Systemwechsel beantragt, als eine von den Weißen gewählte Deputation an Stelle des bisherigen militärischen Distriktschefs einen Zivil-Distriktschef wünschte. Auf die Klage der Weißen, daß die Bastards in Rehoboth keine Bauplätze verkaufen, sondern nur auf 5 Jahre verpachten wollten, wurde den Bastards angeraten, den Weißen die Möglichkelt zu gewähren, sich in Rehoboth Grund und Boden zu erwerben und hierfür womöglich ein bestimmtes Gebiet zu bestimmen, wozu das Gelände am zukünftigen Bahnhof als geeignet bezeichnet wurde. An dem südwestlich von Rehoboth befindlichen Flusse ist vom Distriktsamt viel Wasser ausgemacht worden, das anscheinend sehr viel besser ist als das der Quellen auf dem Platze und hinreichend für den späteren Bahnbetrieb sein dürfte, wofür es in Aussicht genommen ist. Nach meinen eigenen Beobachtungen, die mit denen des Distriktschefs, der Weißen am Platze, insbesondere auch der Mission übereinstimmen, sind die Bastards mit der Neuordnung der Dinge durchaus einverstanden. Sie sehen es offenbar selbst ein, daß angesichts der grundlegenden Umgestaltung der Dinge im Schutzgebiete das Festhalten an der Kapitänschaft zwecklos und ihren eigenen Interessen nicht dienlich sein würde. Die durchaus freundliche Gesinnung gegen dle deutsche Regierung und Zu- friedenheit mit dem gegenwärtigen Zustande erhielten auch dadurch Ausdruck, daß Vorsteher und Rat auf meine bezüglichen Darlegungen ohne jegliches Be- denken einstimmig erklärten, daß das für den Bahn- bau und die Stationen usw. erforderliche Land un- entgeltlich hergegeben werden sollte. Ein Besuch der Schule zeigte mir, daß die Bastardskinder unter Missionar Blecher recht gute Fortschritte im Deutschen gemacht haben. An Großvieh befindet sich im Bastardlande nach zuverlässiger Schätzung noch 10000 bis 11000 Stück, troydem vor einiger Zeit der Viehbestand durch Milzbrand und jetzt durch Lungenseuche nicht un- bedeutend gelitten hat. Es ist nicht anzunehmen, daß sehr viel Vieh durch Verkauf aus dem Bastard- land in die Hände weißer Ansiedler gelangen wird, immerhin bildet es eine höchst wertvolle Reserve für das von Muttervieh nahezu entblößte Schutzgebiet. Ganz besonders zu erwähnen ist unter den Bastards der energische und tüchtige Bastardrichter Dirk van Wyk in Kobus wegen seines großen Vieb- bestandes und seines Dammbaues, in den er viel Geld hineingesteckt und auf den er viel Mühe ver- wandt hat. Er ist der fortschrittlichste unter den Bastards, was Vieh- und Ackerwirtschaft betrifft, und züchtet rationell, indem er sich Simmenthaler Bullen und Rambouillet und Böcke aus Deutschland kommen läßt. Am 1. März wurde über Kobus nach Areb und Nauchas geritten, wo sich das Landeshauptgestüt befindet. 401 Der Bestand an Stuten ist bei dem Gestüt ein günstiger zu nennen. Doch ist außer dem Ankauf eines Hengstes, worüber besonders berichtet wird, eine Erhöhung der dauernden Stutenzahl von 100 bis 120 auf 200 von mir in Aussicht genommen. Es liegt jederzeit dlie Möglichkeit vor, daß der afrikanische Pferdemarkt einmal geschlossen wird, nachdem er infolge Ausverkaufs jetzt schon so gut wie versagt, und die Farmer werden frühestens in 6 bis 7 Jahren so weit sein, den Bedarf für die Schutztruppe in ihrer zukünftigen Stärke annähernd zu decken. Es mag hilerbei erwähnt werden, daß das Stutenmaterlal des Gestüts ein ganz vor- zügliches ist. In Nauchas und Areb wurde das Aufmachen von Wasserstellen angeordnet, um das treffliche Weidefeld besser auszunützen. Auf dem Rückweg nach Windhuk wurden ver- schiedene Farmen, die unter militärischer Bedeckung wieder in Betrieb genommen worden sind, be- sichtigt. . Selt meiner letzten Anwesenheit vor 7 ½2 Jahren ist gar manches in der Erschließung von Wasser getan worden. Farmer Maiburg errichtete mit Regierungsßunterstützung einen Damm, um den von seinem Brunnen weiter abgelegenen Teil seiner Farm für Weidezwecke nutzbar zu machen, Farmer Rusch in Lichtenstein und der Verwalter des Herrn Erd- mann in Aris, Herr Schulz, haben Windmotore aufgestellt und damit große, sehr gut gedeihende Gartenanlagen und Kartoffelfelder geschaffen. In Lichtenstein ist in großer Höhe viel Wasser gefunden, das ein für Gartenbau sehr geeignetes Tal voll- ständig bewässert, so daß auf guten Erfolg gehofft werden kann. Auch andere Farmer haben mit Gartenanlagen begonnen. Man darf es als eine immerhin erfreuliche Folge des Krieges bezeichnen, daß die Farmer mehr als früher auf den Land= und. Gartenbau hingefährt worden sind. Die besichtigten 8 Farmen wlesen einen Bestand von etwas über 1300 Stück Großvieh, meist Mutter- vieh, und dreimal soviel Kleinvieh auf, doch ist denselben die Erhaltung dieses für den Wiederbeginn der Zucht so wichtigen Viehs nur dadurch möglich gewesen, daß die betreffenden Farmer meistens ander- weitig in Schulden gerieten. Es ist daher eine Fortführung ihres Farmbetriebes nur bei vollster Entschädigung möglich, andernfalls ein Zusammen- bruch so gut wie gewiß. Die Weide war auf dem ganzen von mir durch- reisten Gebiet vorzüglich. Auch die am entferntesten gelegenen Farmen waren seit mehreren Monaten nicht mehr von Hereros oder Hottentotten heim- gesucht oder belästigt worden.