— 491 — Nachbarinnen die Wöchnerin mit Gemüse und Taros erfreuen. Sobald die Mutter wieder bei Kräften ist, geht sie ihren altgewohnten Pflichten nach. Die Baininger tragen die Kinder nicht wie die Uferleute in einem Stück Tapa oder europälschen Stoff, das sie quer über einer Schulter befestigen, sondern halten es auf beiden Armen vor sich auf einem Blatt von richtiger Größe liegend. Schleppt die Frau Holz oder Taros oder Wasser, so begegnet man jederzeit dem Vater, der vorausgeht und das Kind auf den Armen trägt. Ist das Kind stärker und kann allein sitzen, so nimmt es, wenn die Mutter ausgeht oder Lasten trägt, der Vater auf die Schultern. Die Kleinen gewöhnen sich sehr schnell an diese Art des Tragens; sie klammern sich unwill- kürlich am Hals oder an der Stirne der Mutter oder des Vaters an. Auf schlechten Wegen, beim Passieren von Flüssen auf Baumstämmen, wo ein Europäer alle seine Sinne zusammen nehmen muß, um nicht auszugleiten, geht der Baininger noch dazu schwer bepackt und mit dem Kinde auf den Schultern behende und furchtlos vorüber. Ein Baininger Kind ist kein verhätscheltes Wesen. Es leidet zwar nicht an Hunger und Durst oder von schlechter Behandlung; denn die Leute lieben ihre Kinder und geben sich Mühe, sie groß zu bringen; allein was die Reinhaltung anbelangt, so brauche ich nach allem Vorhergesagten kaum noch ein Wort zu verlieren. Im Hause liegen die Kleinen auf der harten Erde, sehr oft ohne jegliche Unterlage. Nachts sind sie zwar in nächster Nähe der Mutter und des Feuers gebettet, allein, da die Nachtbrise durch die Hütte streichen kann, und die Kälte, zumal in den Bergen, empfindlich wird, so haben die armen Würmchen doch viel zu leiden. Zuweilen kommt es auch vor, daß sich das Kind auf die Seite legt, und da der Boden in den Hütten meistens uneben ist, so ist es ein Leichtes, daß das Kind abwärts rutscht, sich wehe tut oder gar ins Feuer gerät. Bis dann die Mutter vom Schreien aufwacht und den armen Wurm wieder bei sich hat, ist er oft schon schrecklich verwundet. Während die Eltern in der Pflanzung arbeiten, liegt das Kind stundenlang am Boden, und wenn es nicht schläst, schreit und windet es sich wie ein Wurm. Unbe- kümmert um Regen und Sonnenschein, wird es stets mitgetragen. Diese Vernachlässigung wirkt natürlich schädlich auf die Gesundheit der Kinder. Man darf annehmen, daß fast die Hälfte der geborenen Kinder im ersten Jehre stirbt. Im Jahre 1900 wurden in meiner Zachborschaft zehn Kinder geboren, die alle nachein- * starben. Ich war selbst über diese Todesfälle aunt, da die meisten Kinder blühend, sogar von Gesundheit strotzend ausgesehen hatten. Ich muß jedoch hervorheben, daß das erwähnte Jahr eine Ausnahme war und auch für die Erwachsenen elne große Sterblichkeit aufwies. Mit zunehmendem Alter bekommen die Kinder eine Art Ausschlag, der den ganzen Lelb bedeckt. Da sie nicht relnlich be- handelt werden und ohnedies steis auf der bloßen Erde umherrutschen, so verschwindet das Ubel nur langsam und bietet einen ekelerregenden Anblick. Es ist nur zu verwundern, daß aus so übel behandelten, allerdings auch abgehärteten Wesen sich die später so kräftigen, vierschrötigen Baininger-Gestalten ent- wickeln können. XIII. Beschäftigung der Baininger. Der Baininger ist durchweg Ackerbauer. Wem es je vergönnt gewesen ist, nach Baining zu kommen, der war erstaunt über die ausgedehnten und sauber gehaltenen Taropflanzungen der Eingeborenen. Im nachstehenden wollen wir einmal dem Baininger bei seiner Arbeit zuschauen, und zwar speziell in der Taropflanzung; denn Taro bildet daos Hauptnahrungs- mittel der Bergbevölkerung und Taroanpflanzung die Hauptbeschäftigung. Die Bestellung der Taroplantagen ist nicht an eine bestimmte Zeit des Jahres geknüpft, sondern verteilt sich über das ganze Jahr. Ist eine Pflan- zung abgeerntet, so reisen in einer andern schon wieder die neuen Taros. Somit kann also der Baininger nicht sorglos in den Tag hinein leben, sondern muß stets bei der Arbeit sein. Da die Anlage einer neuen Pflanzung viele und anstrengende Arbeiten erfordert, die schwerlich einer allein verrichten kann, so tun sich meistens mehrere Familien, 5 bis 6 oder noch mehr, zu diesem Zweck zusammen. Meistens arbeiten dieselben Leute schon seit Jahren zusammen und weichen von dieser Tra- dition nicht ab, es müßte denn vorkommen, daß mehrere Familien ganz aussterben und die übrigen sich dann einer anderen Gruppe anschließen. Das zur Pflanzung bestimmte Grundstück wird vom Häuptling oder auch von irgend einem andern Mit- gliede vorgeschlagen. In sehr bevölkerten Gegenden kommt es vor, daß ein Terrain schon nach ein paar Jahren wieder bepflanzt wird. Der Busch, der sich während dieser kurzen Zeit entwickelt, ist natürlich nicht bedeutend, und das Abholzen desselben verlangt auch keine große Arbeit. In Gegenden mit geringer oder sehr dünner Bevölkerung wählt man zur Pflan- zung nur alten Busch von 10 bis 30 Johren. Daß die Elngeborenen auch den elgentlichen Urwald nieder- schlagen, ist mir nur einmal zu konstatkeren vorge- kommen, und zwar ganz im Innern, im Quellgebiet des Patongo, wo von den Eingeborenen von Missams ein Teil ostwärts an den Patongo übersiedelte und dort mitten im Urwald Pflanzungen anlegte. Was sie zu dieser schweren Arbeit veranlaßte, war wohl nur der Wunsch, der Küste näher zu sein und so um so eher ihre Taros an den Mann bringen zu können. Die Unebenheiten des Terrains schrecken den Baininger nicht zurück. Auch an den steilsten Abhängen, wo man nicht einmal aufrecht stehen kann, wird gerodet. Nur Schluchten, die zur Regenzeit mit Wasser angefüllt sind, umgeht er. Folgen wir