Häuptling die Angelegenheit in die Hand nimmt und zum Austrag bringt. Was den Erwerb von Grundeigentum betrifft, so sind hier hinsichtlich des Privatbesitzes folgende Regeln vorherrschend: 1. Der größte Teil des von den einzelnen Dorf- bewohnern als Privateigentum bezeichneten Landes kann als von den Vätern überkommenes Erbe be- zeichnet werden. Daher kommt es, daß nicht nur bebautes, sondern auch längst wieder verwildertes und nun mit Busch bewachsenes Farmland als Privateigentum betrachtet wird. In manchen Dörfern wird ftreng darauf gehalten, daß niemand dieses er- erbte Eigentum in Beschlag nimmt. Selbst wenn der Besitzer das Dorf verlößt und sich anderswo ansiedelt, bleibt ihm sein Eigentum, auf das er jeder- zeit Anspruch erheben kann. Ist aber während seiner Abwesenheit das ihm gehörige Land von einem an- deren bebaut worden, so muß ihm dasselbe bei einer etwaigen Rückkehr wieder überlossen werden. Auch die Kinder desselben behalten ein stetes Anrecht auf dieses Land. In einzelnen Dörfern hört auch hin- sichtlich dieses ererbten Landes mit dem Ende der Bewirtschaftung desselben, sobald sich kelne Feld- früchte mehr auf dem Lande befinden, das Eigen- tumsrecht auf. 2. Ein weiterer Teil des als Privateigentum bezeichneten Landes wurde durch Urbarmachung und Bebauung von dem Allgemeinbesitz des Dorfes er- worben. Nach der Anschauung der hiesigen Ein- geborenen hat jeder Dorfbewohner das Recht, sich auf diese Weise Privateigentum zu erwerben, indem er eben ein Stück Dorfland reinigt und bebaut. Hervorgerufen ist diese überall bestehende Art der Erwerbung von Privatbesitz durch die unbedingt nötige Wechselwirtschaft der Neger, nach der nur etliche Jahre auf ein und demselben Lande gepflanzt wird. Hernach bleibt dieses Stück Land brachliegen und wird erst wieder bebaut, wenn ein reicherer Ertrag erwartet werden kann. Während dieser Zeit werden auf einem schon früher bebauten Lande oder in einer neu angelegten Pflanzung die Lebensmittel angebaut. Erst bei Heranziehung der Eingeborenen zu rationeller Bebauung und Bewirtschafung des Landes kann dieser ziemlich ausgedehnte und unter den jetzigen Verhältnissen nötige Privatbesitz ein- geschränkt werden. 3. Endlich sei noch darauf hingewiesen, daß in ganz seltenen Fällen Privateigentum auch durch Kauf erworben wird. Häufiger noch geschieht dies durch Schenkungen. Auch das kommt vor, daß Privat- eigentum für etliche Jahre verpachtet wird. Von Erwerbungen (oder Neuerwerbungen) von Grundeigentum der Dorfgemeinschaften konn kaum die Rede sein. Der Besitz des Dorfes kann sich etwa nur dadurch vergrößern, daß eme oder mehrere Familien sich im Busche ansiedeln auf solchem Lande, das schon innerhalb der Grenzen des Nachbardorfes liegt. Wird von diesem keine Einsprache erhoben, 356 so kann es geschehen, daß solches neubesiedelte Land im Laufe der Zeit zum Mutterort gerechnet wird. Auf andere Weise wird von Dorfgemeinschaften wohl kaum Land erworben. Die Zeiten sind vorüber, da ein Dorf mit Gewalt sich Land erwerben kann, in- dem es durch seindselige Übergriffe und Überfälle die Bewohner elnes benachbarten Dorfes verdrängt und seinen Landbesitz sich aneignet. Auf die Frage betreffs Verlustes von Grundeigen- tum ist zum Teil schon durch die bisherigen Aus- führungen die Antwort gegeben. Verlust des Grund- eigentums tritt in einzelnen Dörfern da ein, wo mit der Bebauung des Landes aufgehört wird. Wie bereits angedeutet, wird in jüngster Zeit auch durch Verkauf von Land das Eigentumsrecht an andere abgetreten. Dies gilt sowohl von dem Grundeigen- tum der Dorfgemeinschaften als auch von Privat- eigentum. Als Nachtrag zum Ganzen möchie ich noch einer bis vor wenigen Jahren unter den Bakwiri herr- schenden Sitte Erwähnung tun. Verließ ein An- gehöriger des Bakwiristammes sein Dorf, um sich in einem anderen Bakwiridorfe niederzulassen, so hatte er dort elne Abgabe zu entrichten, gleichsam sich das Bürgerrecht und Anteil am Gemeingut zu kaufen. Der Kaufpreis bestand gewöhnlich in einem Schwein, einer Ziege oder einem Schaf. — Hierzu berichtet der langjährige Leiter der Station Bußa, Leuschner, noch folgendes: Nach eingehender Prüfung des Gutachtens des Missionars Lutz ge- statte ich mir noch folgendes hierzu zu bemerken: Das Dorsterrain ist Allgemeingut der im Dorf geborenen und ansässigen Bewohner. Jeder hat das Recht, irgendwo sich eine Farm anzulegen. Das Besitzrecht ist jedoch persönlich und erlischt mit dem Tode des Eigentümers, vererbt sich also nicht auf die Kinder oder Verwandten. Das Recht an dem Grund und Boden blelbt dem Besitzer auch dann noch, wenn er die Farmen verwildern läßt. Solange er lebt, hat niemand das Recht, ohne seinen Willen eine neue Farm auf dem ihm gehörigen Terrain zu machen. Verwandte können nach dem Tode des Besigzers nur die Farm erben, wenn sie in Kultur ist, andern- falls verfällt das Land dem Dorfe. Die Häusergrundstücke werden ebenfalls nicht ge- kauft, sondern frei vergeben. Stirbt der Besitzer und das Haus wird von den Verwandten nicht instand- gehalten oder weiterbenutzt, kann jeder andere sich auf diesem Platze anbauen. Das Besitzrecht ist dann mit dem Verstordenen erloschen. Eine Ausnahme bilden die Hausplätze der Häuptlinge. Stubt ein solcher, baut sich der Neuerwählte auf derselben Stelle sein Haus auf Nutzholzbäume, wie Eiche, Rotholz usw., sind Eigentum des ganzen Dorfes. Wird ein Baum verkauft, so wird der Erlös gleich- mäßig an die Dorfbewohner, Hauseigentümer, vertellt. Reinigt jemand junge Palmenschößlinge und hält den Platz von Unkraut usw. frei, so erwirbt er da-