— 587 Einen welteren schädlichen Einfluß übt der Aber- glaube an einen bösen Geist aus, der unter dem Namen „Ngl“ bekannt ist. Ihm werden besondere Häuser errichtet, deren Hauptinhalt aus einem ge- dörrten menschlichen Leichnam besteht. Die „Ngi- leute“, eine Art Geheimbund, nützen den Aberglauben aus, um sich olle persönlichen Vorteile mühelos zu verschaffen. Verbrechen unter dem Deckmantel des „Agl“ sind nicht selten, werden jedoch aus Furcht vor dem Geist von den Geschädigten ängstlich geheim gehalten. Bericht des Oberleutnants Dirtler über eine Erkundungsexpedition von Bamum nach Jabassl. J. Am 17. Oktober 1903 brach die Expedition von Bamenda auf und erreichte am gleichen Tage Ba- banki Tungo, nachdem sie bei heftigem Unwetter das Scheidegebirge überschritten hatte. Die Erledigung 1 von Thronstreitigkeiten in Bambalang, welche auf Wursch der Station erfolgte, nahm einige Tage in Inspruch, bevor der Weitermarsch nach Bamum über Babessi— Bangola angetreten werden konnte. Zwischen diesen Dörfern ist im April 1903 ein Ubergang über den Nun hergestellt worden, auf den ich mich infolge Fehlens eines Faltboots angewiesen sah und so veranlaßt wurde, den schon bekannten Weg wiederum als Marschstraße zu wählen. Die eben erst beendigte Regenzeit hatte der Gegend ein etwas verändertes Aussehen gegeben im Vergleich zu dem im April beobachteten. Kleine Wasseradern waren zu stark fließenden Bächen geworden, welche das Gelände südlich der Straße versumpften und teil- weise den Weg überströmten. Das dichte Gras war zu auffallender Höhe emporgeschossen und ergab bei Messung besonders loanger Stengel 5,71 m. Die Aufnahme in allen berührten Dorfschaften war eine vortreffliche, selbst in Bangola boten sich diesmol keine Verpflegungsschwierigkeiten. Wie üblich, er- schienen in dem letzten Marschquartier vor Bamum Gesandte Joios, um die Expedition zu begrüßen, die Stunde ihres Eintreffens in der Stadt zu er- fragen und Geschenke zu überbringen. Am 26. Ok- tober erreichte ich Bamum, an dessen Tor der Sultan in reicher Haussatracht mit zahlreichem, ähnlich ge- kleidetem Gefolge mich empfing. Nach freundlicher Begrüßung stieg Joia zu Pferde, und unter Voran= tritt der Bamums marschierte die Expedition nach dem Häuptlingsplotze, vo Na und die anwesende Vollsmenge begrüßt wurden. Die Unterbringung erfolgte in der bekannten Häuseranlage, wo aufmerk- samerweise Jola ein kleines Europäerhaus neuerdings hatte errichten lassen. In Bamum hielt ich mich bis einschließlich 1. November auf, während welcher Zeit zahlreiche Besuche gewechselt wurden und neben den Be- sprechungen die Vorarbeiten begannen. Joia für den Bahnbau zu interessieren, war wichtig und leicht. An der Hand mitgebrachter illustrierter Zeitschriften erklärte ich ihm die Nützlichkeit der geplonten Ver- kehrseinrichtung, die ihm nicht ganz fremd war, da er von Bamums, welche an der Küste gewesen waren, von der kleinen Bahn bei Victoria schon gehört hatte. Die zum Bau der Eisenbahn erforderlichen Arbeiter versprach er zu stellen und ist dazu auch in der Lage. Er begriff den Vorteil, der dem Lande erwächst, wenn die Bahn bis Bamum führt, wodurch letzteres zum Stapelplatz der Erzeugnisse Adaomauas werden wird. Für Bamun selbst kommen neben Gummi und Elfenbein hauptsächlich Kleinvieh und Rinder als Versandobjekte in Frage, zu welchen nach Verbreitung einer rationellen Baumwollzucht ein weiterer und lohnender Handelsartikel hinzutreten kann. Die Besprechung der Bahnanlage gab Veran- lossung zu Erkundigungen über den Weg, üÜber welchen wenigstens einige Angaben gemacht werden konnten. Die Schwierigkeiten seien ziemlich groß, meinte Jola, um die Berge könne man ja herum- gehen, aber Flüsse und Widerstand der Eingeborenen würden viele Hindernisse bereiten. Die im allge- meinen festzuhaltende Marschrichtung hatte ich in sfolgender Weise ermittelt: Da der Ausgangspunkt der Expedition, Bamum, auf einer Karte noch nicht eingetragen war, bedurfte es der Feststellung seiner Lage im Verhältnis zu den Manengubabergen. Ekokobuma sowohl wie Bagam sind auf der neu erschienenen Karte des nordwestlichen Grenzgebiets aufgenommen, die alte Karte enthält Ekokobuma und die Manengubaberge, das Verhältnis desselben zu Bagam ließ sich daher leicht konstrumeren. Die Linie Bagam—Spitzen des Koka hatte ich durch frühere Arbeiten schon festgelegt, so daß nach Emtragung der Peilungen Bamum— Kokospitzen das Verhältnis des Ausgangspunktes der Expedition zu den Manengubabergen sich ergab. Da die Peilungslinie 239° auf den Bapit und einen dahinterliegenden Gebirgsstock wies, begonn der Marsch mit einer mehr südlichen Richtung zur Um- gehung des Gebirges. Den Aufbruch von Bamum setzte ich für den 2. November fest, die von Ba- menda mitgebrachten Träger waren am 27. Oktober zurückgesandt worden und wurden durch Bamums ersetzt. Die politischen Wünsche Joias übermittelte ich der zuständigen Station Bamenda, von wo aus Saatkartoffeln an Bamum gesandt werden sollten. Mitgebrachte Sämereien erlaubten jetzt schon die Anlage eines kleinen Gemüsegartens, welcher Joia zu dem Wunsche von Anpflanzungen von Tee, Kakao und Kaffee veranlaßte, deren Genuß er hatte wür- digen lernen. Seine hierauf bezügliche Bitte ver- sprach ich, in Buea vorzutragen. Während des btägigen Aufenthalts blieb die Aufnahme eine stets vorzügliche, Geschenke wurden gewechselt, und schließ- lich überreichte Joia als Abschiedsgabe zwei wertvolle Elfenbeinzähne, welche in Deutschland mich an ihn erinnern sollten.