, wie alle Papuas, sehr abergläubisch und führt jedes auch noch so natürliche Ereignis auf übernatürliche Ursachen zurück. Eine Hauptrolle spielen dabei die Vergif- tungen, denen sämtliche Krankheits= und Todesfälle zugeschrieben werden. Hundertfach hatte ich Gelegen- heit, mich mit diesen Verglftungsfällen gerichtlich zu beschäftigen, und bin zu der Überzeugung gekommen, daß von einer tatsächlichen Vergiftung nicht die Rede sein kann. Es handelt sich vielmehr stets um an sich ganz wirkungslose Mittel des Medizinmannes. Wenn ich trotzdem in vielen Fällen, die mir zur Anzeige gebracht wurden, strafend einschritt, so hängt dies mit dem Aberglauben der Eingeborenen zusammen, da trotz der vollkommenen Harmlosigkeit der angeb- lichen Vergiftung doch viel körperlicher Schaden durch dieselbe hervorgerufen wurde. Man unterscheidet verschiedene Arten von Vergiftungen, doch ist die häufigste und nach Ansicht der Eingeborenen gefähr- lichste das Wegnehmen eines Teils der Mahlzeit des zu Vergistenden. Nach meinen Beobachtungen wird hierbei verfahren, wie folgt: Der Eingeborene Trabit will den Eingeborenen Mapulput vergisten. Zu diesem Zweck nimmt er demselben heimlich einen Tell seines Essens weg und bringt es zu einem in dem Rufe übernatürlicher Kräfte stehenden Manne. Dieser übernimmt nun den Fall gegen gute Bezah- lung, die sich völlig nach der Bedeutung des Opfers richtet und zwischen fünf und zwölf Tapsokas schwankt. Das gestohlene Essen, Taros, Bams oder Sak-Sak (Sago) wird zu Kügelchen gerollt, mit etwas Beiel vermischt und in einen besonders dazu bereiteten Bambusstab gesteckt. Wenn nun die Masse in dem Bambus so trocken ist, daß sie auseinanderfällt, muß der zu Vergiftende tot sein. Während dieses Prozesses darf der Anstifter zum Morde keine Nah- rung zu sich nehmen, sondern nur Betelnuß kauen, was seinem Allgemeinbefinden auch nicht gerade zu' träglich ist, vorausgesetzt, daß er dieser Verordnung nachkommt. In der Zwischenzelt haben natürli gute Freunde des Mapuipui diesen von dem gegen ihn ins Werk gesetzten Streich in Kenntnis gesetzt. Es genügt nun die geringste Indisposition, die bei der unregelmößigen Ernährung der Eingeborenen sehr häufig als Magenverstimmung auftritt, um an die Wirksamkeit der Bergiftung glauben zu machen. In den meisten Fällen legt sich der Eingeborene in seine Hütte, nimmt keine Nahrung zu sich, da er erneute Vergiftung fürchtet, und ist in kurzer Zeit so krank, daß oft der Tod eintritt. Als das wirksamste Gegen- gift hat sich in den Fällen, die mir zur Abhandlung vorlagen, eine gute Portion Rizinusöl und dann sachgemäße Ernährung erwiesen. Die Medizinmänner wurden in der ersten Zeit ermahnt und später für jeden Fall in so starke Geldbußen genommen, daß das Geschäft nicht mehr lohnte. Im allgemeinen werden größere Bündnisse zu Kriegszwecken unter den Eingeborenen nicht geschlossen. Die einzelnen Stämme sind von alters her mit- einander verbunden, und wird durchweg als Symbol der Zusammengehörigkeit dieselbe Vogelart ange- nommen. Heiraten dürfen nur unter so Verbündeten stattfinden, und ist es Sitte, daß das neue Ehepaar seinen Wohnsitz an dem Platze der Frau nimmt. Die Frau wird gekauft, und der Neu-Mecklenburger ist ungalant genug, ihren Wert geringer zu normieren als den Preis für ein gutes Schwein. Während ein solches bis zu 20 Tapsoka bringt, beträgt der höchste Wert einer Frau 10 bis 12 Tapsoka. Nur in ein- zelnen Fällen, wenn dieselbe als Kind gekauft und für ihren zukünftigen Eheherrn aufgefüttert wird, stellt sich ihr Wert höher. Der Kaufpreis wird an die Eltern, und wenn dieselben tot sind, an die nächsten Verwandten gezahlt und zurückgegeben, wenn die Frau sich aus irgendwelchen Gründen von ihrem Mann trennt bezw. der Mann dieselbe wegen Un- treue oder, um eine neue Ehe einzugehen, weg- schickt. In der ersten Zeit ist es natürlich zweck mäßig, sich der Rechtsauffassung der Eingeborenen nach Möglichkeit anzuschließen und erst später mit mäßiger Benutzung unserer Gesetze zu arbeiten. Die Nord-Neu-Mecklenburgerin ist keine Ideal- gattin und vollkommene Anhängerin der freien Liebe, während vom Laanbezirk an eheliche Ver- irrungen nicht nur mit dem Tode bestraft wurden, sondern die eheliche Gemeinschaft als eine so enge aufgefaßt wurde, daß fast stets die Witwe und das jüngste Kind eines Verstorbenen von Bedeutung von den nächsten Angehörigen erwürgt wurden. Auch