habe ich stets den Gegenwert für die entnommenen Nahrungsmittel in dem betreffenden Dorf niederlegen lassen. Dieser Gegenwert bestand in Stoffen und Perlen; denn Geld ist in den von mir durchzogenen Landschaften unbekannt und wird gar nicht ange- nommen. Trotz aller Maßnahmen, die Träger in Zucht zu halten, bin ich mir nicht sicher, ob nicht doch von denselben geplündert und gestohlen worden ist. Der Mheia neigt nach allgemeiner Ansicht sehr zu der- artigen Ausschreitungen. Mit dem schwachen Begleit- kommando und den wenigen Katikiros konnte ich eine gänzliche Unterbindung des Plünderns und elne völlige Schonung der Pflanzungen nicht erreichen. Wo ich derartige Fälle zu meiner Kenninis erhielt, habe ich streng gestraft, und wenn ich die Beschä- digten erlangen konnte, diese entschädigt. Da mir eine Annäherung der Eingeborenen schon deswegen von Wert war, weil ich bereits drei Tage ohne Führer marschierte, eines solchen aber dringend be- durfte, versuchte ich mit ihnen dadurch Fühlung zu bekommen, daß ich einige von ihnen, die im hohen Grase versteckt dem Zuge der Karawane folgten, greifen und zu mir bringen ließ, sie dann reich- lich beschenkte und ihnen die Freiheit wiedergab. Anfangs war auch hier kein Erfolg zu verzeichnen; endlich aber, am 14. April, näherte sich mir ein Miuale mit etwa 120 Leuten, und als er von mir reich beschenkt wurde, begleitete er mich mit seinem Gefolge etwa zwei Stunden lang und gab mir auch zwei Führer. Hiermit war der Verkehr mit den Leuten angebahnt. Von nun ab kamen meist die Altesten der Dorsschaften zu mir und brachten für die Expedition Lebensmittel, allerdings nicht genug, so daß ich immer noch nebenher gezwungen war, die Requisitionen fortzusetzen. Da aber alles gut bezahlt wurde und die Leute auch gelegentlich sahen, daß Ausschreitungen der Träger bestraft wurden, störte es das Einvernehmen mit der Bevölkerung nicht. Es fanden sich immer Eingeborene, die mich führten. Ich möchte hier gleich anschließen, daß ich irgend- welche feindselige Haltung der Bevölkerung Urundis nie habe konstatieren können. Wenn die Eingeborenen vor der Karawane flohen und nur furchtsam und zaghaft herankamen, so war das melnes Erachtens nur die dem Neger allgemein innewohnende Angst vor dem Europäer. Ich habe den Eindruck gewonnen, und Haupt- mann v. Grawert als vieljähriger und gründlicher Kenner von Land und Leuten bestätigt das durch- aus, daß man Feindseligkeiten von den Warundis nicht zu befürchten hat, wenn man sie nicht selbst sucht und herausfordert. 602 Tog#. vernichtung der Glpalmenkulturen seitens der Eingeborenen. Wie unfähig die Eingeborenen zu nutzbringender Bewirtschaftung ihres Eigentums sind, solange ihnen eine energische Anlektung fehlt, zeigt wieder ein Bericht des stellvertretenden Bezirksamtmanns von Misahöhe, des Oberleutnants Smend, dem wir folgende Ausführungen über den Raubbau an Ol- palmen entnehmen: Jeder Mann am Agu tötet jährlich etwa 40 Palmen zum Palmwelnmachen. Die gefällte Palme gibt etwa zwei Monate lang Wein, und zwar mor- gens für etwa 5 bis 10 Pf., der verkauft wlrd, und abends für etwa 5 Pf. den der Elgentümer trinkt. Dazu kommen noch einige Palmen für Toten- feste usp. Der gelieferte Palmwein hat somit einen Wert von 8 bis 9 Mk. pro Palme. Zu berücksichtigen bleibt, daß außergewöhnliche Verhältnisse, z. B. Verschuldetseln, eine sehr große Anzahl von Palmen jährlich erfordern, deren Zahl schwer zu schätzen ist. In palmenarmen Gegenden ist die Anzahl der gefällten Palmen natürlich nur zahlenmäßig, nicht aber prozentual geringer. Die Palme trägt in normalen Jahren dreimal, und zwar, abhängig von Art, Alter und Güte des Standbodens, ein bis fünf Fruchtbündel, also im Durchschnitt jedesmal drei, d. h. im Jahre neun. Als verschiedene Arten wurden mir folgende bezeichnet: 1, edé, 2. sedé, 3. klud, 4. avhäde oder abehini ober abakaidé (die Fetisch- palme), 5. dseku. Bei Nummer 1 und 2 sind wieder je zwei Varietäten unterschieden, und zwar dechla und detsu, die ihre Namen den charakteristischen Merk- molen verdanken, nämlich dechla hat viel Fleisch, während detsu (etwa „Mannpalme") wenig Fleisch hat. „Die Frauen haben mehr Fett wie der Mann, der härter arbeiten muß!“ Bei beiden Arten hat also dechla mehr Fleisch und kleinere Kerne, und detsu weniger Fleisch und größere rne. Bei sede haben die einzelnen Früchte etwas grüne Köpfe, die, zu Asche gebrannt, als Wundheil- mittel Verwendung finden. Der Palmweln von ede wird als der beste be- zeichnet, während der von sede etwas bitter ist und sehr schnell berauschen soll. Nr. 3 hat viel Fleisch und kleine Kerne. Nr. 4 hat umgekehrt wenig Fleisch und große Kerne und ist sehr selten. ·