die gehelmnisvolle Kunde von einem großen roten Wasser mit Dörfern, deren Bewohner sehr klein sein sollten. Als Name des Wossers wurde Maude ge- nannt. Auch mehrere Namen der Dörfer waren bekannt. Von den Leuten der Küste, die den Kanni- balismus als etwas Verächtliches ansehen, wurde noch heimlich herumgeflüstert, in einem der Kambadörfer sei vor Jahren ein der Neu-Gulnea-Kompagnie entlaufener Malaye aufgefressen worden. Wir beschlossen zunächst, nach dem geheimnisvollen Maude aufzubrechen. Am anderen Morgen (8. September) wurden die Träger gewechselt. Die Leute von Nobanob waren nicht zu bewegen, weiter mitzugehen. Sie wurden bis auf zwei entlassen, die als Dolmetscher uns be- gleiten mußten. Nach langer Wanderung bergauf, bergab errelchten wir ein Dorf Obi (6 Hürten), Entsernung 26 km. Das Dorf liegt im Tale auf einem kleinen Hügel. Von dem kurz vorher passierten Berge bot sich, ein seltener Fall, freie Aussicht. Im Südosten zeigte sich in der Ferne die See mit der Insel Bili-Bili, im Süden das Bismarck-Gebirge. In Obi stellte sich heraus, daß wir nicht den rich- tigen Weg eingeschlagen hatten. Es setzte sich des- halb ein Obi-Mann an die Spitze des Zuges, um uns nach Maude zu bringen. Nach 4 km steil bergab kamen wir plötzlich an einen größeren Fluß. Die Eingeborenen riefen erfreut: Maude, Maude. Da sie jedoch vorher immer von einem Wasser ge- sprochen hatten, das nicht fließe, erkannten wir bald, daß lediglich die Hoffnung, wir würden nun um- kehren, ihnen den Gedanken eingegeben hatte, uns diesen Fluß als Maude zu bezeichnen. Das ange- siellte Examen ergab auch bold, daß der Fluß Bigu, an seiner Mündung Gum heiße. Wir waren also am Oberlaufe des Marienflusses. Dessen Lauf eine Strecke stromauf folgend, wurde der Marsch zum größten Entsetzen der Eingeborenen fortgesetzt und nach beschwerlichem Anstieg, nach 22 km, ein hoch- gelegener geeigneter Lagerplatz in der Nähe des Dorfes Are (9 Hütten) erreicht. Dem Aufschlagen des Zeltes, dem Kochen und Essen sahen die herbei- geeilten Dorfbewohner verwundert zu. Weiße waren hier noch nicht gewesen. Ich bemerke hier, daß das Wohnen im Zelte auf freiem Platze in der Nähe eines Dorfes dem Übernachten im Männerhause des Dorfes, das auch als Herberge für Gäste dient, entschieden vorzuziehen ist. Zwar darf nach hiesiger Sitte der Gastfreund nicht unter Eindringen in die Hütte angegriffen werden, doch ist es erlaubt, von außen durch Dach und Fußboden mit Speeren zu stechen oder zu wersen. Gegen die Küstendörser sind die Hütten klein, insbesondere sehr niedrig. Die Schar der Neugierigen, die das Zelt umlagerte, mehrte sich. Schnell vertrieb sie mein bellend da- zwischen springender Hund. Jeder suchte sich auf dem nächsten Baum in Sicherheit zu bringen. Zur Erklärung sei hinzugefügt, daß die Hunde der Ein- geborenen niemals bellen, sondern nur heulen. Hunde besiten die Bergbewohner übrigens in großer Zahl. 16 Als Bezahlung dienen Perlen. Sie sind die Lieferanten für die viel begehrten, zum Schmuck verwandten Hundezähne für die Küstenleute. Auch hier darf der Handel nicht direkt erfolgen, sondern nur durch be- stimmte Dörfer als Vermittler. Als wir einen Gang ins Dorf Are unternahmen, flohen Weiber und Kinder entsetzt in die Hütten, an deren Eingang sich der Mann in die Türe hockte. Man lleß uns je- doch hineinsehen. Welber und Kinder hatten sich in die hinterste Ecke verkrochen und zitterten wie Espen- laub. Sehr erklärlich, wenn man bedenkt, daß sie zum ersten Male Männer sahen, die nicht ihrer Farbe waren, und sie annehmen mußten, wir wären nach dortiger Sitte gekommen, um sie trotz Freund- schaft nachts zu überfallen und aufzufressen. Als sie einige Perlen erhielten, die sie den Küstenleuten, die sich sehr gut aufs Handeln verstehen, teuer bezahlen müssen, wurden sie etwas zutraulicher. Zuretzt brachten sie große Mengen Feldfrüchte, um den heiß ersehnten Tabak zu erhalten. Der nächste Tag (9. Septbr.) wurde zu einem Rundgang durch die benachbarten Dörfer benuzzt. Nach Durchschreiten des Baches Mugum führte ein steiler Anstieg zu dem Dorfe Meß (8 Hütten), Ent- fernung etwa 2 km. Hier dasselbe Eatsetzen über den weißen, nie gesehenen Mann. Wieder bergab über den kleinen Fluß Tusam, einen Nebenfluß des Gusum (Gum), nach dem Dorfe Gal 1 (10 Hütten). Entfernung von Meß 2,5 km. Glühender Sonnen- brand herrschte auf der Alang-Alang-Kuppe, auf der das Dorf lag. Bereitwillig brachten die Bewohner Kokosnüsse und Feldfrüchte herbei. Sie erhielten dafür Tabak. Etwas nie Gesehenes blldeten für sie die Streichhölzer, mit denen wir uns die Zigarren ansteckten. Sie gaben mit Freuden ihre Haarkämme und andere Kleinigkeiten für elne Schachtel Streich- hölzer. Die Hütten waren außerordentlich llein. Zu erwähnen ist noch, daß wir in allen Bergdörfern im Gegensatz zur Küste Hühner sahen, fast nur solche von weißer Farbe, oder weiß mit schwarz oder braun. Eine Frage nach Eiern hatte kein Ergebnis. Die Hühner werden der Federn wegen gehalten, die als Kopsschmuck dienen. Gerade diese Farben müssen in den Augen Eingeborener als besonders schön gelten. Denn jeder der Polizeisoldaten suchte solche zu erhalten, und sie versicherten „good to much“. Mein Versuch, einige Leute zum Mitgehen nach Friedrich-Wilhelmshafen zu bewegen, schlug fehl. Auch hier die Angst vor dem Unbekannten. Nach- dem wir uns noch die Namen der in der Nähe sichtbaren Dörfer hatten nennen lassen: Gal 1I (8 Hütten), Sara, Sil, Bisima, Talagama, traten wir den Rückmarsch ins Lager bei Are an. Abends bei der Unterhaltung am Lagerfeuer im Dorfe stellte sich dann noch heraus, daß der blutrote See mit den kleinen Bewohnern des Strandes eine Erfindung war, gläubig von einem Dorf dem andern nach- erzählt, da niemand sich über das Gebiet der be- freundeten Dörfer hinauswagt.