— 442 — Küchlein. Vergaß der Bruder einmal die Küchen- türe zu schließen, so drangen sie sofort ein und suchten den Tisch ab; ja, vom warmen Herd herab nahmen sie das Fleisch und fraßen es. Zwei ver- endete Kätzchen verschluckten sie ganz; die kleinen Schlüssel zum Offnen der Fleischbüchsen, Nägel, Steine, kurz alles würgten sie hinein. War der Gegenstand etwas groß, so setzten sie sich, drückten so lange und schlugen mit dem Hals hin und her, bis er glücklich im Magen angelangt war. Den Knaben stahlen sie die Taros aus dem Feuer und schleppten sie davon. ÜUberaus possierlich war es, wenn sie zur nahen Taropflanzung wollten, um die Blätter abzufressen. Die Pflanzung befand sich an einem Abhang vor dem Hause. Bevor sie den Gang antraten, guckten sie jedesmal längere Zelt bald hinab in die Pflanzung, bald zur Veranda empor, um sich zu vergewissern, ob sie ungesehen wären. Hilelten sie sich sicher, so rannten sie blitz- schnell hinab, über den Zaun, fraßen gierig einige Blätter und kehrten eben so schnell wieder zurück. Die ganze Taropflanzung wies bald kein grünes Blatt mehr auf. Ein Vergnügen war es ihnen auch, wenn sie sich in einer Lehmpfütze wälzen konnten. Sie hielten sich ganze Stunden regungslos darin auf. Mit der Zeit wurden sie immer lästiger, schmutziger und gefräßiger, so daß ich sie entfernen mußte. Powell erzählt eine Geschichte betreffs der Kasuare, die von Professor Dahl für Jägerlatein gehalten wird. Allerdings berichtet Powell sonft manches, was mit der Wirklichkeit oft nicht ganz übereinstimmt, allein die Tatsache, die er anführt und selbst erlebt haben will, wird in ganz Baining für wahr angenommen. Er erzählt nämlich: „Ein Kasuar kam zu einem Flußufer, stand einige Augen- blicke still, das Wasser aufmerksam betrachtend, ging sodann in das Wasser hinein, welches dort etwa einen Meter tief war und tauchte teilweise unter, wobei er die Flügel ausstreckte. So blieb der Vogel vollständig bewegungslos, sogar mit geschlossenen Augen, eine Viertelstunde lang, zog dann plötzlich die Flügel an und trat an das Ufer zurück. Während er sich hier schüttelte, fiel eine Anzahl kleiner Fische aus seinen Flügeln und Federn heraus, welche sofort aufgepickt und verschluckt wurden.“ — Es ist gar nichts Seltenes, von meinen Schulkindern zu hören, doß sie einen fischenden Kasuar bemerkt hätten. Er soll besonders gerne nach Flußkrebsen fahnden. Ich habe einen Kasuar auf einer Insel des Powellflusses (Mäwlu) beobachtet, der den Sand- boden nach Muscheln absuchte. Das Fleisch des Kasuars ist etwas zähe, sonst aber recht wohl- schmeckend und wird von manchem den hiesigen Wildschweinen vorgezogen. Der Baininger jagt den Kasuar nicht nur des Fleisches wegen, sondern auch wegen der Federn, die er zur Verzierung seiner Tanzgegenstände benutzt. Die hiesigen schillernden Papagelenarten sind zu bekannt, als daß ich dem Leser noch Rkues über sie mitteilen könnte. Wer zum erstenmal in die Wälder von Baining eindringt, wird bald über sich einen Vogel mit schwerem, geräuschvollem Fluge und hell schmetternder Stimme vernehmen. Verwundert und üÜberrascht wird er seinen Blick erheben und in den wirren Laubkronen nach ihm spähen, ihn aber nicht immer zu Gesichte bekommen. Es ist der mächtige Nashorn- vogel. Sein Gefieder ist glänzend schwarz, Kopf und Hals sind beim Männchen goldbraun, beim Weibchen glänzend schwarz, der lange, breite Schwanz ist weiß. Der gebogene Schnabel ist gelblich weiß, an der Wurzel bläulich. Bel jungen Vögeln ist der hornartige Aufsatz an der Schnabelwurzel flach und weich, bei alten hoch und durchfurcht. zählte einmal neun solche Furchen oder Ringe auf der Hornplatte eines Nashornvogels, er war also neun Jahre alt. Der Nashornvogel liebt den Urwald, doch trifft man ihn auch sonst überall, wo Frucht- bäume stehen. Uber Tag erscheint der Vogel meist paarweise, morgens und abends jedoch sammeln sie sich gerne zu Scharen, bis zu 40 Stück. Ihr Nachtquartlier haben sie in Flußtälern auf sehr hohen Bäumen. Bevor sie dasselbe beziehen, verfolgen sie sich oft spielend lange Zeit und lassen ihre rauhen schmetternden Töne erschallen. Bei dieser Gelegenheit sind sie leicht anzupürschen, sitzen aber leider meistens für ein gewöhnliches Jagdgewehr zu hoch. Die Vögel, durch den Schuß aufgescheucht, umkreisen schreiend den Baum und lassen sich bald wieder nieder. Am leichtesten wird der sonst scheue Vogel geschossen, wenn die Früchte der Brennpalme relfen. Mein Schießjunge schoß voriges Jahr im Laufe einer einzigen Woche 19 Stück in unmittelbarer Nähe der Station: Von ihrem Nist= und Brut- geschäft habe ich bis jetzt trotz aller Beobachtung noch nichts aus eigener Anschauung erfahren. habe den Eingeborenen schon öfters das Versprechen gemacht, ihnen eine Axt zu schenken, wenn sie mir ein Nest zeigten; allein bis jetzt hat sich noch niemand den Preis geholt. Ein glaubenswürdiger Baininger, dessen Aussage von seinen Landsleuten bestätigt wird, fand vor einigen Johren das Nest eines Nas- hornvogels in einem Baumloch. Er fällte den Baum und fand in einer Asthöhle ein Weibchen mit zwei Jungen. Das Weibchen war durch den Fall des Baumes getötet worden. Nach der Aussage schlüpft zur Legezelt das Weibchen in ein Baumloch, rupft sich die Brustsedern aus, um damit die rauhe Holz- fläche auszupolstern, legt zwei Eier und bleibt nun so lange im Nest, bis die Jungen herangewachsen sind und der Raum zu enge wird, um alle zu fassen. Das Männchen versorgt das Weibchen zur Lege- und Brutzeit mit Nahrung, die aus verschiedenen Baumfrüchten besteht. Es ist behauptet worden, der Nashornvogel käme niemals auf den Boden. Dos ist vollständig irrig. Man gewahrt ihn nicht selten unter den Bäumen, wo er die abgefallenen