— 130 — in der Stellung der Frau ist zwischen Nord und Süd ein großer Unterschied. Während die Frau im Norden nicht mehr darstellt als das Lasttier des Mannes, so emanzipiert sich die Süd-Neu-Mecklen- burgerin wenigstens insoweit von der Bedrückung durch den Ehegatten, als sie nicht die ganze Haus- und Feldarbeit besorgt, sondern von dem Manne mit Erfolg verlangt, daß er sich wenigstens den Feld- arbeiten unterzieht. Die Neigung der Männer geht dahin, sich ledig- lich mit Jagd und Fischfang zu beschäftigen und die noch reichlich verbleibende Zeit mit Vorbereitungen zu den zahlreichen Tanzfesten auszufüllen, die in dem Leben der Eingeborenen eine außerordentliche Rolle spielen. Tanzfeste, im Pigeon-Englisch Sing-Sing genannt, in der Neu-Mecklenburg-Sprache Malma- loang, sind der Schrecken eines jeden europälschen Arbeitgebers, gleichviel, ob derselbe Pflanzer, Arbeiter- anwerber oder Händler ist. Eine eigentliche Tanz- saison gibt es nicht. Es wird aber jede Gelegenheit, die eventuell Anlaß dazu geben könnte, mit Freuden ergriffen. Kein Todesfall, keine Heirat oder Geburt ohne Tanzfest und großes Essen. Abgesehen von diesen Ueineren Festen, feiert jeder Stamm alljährlich zwel große Feste, zu denen die Vorbereitungen drei bis vier Monate vorher getroffen werden. Zunchst wird ein großes, vorn offenes Haus gebaut, welches zur Aufnahme und Schaustellung der zahlreichen Schnitzereien (Malagen) dient, die zum Andenken an Verstorbene, bemerkenswerte Taten usw. gearbeitet werden. Die Bildnisse großer Häuptlinge werden in Kopf= oder Brustformat an den großen Schnitze- reien angebracht, und sobald eins dieser Bilder ge- schnitzt ist, wird ein kleines Fest gefelert, so daß schon biese Vorbereitungen eine ununterbrochene Reihe von feierlichen Veranstaltungen bedeuten. Die Weiber schleppen in der Zwischenzeit Taros, Nams und Feuerholz heran. Sind alle Vorbereitungen getroffen, so ergehen die Einladungen an befreundete Stämme, und ein bis zwei Tage vor der Feier werden die Schweine gefangen, geschlachtet und in Bananenblätter gewickelt, zwischen heißen Steinen geröstet. Wie gewöhrlich, sind auch bei diesen Veranstaltungen die Vorberei- tungen das Reizvollste. Die eigentliche Feier nimmt einen ziemlich schnellen und geschäftsmäßigen Verlauf. Die erschienenen befreundeten Stämme führen in rascher Reihenfolge ihre Tänze aus, unter denen Speer= und Vogeltänze eine große Rolle elnnehmen, erhalten ihren Anteil an dem Essen und begeben sich gewöhnlich direkt nach Beendigung der Feier nach ihren Dörfern zurück. In den meisten Fällen haben die Leute weite, oft tagelange Reisen auszuführen, um diesen Feiern beizuwohnen, und wenn man be- denkt, daß dies noch vor vier Jahren mit Gefahr für Leib und Leben geschah, so wird man sich sagen, daß nach unseren Begriffen das Gebotene in keinem Verhältnis zu dem Einsatz steht; man wird aber auch einen Schluß auf die Leldenschaftlichkeit, mit der die Eingeborenen sich diesen Festen hingeben, ziehen können. Welchen nachteiligen Einfluß die so andauernd betriebenen, anstrengenden Vergnügungen auf die Arbeitsfreudigkeit und somit notwendigerweise auch auf die kolonisatorische Arbeit haben müssen, wird auch dem Fernstehenden einleuchten. Unser Südseebesitz ist nicht so überreich an vor- handenen natürlichen Erzeugnissen, daß die Ent- wicklung der Kolonie lediglich durch den Handel zu erwarten ist. Die Zukunft Neu-Guineas und des Bismarck-Archipels liegt vielmehr in dem rationellen Pflanzungsbetriebe, mit dessen Vorwärts- gehen auch der Handel zu weiterer Eatwicklung kommen wird. Durch die Anlage von Pflanzungen wird das Land in weit höherem Maße kultiviert, ein solider und nachhaltiger Wohlstand geschaffen. Pflanzungen wurden bei Ubernahme des Bezirks nur von der Neu-Guinea-Kompagnie und einem kleineren Privatpflanzer betrieben. Der Handel Neu- Mecklenburgs lag und liegt vorläufig bei drei Firmen, die sich eine gewaltige Konkurrenz machen. Besonders eine Art von Geschäft ist durchaus geeignet, die Ausdehnung des Handels zu verhindern, die Prospe- rität desselben zu verringern und die Eingeborenen dem Müßiggang zuzuführen. Es ist dies die von einem australischen Händler eingeführte Gepflogenheit des Kreditgebens an Eingeborene. Die gewöhnliche Art, wie dies Geschäft gemacht wird, ist folgende: Der Eingeborene erhält eine Kiste mit Waren in ungefährem Betrage von 40 bis 150 Mk. und soll nun für diesen Betrag Produkte liefern. Obgleich nach melnen Erfahrungen sich eine Vorausbezahlung an Eingeborene selten bewährt, so ließe sich schließlich gegen dies Geschäft nichts einwenden, wenn es sich in bescheidenen Grenzen halten würde. Das Land ist aber mit diesen Kisten überschwemmt. Die Ein- geborenen, mit Waren auf lange Zeit versehen, wer- den lässig und jeder Tätigkeit abgeneigt. Gern würden die Firmen, die durch ihre Händler in dieses Geschäft hineingedrängt sind, einen Riegel vorschieben. Keiner wagt aber anzufangen. Eine hohe Besteuerung jeder Kiste würde voraussichtlich zum Ziele führen. Als ich mit meiner Frau, einigen Dienern und acht Soldaten, mehr waren wegen der vorauszu- sehenden Unbequemlichkeiten und Gefahren vor der Hand nicht zu haben, in Käwieng, dem nachherigen Re- gierungssitze, landete, fanden wir mit Ausnahme eines kleinen, aus Blättern gebauten Hauses für die Sol- daten, noch ein ebenfalls aus Blättern und Rohr gebautes, kleines Häuschen vor, welches ein mir von früher her bekannter Eingeborener für uns errichtet atte. Leider waren wir aber nicht in der Lage, dieses Palais völlig für uns in Anspruch nehmen zu können, sondern mußten die Hälfte davon an unsere Hühner und Enten abgeben, die dazu berufen waren, die Stammütter und -väter ihrer Art für Neu- Mecklenburg zu werden. Einige gleichfalls mitge- brachte Zucht= und Gebrauchspferde fanden eine ähnliche Unterkunft wie wir.