— 216 Hereros abzunehmende Vieh und Land zu beschränken, sondern auch in weitem Umfange eine Entschädigung in barem Gelde in Aussicht zu nehmen, worauf die hiesige Bevölkerung mit Bestimmtheit rechnet und auch rechnen muß, da andernfalls ein allgemeiner geschäftlicher und wirtschaftlicher Zusammenbruch un- ausbleiblich wäre. Der Kaiserliche Gouverneur. In Vertretung: Richter. * * * Anlage 1. Windhuk, den 8. Februar 1904. Dem Kaiserlichen Gouvernement wird anliegender Tagesbericht über die Vorgänge in Okahandja während des Herero-Aufstandes in der Zeit meines Aufenthalts dortselbst gehorsamst überreicht. Was die Ursache des Ausstandes betrifft, so glaube ich nicht fehlzugehen, wenn dieselbe zunächst in dem rücksichtslosen Vorgehen der Wanderhändler im Hererolande belm Eintreiben ihrer Schulden zu suchen ist. Dies ist nicht nur von Eingeborenen kurz vor Ausbruch des Ausstandes, sondern von Weißen, welche die Verhältnisse genau kennen, be- stätigt worden. Wie schon des öfteren erwähnt, sind diese Händler in höchst unverantwortlicher Weise un- gerecht gegen ihre Kunden vorgegangen, indem sie entweder das Vieh bei Regelung der Schulden zu niedrig einschätzten oder Vieh entnahmen, welches dem Schuldner gar nicht gehörte. Dabel soll es vorgekommen sein, daß die Händler sich in glaub- baster Weise als Beauftragte der Reglerung den Eingeborenen gegenüber benommen und als solche sie mit Strafen bei Nichtzahlung (d. h. ihrem Wunsche ghemäß) bedroht haben. Die furchtsamen Eingeborenen, welche sich anfangs dlese illegitime Handlungsweise gefallen ließen und keine Klagen bei den Verwaltungs- behörden einreichten, wurden im Laufe der Zelt selbstredend von immer steigendem Haß gegen die Händler erfüllt, der sich naturgemäß auch auf die übrigen Deutschen übertrug. Haß und Unzufriedenheit spitzten sich immer mehr zu, und die Hereros verstanden es vorzüglich, durch die gänzliche Eniblößung ihres Landes von deutschem Militär (besonders nach dem Fortgang der reitenden Gebirgsbatterie und der zweiten Feldkompagnie Omaruru) in das Gefühl der Sicherheit versetzt, unbemerkt den furchtbaren Schlag auszuführen und sich für die vermeintlichen Ungerechtigkeiten in der Weise zu rächen, daß sie die Ermordung sämtlicher Deutschen (verschont wurden die Engländer, Buren und Missionare), die Beraubung derselben und Zer- störung ihres Habes und Güutes planten. Es ist festgestellt, daß der Aufstand überall im engeren Hererolande am 12. Januar begann und mt derselben Energie und nach einem einheitlichen Plane das Blutbad und die Plünderung zur Aus- führung gebracht ist. Bel wem oder bei welchem Stamme die Er- bitterung ihren Anfang nahm, ist bis heute nicht bekannt; anscheinend haben die Waterberger Hereros und die Leute des Onanjo Omuramba (Otjihurume) die übrigen ins Schlepptau genommen. Auch bin ich sicher, daß viele, besonders ältere Eingeborene sich anfangs gesträubt haben, sich am Aufstande zu betelligen und daß die einsichtsvollen das Verwerfliche und die bösen Folgen erkannten. Ich erinnere an unsere Rettung am Dienstag den 12. Januar durch den alten Herero Johannes, der mich warnte, nicht weiter zu gehen. Auch ist fraglich, ob Samuel Maharero sich ohne weiteres den Aufständischen angeschlossen hat; sicher hat es Assa Riarua getan, der stets ein Denutschen- feind war. Daß die vereinigten Hereros über die deutsch- englische Grenze gehen werden, ist unwahrschelnlich. Ich nehme an, daß sie sich auf einen Verzweiflungs- kampf einlassen werden, der meiner Ansicht nach unter Vermeidung großer Verluste auf unserer Seite nur mit bedeutender Übermacht geführt werden kann. Aber erst Annektierung des ganzen Hererogeblets bis an die äußersten Grenzen und selbstverständlich Ent- waffnung wird uns vor einem ähnlichen Aufstand, wie er einzig in der Kolonialgeschichte Deutschlands dasteht, bewahren. Der Kaiserliche Bezirksamtmann. Duft. . * Windhuk, den 17. Januar 1904. Tagesbericht des Bergrats Duft über die Vorgänge beim Aufstande der Hereros im Distrikt Okahandja. Montag, den 11. Januar 1904, 7½ Uhr vorm., kam der stellvertretende Gonverneur, Oberrichter Richter, zu mir und tellte mir die während der vorhergehenden Nacht erhaltene telegraphische Nach- richt des Distriktschefs Zürn (Okahandja) mit, aus der hervorging, daß die Hereros sich in bedenklicher Menge ansammelten und wahrscheinlich einen Aufstand gegen die Deutschen planten. Herr Richter und ich erwogen, ob es nicht empfehlenswert sei, daß einer von uns nach Okahandja reise, um mit dem dort vermuteten Oberhäuptling der Hereros, Samuel Maharero, nebst dessen Großleuten zu verhandeln und so möglicherweise noch den Ausstand zu ver- hindern. Da Herr Richter die Verhältnisse in Okahandja und vor allem die in Betracht kommenden Eingeborenen nicht persönlich kannte, ich dagegen seit Jahren schon dienstlich und außerdienstlich mit denselben in Berührung gekommen war, entschloß ich mich — zugleich in meiner Eigenschaft als Bezirksamtmann — die erwähnte Mission zu über- nehmen. — Nachdem ich auf dem Bezirksamt die wichtigsten Dienstgeschäfte erledigt bezw. mit meinem