— 318 — Ihre Stämme sind voll von Narben, Abschürfungen und Brandwunden. Am schlimmsten ergeht es den Brotfrucht= und Mandelbäumen zur Reifezeit ihrer Früchte. Mit Messern und Beilen bewaffnet steigen die Leute auf die Bäume und schlagen die Zweige und kleineren Aste ab; ja es ist sogor nichts Sel- tenes, daß der Eingeborene, um sich die Mühe des Kletterns zu sparen, den ganzen Baum fällt. Auf diese Weise erhält er die Früchte fast ohne Mühe und Gefahr. Die ihrer Zweige beraubten Bäume brauchen natürlich mehrere Jahre, bis sie sich wieder erholt haben und zu Asten gekommen sind. Die Kokospalme ist eigentlich nicht heimisch in Baining, sie stammt von der Küste, wie schon ihr Name im Bainingischen „lamesacha“, von „lama“ in der Küstensprache herrührend, andeutet. Am ver- breitetsten ist sie in Nord= und West-Baining, doch ist der Kokosbestand im Vergleich zu dem an der Küste ein ganz unbedeutender. t4g und Süd- Baining entbehrt derselben vollständig, ausgenommen einige Orte, wie Mandaren, im Gebiete des Karawat. Jetzt, wo sich infolge der relativ größeren Sicherheit ein starker Verkehr zwischen dem Nordstamm der Gazelle und dem Baininger zu entwickeln beginnt, dringt dieser wertvolle Baum immer mehr land- einwärts. Im Quellgebiet des Patongo erzählten die Leute auf meln Befragen, warum sie keine Kokos hätten, daß diese bei ihnen keine Früchte mehr zel- tigten. Doch kann ich dieser Behauptung keinen Glauben belmessen; denn das Fehlen der Seebrise, die man gewöhnlich als unumgänglich notwendig zum Gedeihen der Kokospalme angibt, halte ich nicht als genügenden Grund für das Nichtvorhandensein derselben. Es kommen ja auch Ortlichkeiten in Baining vor, wie z. B. die bereits erwähnte Gegend am Oberlauf des Karawat, wo sie vortrefflich fort- kommt, und wo doch von einer Einwirkung der Seebrise schlechterdings nicht die Rede sein kann. Der Eingeborne hatte, da die Kokos nicht in seinem Gebiet vorkam und ihre Nüsse auch keinen Bestand- teil seiner alltäglichen Nahrung bildeten, wenig Grund, sich dieselbe zu verschaffen oder anzupflanzen. Sie war ihm und ist ihm auch jetzt noch im größten Teil von Baining eine entbehrliche Delikatesse. Die Kultur der Palme würde ihm allerdings zwar nur wenig Mühe verursachen, allein er ist zu faul und gleichgültig und übrigens kann er sich, wenn sein Herz nach Nüssen lüstern ist, genug bei den Küsten- bewohnern um Taros erstehen. Dieselbe Bewandtnis hat es mit den Mandel-, Brotfrucht= und Areka- bäumen. Man begegnet diesen Baumarten nur in Nord= und West-Balning; in Ost-Baining, wo sie als große Seltenheit gelten, habe ich sie nur ganz vereinzelt angetroffen. Die elngeführten Fruchtbäume, wie Mango, Carica Papaya, Paradies= und Sauer-Apfel bürgern sich nur sehr schwer ein. Der Eingeborne ißt hin und wieder elne solche Frucht, lobt sie, aber an- pflanzen wird er sie nicht. Er ist zu träge und begnügt sich mit dem, was die Scholle selt seiner Väter Zeiten hervorbringt. Baumfrüchte bilden überhaupt nur einen ganz nebensächlichen Bestand- teil seiner Nahrung. Die weilaus wichtigste Nutzpflanze für den Bal- ninger ist die Taro; sie versteht er vortrefflich an- zubauen. Wer Gelegenheit hat, den Eingebornen bel dieser Arbelt zu beobachten, wird gestehen müssen, daß er Geschick zur Tarokultur hat und weder Mühe noch Arbeit scheut, um reiche Ernten zu erzielen. Der fette Boden Bainings ist überdies der besie, den man sich für diese Knollenart wünschen kann. Die Banane nimmt die zweite Stelle unter den Nährpflanzen ein. Bams und Süßkartofseln werden hie und da bloß der Seltenheit wegen zwischen den Taros gezogen, aber nicht gegessen, da sie auf dem fetten, feuchten Boden zwar üppig gedeihen, aber einen wässerigen Geschmack erhalten sollen. Sehr viel hält der Baininger dagegen auf Gemüse, teils eine eigene Gemüsepflanze, eine Art Kohl, teils auch das Herz der Taro und Blätter verschledener Straucharten. Ausführlicher werde ich die Nutzpflanzen der Baininger in dem Kapitel Feldarbeit und Tarokultur beschreiben. III. Die Baininger Küste. Die Westküste von Baining ist eine vielgestaltige und landschaftlich großartige. Die Gebirge erscheinen, da sie in geringer Entfernung vom Strande sich aufbauen, täuschend hoch und erinnern deshalb um- somehr an die Majestät der heimatlichen Bergmassen. Die zahlreichen Risse und die vielen Sandbänke, welche zerstreut in geringer und größerer Entfernung die Küste umlagern, erschweren die Schiffahrt un- gemein. Das Unglück des englischen Forschers Powell sowle das Auflaufen des Dampfers „Isabell“ in der Nähe des mit Risfen umgürteten Ellandes Urar sind hier noch in frischer Erinnerung. An guten Häfen ist die Küste arm, da die Buchten entweder zu klein oder wegen ihrer offenen Lage den hier herrschenden Winden zu sehr ausgesetzt sind. Größere Dampfer bleiben daher auf ihren Fahrken immer in respektvoller Entfernung von der gefährlichen Küste Neu-Pommerns ab. Jetzt, nachdem die „Möwe“ diese Strecke vermessen hat, und die vollständige Karte herausgegeben ist, wird das Befahren der- selben mit weniger Schwierigkeiten und Gefahren verbunden sein. Die größten Buchten, welche selbst wieder zahlreiche Zugänge ins Land bilden und kleinen Fahrzeugen Schutz und Ankergrund gewähren, sind der eigentlich unrichtig benannte „Weberhafen“ — es müßte heißen „Weberbucht“ —, ferner die Buchten von Loan und Lassul, Marangassik und ein Teil der offenen Bucht. Die besten und sichersten Hasenplätze sind im Weberhafen von Mandres, in der Massawa-Bucht und der Powell-Hafen an der Westküste. Das unmittelbare Ufergelände vom