Riet, Schilf und Papyrus füllen das allerdings immer noch sehr tiese Flußbelt aus und lassen nur eine schmale Fahrrinne ofsen. Mit einer Strom- geschwindigkeit, die ich bei Tsau auf etwa 40 cm in der Minute schätze, führt der lebensmüde Strom seine Wasser dem Ngami zu. In verschiedenen Armen sucht er diese ungeheuere Senkung zu erreichen, doch seine Lebenskraft reicht nicht mehr dozu aus, bis zur Senkung zu gelangen. Etwa 15 km nördlich des alten Seeufers verliert der Strom sich im Sande. Deutlich konnte ich dieses bei dem Ritte von Maschabing nach Tsau beobachten. Von Maschabing, einer Sandpfütze im trockenen Oka- vangobette, geht der Weg hauptsächlich am trockenen Flußbette entlang, bis plötzlich der Fluß offenes, etwa 80 m breites ununterbrochenes, wohl 1 bis 2 m tiefes Wasser zeigt. « Aus den Sümpfen des Okavango zweigt sich ein großer Arm östlich ab und geht in den Tamlakan, der südlich fließend in den Botletle geht. In den Ngami--See gelangt das Wasser des Okavango augenblicklich nur durch den Botletle. Denn wenn der Tamlakan die Wassermassen des nach der Regenzeit stelgenden Okavango dem Botletle zu- führt, sließt ein Teil im Botletle östlich in die Makariharl-Salzpfanne, ein Teil westlich in den Agami-See. Der Ngami-See#) selbst ist zum großen Teil elne ungeheuere Schilf-Vley, deren Mitte Sumpf ist, mit einigen Stellen offenen Wassers. Ich traf den west- lichen Tell, an dem ich stundenlang vorbetritt, trocken, mit Schilf bewachsen an, der östliche Teil, wohl am tiefsten gelegen, soll noch eine große offene, allerdings wenig tiefe Wasserfläche zeigen. Der Ngami ist ein im Austrocknen begriffener See. Nach Erzählungen soll er noch im Jahre 1885 ein offenes Meer mit brandenden Wellen gewesen sein. Die Arme des Okavango flossen als rauschende Ströme in ihn. Das Zuwachsen dieses Stromes ist wohl der Hauptgrund für das Austrocknen des großen Binnen- meeres; leider ist dieser Prozeß außerordentlich schnell vor sich gegangen. Der südliche Teil des NRgami-Distriktes ist Kron- land, der nördliche Teil, vom 21. Breitengrad an bildet das Reservat Sechomes, eines Betschuana- häuptlings. Der Distrikt gehört zum Betchuanaland- Protektorate, dessen Sitz Mofeking ist. Dem Pro- tektorat stehen zur Verwaltung des ganzen hauptsächlich aus Kalahart bestehenden Landes eine Polizeitruppe von 10 Offizieren, 36 weißen Unteroffizieren und etwa 160 Basutos zur Verfügung. Offiziere stehen den Distrikten vor. Im Ngamiland ist der Distrikts- (= Magistrats) Sitz Tsau. Tsau ist eine echt afri- kantsche Negerstadt mit etwa 5000 Einwohnern. Die eben genannten Polizelmannschaften sind jedoch nicht die einzigen Machtmittel, die der eng- *) Lgl. beiliegende Skizze. 710 lischen Regierung zur Verfügung stehen. Die Bet- schuanaland-Regierung kann auch sofort über Truppen, die an der Rhodesiabahn, vor allen aber in Mafeking stehen, versügen. Bewohnt ist der südliche Teil des Ngamilandes von Buschleuten und infolge des Aufstandes von Hereros. An Weißen sind nur 2 Buren da. Großen Wert hat dieser Tell des Ngamilandes nicht, infolge der Wasserarmut. Allerdings sollen die Pfannen bis 1899 noch Teiche und kleine Seen gewesen sein. Seitdem ist das Wasser so weit zurück- gegangen, daß man stellenweise nur 10 Pferde tränken kann. Der nördliche Tell ist das Reservat Sechomes und wird bewohnt von Betschuanas als Herrn des Landes, und Makobas, einem Bantustamm, der zu den Betschuanas in demselben Sklavenverhältnis steht, wie früher die Bergdamaras zu den Hereros. Das Reservat Sechomes ist sehr groß; nördlich reicht es bis an den „Caprivi-Zipfel“, westlich an unser Schutzgebiet, südlich bis an den 21. Breiten- grad, östlich bis 200 km westlich Tsau. Es ist also etwa 100 000 qkm groß. Die Grenzen find genau festgelegt. Ein Grenzstein etwa 10 km nörd- ech Kuki z. B. zeigt an, daß man das Reich Sechomes etritt. Das Gebiet des Okavango ist außerordentlich fruchtbar. Baumriesen mit ewig grünendem Laub, Palmen, Palmengestrüpp zeigen, daß man sich im tropischen Afrika befindet. Große Felder, welche sich am Strom meilenweit entlang ziehen, liefern den Betschuanas Mais, Koffernkorn und Tabak. Reisban ist ohne Frage möglich. Die Felder sind so angelegt, daß der in der Trockenzeit steigende Strom sie von selbst unter Wasser setzt. Der Viehreichtum ist groß, das Rind so billig, wie bei uns in Südwestafrika vor dem Hereroaufstande. Pferde haben die Bet- schuanas nicht allzuviel, da die Sterbe sehr scharf auftritt. Der Preis elines „gesalzenen" Pferdes beträgt 1200 bis 2000 Mk. In seinem Reservat herrscht Sechome als un- beschränkter Gebieter. Händler, die einen Store errichten wollen, müssen zuerst seine Erlaubnis ein- holen. Einen Waffenschein braucht der Betschnane nicht zu lösen, während der Weiße jährlich 10 Schilling bezahlen muß. Während der Weiße ohne Jagdschein (240 Mk. für 7 Monate) Großwild nicht schießen darf und auch mit Jagdschein überhaupt nicht Ele- fanten, Glraffen und Elen, schießt der Betschuane in seinem Lande ohne Jagdschein alles Wild. Wohl über 150 Giraffenhäute sah ich in den drei Stores von Tsau. Als Unikum, wie sehr Sechome noch Selbstherrscher ist, möchte ich erwähnen, daß er die vom Magistrat gewünschte Verlegung eines Weges nicht genehmigte, weil der neue Weg durch eine sehr wildreiche Gegend führe und ihm sein Wild verscheuche. . Die Polizeistationen sind anscheinend dazu da, die Weißen hinsichtlich des Munitlonshandels und