— 480 für eine Exhumierung und Überführung nach Deutsch- land überhaupt nur Leichen solcher Persönlichkeiten in Frage kommen, welche in Statlonsorten an der Eisenbahn oder in nächster Nähe derselben bzw. in Lüderitzbucht ihre letzte Ruhe gefunden haben. Soweit sanitäre Rücksichten nicht einen Aufschub der Exhumierung fordern, wird in jedem solchen Falle dem Wunsch auf Heimsendung gern entsprochen werden. 4# Dagegen kann an eine Überführung von Leichen aus entfernt von der Eisenbahn und von der Küste im Innern liegenden Grabstätten erst nach Beendi- gung des Kriegszustandes gedacht werden. Bedin- gung hierfür würde sein, daß die Feststellung der Persönlichkeit mit Sicherheit erfolgen kann. Inwie- welt dies bei dem in Afrika schnell vorschreitenden Verwesungsprozeß und hinsichtlich der in Massen- gräbern vereinigten Toten möglich sein wird, muß dahingestellt blelben. Das Schutztruppenkommando bemerkt in selnem Bericht, daß die Angehörigen sich versichert halten können, daß den Gräbern die den augenblicklichen Verhältnissen entsprechende Pflege und Überwachung gewidmet wird, und daß die Truppe es als Ehren- pflicht betrachtet, in würdiger Weise die Grabstätten ihrer für Kaiser und Reich gefallenen bezw. verstor- benen Kameraden zu schmücken und instandzuhalten. Bericht über argentinisches und mexikanisches Suchtvieh. I. Unser Aufenthalt in Argentinien währte rund einen Monat und fiel in den Februar. Die schnelle Er- ledigung unfrer Aufgabe verdanken wir besonders unserem liebenswürdigen Generalkonsul in Buenos Aires, Herrn v. Sanden, sowie Herrn Mahn, Chef des angesehenen Import- und Exporthauses Brauß, Mahn & Co., durch deren Vermittlung wir Ein- blicke in die verschiedensten wirtschaftlichen Betriebe bekamen. Auf der Estancia La Rhenania — deutscher Besitz und Verwaltung —, die etwa 500 km westlich Buenos Aires an der Nordwestgrenze der Provinz Buenos Alres liegt und mit einem Gebietsteil in die Provinz Cordoba hineinreicht, konnten wir einige Tage lang den intensiven Betrieb in Ruhe studieren. Sie hat eine Größe von 30 000 ha in einer un- unterbrochenen ebenen Flächenausdehnung ohne natür- lichen Holzbestand. Man hat sie durch Drahtab- zäunung in 56 Bezirke zerlegt. Unter Kultur genommen waren bisher ungefähr 6000 ha, wovon 1500 ha von der Farmverwaltung selbst bestellt werden, während der Rest an verschiedene Kolonisten — Italiener — vergeben ist, die das Land auf mehrere Jahre unentgeltlich zugeteilt erhalten, aber den zehnten Teil ihres Ernteertrags dem Landeigner abzuliefern haben. Auf diese Weise werden die zum Teil außerordentlich ausgedehnten Gebiete einzelner Besitzer der Kultur erschlossen. Angebaut wird hauptsächlich Weizen, Luzerne, Mais, Leinsamen. Als wir auf die Estancla lamen, war der Weizen bereits eingeerntet, und war man eifrig mitdem Drusch desselben vermittels großer Dampfdreschmaschinen beschästigt. Der ausgedroschene Weizen wurde sofort sackweise auf Wagen, die bis zu 120 Zentner tragen und von 10 bis 14 in zwel Reihen nebeneinander ge- spannten Pferden gezogen werden, verladen und zur vier Fahrtstunden entfernten Eisenbahnstation gebracht. Auch Luzerne, die in Blüte stand, wurde geschnitten, getrocknet und in große Feimen (Mieten) als Winter- futter aufgestapelt. Mais dagegen war noch im Wachsen begriffen, und man wartete im ganzen Lande sehnsüchtig auf ausgiebigen Regen, von dem der Er- trag der Maisernte ganz und gar abhing. Er stellte sich auch gegen Mitte Februar ein, und ich glaube die Ernte hat das erhoffte Resultat geliefert. Baumpflanzungen werden in großer Ausdehnung vorgenommen, hauptsächlich in der Nähe der Wohn- plätze, Rote Weide, Pappel, Platanen, Kapflieder, Eukalyptus, Port Jackson, Pinus maritimus, Pinus ineignis, Kasuarinen usw. und allerhand Obstbäume der subtropischen und gemäßigten Zone. Zur Heran- schaffung von Wasser zum Tränken des Viehbestandes sind auf dieser Estancia 11 amerikanische Windmotore aufgestellt, die das Grundwasser aus Tiefen von 5 bis 7 m liefern, das in großen zementierten oder eisernen Bassins angesammelt wird. Der Einblick in die Viehwirtschaft ist sehr lehrreich. Wie schon in meinem vorigen Bericht erwähnt, wird der große Rinderbestand nach Alter, Geschlecht und auch Rasse getrennt gehalten. Wir sahen Vleh in allen Kreuzungsstadien: dashochbeinige, dünnleibige Criollo- rind rein, und in seinen Kreuzungsverhältnissen mit Shorthorn und Hereford bis zum vollendeten Typus der letzteren. Die Estancia beschäftigt sich auch mit der Aufzucht junger Züchtbullen von vornehmlich Short- hornrasse. Dazu sind geräumige Stallungen ge- schaffen. Die für diese Zwecke in Aussicht genom- menen Kälber erhalten Stallfütterung und werden regelmäßig einige Stunden am Tage in kleineren Einzäunungen im Freien gelassen. Im zweiten und dritten Jahre ist die Fütterung und Pfflege die sorgfältigste. Mais, Fleischmehl, Kleie u. dyl. werden in großen eisernen Kesseln gekocht und im lauwarmen, verdünnten Zustande vorgesetzt. Für gute Zuchtbullen ist ein großer Markt vorhanden und es werden für unfre Begriffe enorme Summen für ein- heimisch gezüchtete Bullen gezahlt. Für im Feld aufgezogene gute Rassebullen werden durch- schnittlich 400 bis 500 argentinische Dollars ge- jahlt, für im Stall ausgezogene aber 1000 bis 5000 Dollars und mehr; ja während der großen Landes- ausstellung 1902 in Buenos Aires wurden Preise von 7000 bis 13 000 Dollars für prämlierte Bullen erzielt. In diesem Jahre findet eine Ausstellung in Rosario statt, und nehmen solche an Qualität und Menge des Gebotenen von Jahr zu Jahr zu. Wie Argentinten um Aufbesserung seines Viehbestandes