— 322 kommenden Gebiete erfreut, worin eine Fülle von Fragen, die sich einem Visitator in einem so wenig bekannten Missionsgeblet aufdrängen, beantwortet waren. Seine mannigfachen Reisen und die vlelseitige Berührung mit den Eingeborenen der verschiedenen Distrilte hatten ihm den Stoff geliefert. Welche tlef eingreifenden, das afrikantsche Völkermeer er- regenden Vorgänge müssen hier gespielt haben, um ein solches Durchelnander zu schaffen, wie wir es im Umkreis unserer Stationen vorfinden! Nirgends hat man es mit einem Stamm allein zu tun, überall finden sich in größerer oder kleinerer Zahl Glieder anderer Stämme eingesprengt oder ongefügt mit oft recht abweichendem Dialekt und auch sonst in die Augen springenden Verschiedenheiten, die namentlich in der Bauart der Hütten hervortreten. Alte, fest- gefügte Volkszusammenhänge sind durch die Kriege eines Mirambo und anderer nach Machterweiterung strebender Sultane oder durch soziale Notzeiten, wie die große Hungersnotperkode vor etwa 20 Jahren, zerrissen worden. Wie viele heidnische Sitten und Anschauungen mögen sich dabei gelockert oder schon verflüchtigt haben. Vor dem Christentum hat schon der Islam seine Hand auf Innerafrika gelegt. Er entfaltet namentlich in Tabora eine bedrohliche Macht. Im öffentlichen Leben der Stadt scheinen, soweit ich nach einem flüchtigen Besuch urteilen kann, die Suaheli und Valungwana, die „Leute von der Küste“, eine hervorragende Rolle zu spielen, und jedenfalls sind sie der Teil der Bevölkerung, der durch seinen Kleinhandel und durch eine verwandte Sprache wie afrikanische Herkunft den bedeutendsten Einfluß auf die eigentlichen Eingeborenen gewonnen hat und bisher gewinnen konnte. Diese „Möhamme- daner“ — wenigstens sind sie es äußerlich — nehmen mit Vorliebe ihre Welber aus Stämmen von jenseit des Tanganika, wie es scheint, besonders tilefstehenden, in Heidentum und Aberglauben versunkenen Völkern. Gleich beim Einmarsch in Tabora begegnete uns eine Gruppe solcher mit auffallendem Kopfgehänge und Laubgewinden geschmückter zur Trommel tan- zender Weiber, die einen durchaus widerlichen Ein- druck machten. Uberhaupt ist das sittliche Leben unter den Eingeborenen dieser Großstadt auf einem sehr niedrigen Niveau, weshalb wir uns auch unserer Träger wegen nur so kurz als möglich hier auf- hielten. In Urambo hatte der Visitator die erste Nlederlassung der Brlüdergemeine betreten. Aber diese selnerzeit von der Londoner Mission übernommene Station hat besonders schwierige Verhältnisse auf- zuweisen, so daß die dem Alter der Nlederlassung entsprechenden Erfolge noch fast ganz fehlen. An den folgenden Missionsplätzen Sikonge und Ipole, die erst. neuerdings angelegt sind, wird noch Pfad- finderarbelt getan; daher gab es auch hier vorzugs- weise Bau= und Kulturarbeiten, Anfänge der Schul- arbeit und dergl. zu sehen. Hinter Kitunda und Kipembabwe aber kam der Reisende in bie schon am längsten (selt 1890) gepflegte Nyassamission. Seinen Einzug in Rungwe beschreibt er in fol- gender Weise: Auf der Höhe eines Hügels zeigt sich eine bei unserer Annäherung zunehmende Menschenschar. Bald sehen wir einige weißgekleidete Gestalten uns ent- gegenkommen; es sind 6 der Gehilfenschüler von Rungwe, und hinter ihnen her, dem gravitättisch daherschreitenden Dorfältesten folgend, eine große Schar dunkler Gestalten, Kondemänner, Speer oder Stock in der Hand, einige haben auch Schellen an den Füßen; es ist der Willkommen der heidnischen Dörfler. Von dem vielen Händeschütteln ist auch meine Hand, ja der schneeweiße Armel meiner leichten für die festliche Gelegenheit eben angelegten Joppe rot gefärbt. Auch Frauen drängen sich herzu; die Kinder sitzen sicher geborgen rittlings in einem Felle, das die Mutter über den Rücken gespannt hat. Mit jedem Augenblick mehrt sich die Schar. In einem kriegstanzähnlichen Marsch geht es durch einige Bananenhaine mit freundlichen Hütten zur Rechten und Linken, bis wir uns schließlich im letzten Dorfe an der Grenze des Missionsbesitzes von der auf elnige Hunderke angewachsenen Menge verabschleden. Wenige Minuten später befinden wir uns zwischen den Bananen des Christendorfes. Von fern her grüßt uns der Klang der Glocke, eine Ehrenpforte mit großen Palmwedeln enthält eine Inschrift in Kyniaklusa: „Willkommen in dem Namen des Herrn Jefu“, der auf der Rückselte die deutschen Worte gegenüberstehen: „Der Herr segne deinen Eingang“. Vor der Kirche zur Rechten aber stehen die Missions- geschwister und um sie her die Christen der Rungwe- Gemeinde. Als der Gesang verstummt, begrüßt mich Br. Zickmantel in deutscher Sprache, einer der Helfer in Kyniakius. Ich erwidere auf beildes. Dann gilt es die Geschwister und ihre Kinder zu grüßen. Welche Fülle von Aufgaben hat der Herr mit dlesen noch ganz rohen Heidenscharen der Mission gestellt, wie hat er bereits die Wege zum Vertrauen der Leute in die Missionare gebahnt! Und hier fand ich mich nun zum ersten Male inmitten einer größeren Christengemeine, deren ganze Erscheinung schon elnen scharsen Kontrast zu der umgebenden Heidenwelt bildete. Hier hat das Evangelium an- gefangen seine Wurzeln zu schlagen. Elne Numwaglle bezeugte durch die Wahl ihres Taufnamens „Ich habe ihn gefunden“, elnalter Safwahelfer, Mbangigwa: „Ich bin erlöst“, ein Niganile „Ich will“. Und schon sind die Erstlinge dieser Schar ausgegangen und haben in den Dörfern ringsum bis nach Hoch- safwa hinein, auf den Mallla hinauf, in die Ebene hinab ihren Landsleuten von diesem Jesus erzählt, den man finden kann, der erlöst und der das Herz fählg und bereit macht, ihm folgen zu wollen. Auch auf die mit der Missionstätigkeit verbundenen praktischen Kulturarbeiten kommt der Visitations=