breitete sich mein Mimbo-Ruf, und häufig fanden wir am Wege Töpfe dieses nahrhaften Getränkes auf- gestellt, wodurch wir erst darauf aufmerksam wurden, daß rechts oder links hoch oben in den Felsen Men- schen hausten und unseren Marsch aus sicheren Ver- stecken mit neugierigem und üngstlichem Auge be- gleiteten. ’ . Die Seledeba-Heiden sind, obwohl vom selben Stamme der Wahas (Unterstamm der Margis), mit ihren weiter südlich sitzenden Brüdern von Lufua, Goso usw. so arg verfeindet, daß sie nichts am Leben lassen, wo sie einander treffen. So kommt es, daß jene zu Mandara gehören, Lufua, Goso und die weiter südlich sitzenden Gruppen aber nach Mada- gali Tribut zahlen. Mit dem Eintritt in diesen Bezirk merkt man die sichere Hand seines gewandten, schlauen und energischen Beherrschers, des einzigen, vor dem die Heiden Respekt haben, obwohl sie seine Leute an Zahl weit übertressen und ringsum einkreisen. Madagali ist das Bollwerk an der Westselte des Gebirges, das bislang dem Heidenansturm getrotzt und damit zugleich auch die Existenz der übrigen Fulla-Herrschaften gefristet hat; sein Fall bedeutete den der Fulla-Herrlichkelt auf dieser ganzen Front, wenn belden nicht seitens der Regierung vorgebeugt würde. Diese frühzeitige Erkenntnis und die völlige Isolierung hat den Bezirk vor dem rapiden Verfall der übrigen Fulla-Staaten bewahrt und ihm einen Rest des früheren Wagemutes und berechtigten Stolzes der Fullas erhalten. Von Lufua ab ließ die große Angstlichkeit der Heiden bei unserem Heronkommen nach. Weiber und Kinder waren natürlich in die Berge gebracht, auch ein erheblicher Teil des männlichen Geschlechtes in die nächsten Höhlen geflüchtet; schon aber kam uns der Arnado zur Begrlung entgegen; einige Männer waren im Orte selbst auwesend, zum Teil bereits am Hüttenbau beschäftigt. Und später, als wir von Madagali aus wieder das Mandara-Massiv erstiegen, holten uns sogar zwei Arnados mit Mufik ein; eine Hütte für den Weißen war fertig und ein Rind zur Stelle. Wer den Geiz der Helden gerade hinsichtlich ihres Großviehs kennt, muß diesen Er- folg des Madagali-Lamidos rückhaltlos anerkennen. Ülberall waren seine Abgesandten bereits am Tage vor unserer Ankunft in den wahrscheinlichsten Quartier- orten elngetroffen, hatten die Heiden zum Bleiben ermahnt und Unterkunft und Essen vorbereiten lassen. Anderenorts wagt sich der Fulla überhaupt nicht in ein Heidendorf. Vom Lamido selbst erhielt ich einen interessanten Beitrag zur Erklärung dieses erfreulichen Zustandes. Er führte aus, die Heiden seines Bezirkes wären jetzt so zahlreich, daß sie mit ihren Farmen von den Berghängen in die Täler hätten vov- oder auf das Plateau selbst zurückgreifen müssen. Im ebenen Ge- lände aber sei er ihnen überlegen, und so habe er ihnen gedroht und die Drohung auch einige Male 462 ausgeführt, ihre Farmen zu vernichten, wenn sie nicht parierten oder ihn an Vieh und Leuten zu Schaden brächten. Seitdem hätten die Heiden klein beigegeben und meist auch ihren Tribut entrichtet. Wider- spenstigkeiten blieben natürlich nicht aus, wie eben neuerdings bei den Miltas, und um so dankbarer sel er für die erhaltene Unterstützung. Denn dränge er an elnem Punkte nicht durch, so sei die Gefahr der schnellen Verbreitung dieses Widerstandes zu groß. Ob der schlaue Fuchs aus wirklicher Bescheiden- heit sein Licht so unter den Scheffel gestellt hat oder durch den bescheidenen Ton nur destomehr imponieren wollte, mag dahingestellt blelben, an dem Verdienst selbst wird nichts geändert. Madagali genießt den Ruf, ein harthufiges Pferdematerlal zu besitzen. Von einer eigentlichen Pferdezucht kann indes kaum gesprochen werden. In der Hauptsache bezleht der Lamido seine Reit- tiere aus Bornu und ist eben durch die Verhältnisse seines Bezirkes auf die Auswahl eines besonders guten Hufmaterials angewiesen. Ich hatte Madagali am 3. Januar 1906 von Seledeba über Lufua 1. Jonuar 1906 — Ham- bogsa (2. Januar 1906) erreicht. Nach einem Ruhetag verabschiedete ich mich am Morgen des 5. Januar von Hama Jadl, der mich ein Wegestück begleitet hatte, mit dem von Herzen kommenden Wunsch, Allah möge ihm ein langes Leben be- scheren. Sein in Bungel, nahe Demssfa, sitzender, etwa 12jähriger Sohn scheint glücklicherweise nach dem Vater zu schlagen; trotz der Jugend erkennt man an dem Gehorsam der Leute und seinem selbst- bewußten und bestimmten Auftreten die Rasse. Hierbei sel die allgemein verbreitete Fulla-Sitte er- wähnt, daß die mächtigeren Herrschaften einander durch solche Enklaven beobachten; als Marschquartier und Reservoir für die eigene Verpflegung sowie die bei Besuchsgelegenheiten mitzuführenden Geschenke gedacht, ist eine der Hauptaufgaben dieser Posten die Spionage. 8. Zum zweiten Male in Gauar. 5. bis 10. Januar 1906. Mein nächstes Ziel war, wie früher angegeben, Gauar. Die dortigen Heiden hatten zwar einmal zu dem in Gauar-Stadt belassenen Posten geschickt, sich bezüglich der Gestellung von Geiseln und der Mithilfe beim Wiederaufbau der Stadt aber ab- lehnend verhalten, ebenso wie sich auch ihr Arnado nicht hatte blichen lassen. Es war mittlerweile fest- gestellt worden, daß sich eine größere Gruppe nach den Tagen vom 17. Dezember 1905 in Sirak zu- sammengefunden hatte, von welcher ein Teil in die mehr östlich der Gauar-Höhe gelegenen Niederlassungen zurückgekehrt war. Eine zweite Hauptgruppe sollte bei den Hina-Heiden Aufnahme gefunden haben; indes konnte Oberleutnant Schipper bei seinem Marsch nach und von Binder keinerlei Spuren hiervon wahrnehmen, so daß ich mehr der Ansicht