713 Aus dem Pereiche der Missionen und der Ankisklaverei-Bewegung. In Kairo tagte vom 4. bis 9. April eine Kon- ferenz von 62 Delegierten protestantischer Missionen in mohammedanischen Ländern. Man will die Mohammedanermission mit größerem Nachdruck auf- nehmen und namentlich durch die Presse und die 1 Krankenpflege wirken. KAus fremden Rolonien und Produktionsgebieten. Die Propaganda des Islam im Sudan. Der stellvertretende Gouverneur des französischen oberen Sudan und Niger, Mr. Ponty, hat folgenden Runderlaß an die Administratoren und Bezirks- kommandanten betreffs der islamitischen Bewegung erlassen: „Ich habe schon die Ehre gehabt, Sie durch mein Zirkular vom 4. April 1903 auf die hervorragende politische Rolle, die in den moslemitischen Regionen der Großscheriff von Melka spielt sowie auf die religiöse und polltische Propaganda der Agenten, die in seinem Solde stehen oder Brüderschaften an- gehören, welche er leitet, aufmerksam zu machen. Ich erwähnte in diesem Dokument die Gefahren, welche aus einer solchen Propaganda für die Be- festigung unserer Herrschaft entstehen könnten. erinnerte Sie daran, daß wir zwar den Musel- männern, wie wir es ihnen versprochen, volle Gewissensfreiheit lassen werden, daß wir jedoch nicht vergessen dürfen, daß diese Freiheit, wie jede andere, nur innerhalb der Grenzen der Gesetze bestehen kann. Ich erklärte endlich, daß es unsere strenge Pflicht Ich wäre, genau darüber zu wachen, daß die von den Angehörigen der moslemitischen Brüderschaften ge- predigten Lehren, niemals den Erfolg des großen Werkes der Zivilisation, das wir in diesem Lande ausüben, gefährden. Ich bat Sie dann noch, nach- dem ich Ihnen empfohlen hatte, eine Uberwachung nur mit größter Vorsicht und größtem Bedacht aus- zuüben, jede Gelegenheit zu ergreifen, sich mit dem moralischen und politischen Einfluß jener Brüder- schaften und ihrer Oberhäupter bekannt zu machen, und mir alle Auskünfte, die Sie erhalten können, mitzuteilen. ch muß heute wegen der neuerlichen Unruhen, deren Schauplatz das Dierma war, und die größten- teils den Treibereien einer gewissen Anzahl fanatischer Marabuts zuzuschreiben waren, betonen, daß die Schwierigkeiten und die Gefahren, die der Sicher- heit und der öffentlichen Moral erstehen, eine Folge der Almosensammlungen sind, die auf unserem Gebiet durch eine ununterbrochen wachsende Anzahl von religiösen Persönlichkeiten, die Fremde in unserer Kolonie sind, ausgeübt werden. Diese Marabuts, sämtlich irgend einer moslemischen Brüderschaft an- gehörig, sind meistens von weißer Rasse und sind teils in Marokko, teils in Mauretanien, teils selbst in Egypten, Syrien oder Arabien einheimisch. Sie nennen sich fast alle Sheriffs (Nachkommen des Proyheten), behaupten aus Mekka zurückgekehrte Pilger zu sein, wären Verkünder neuer moslemitischer Zeiten und Besitzer hoher Würden, sei es entweder in der Hierarchie ihrer religiösen Orden oder in der sofikischen Schule, namentlich der von Djoneidi. Sie gehen von Dorf zu Dorf, predigen der Bevölkerung die Rückkehr zur Reinheit der wahren muselmännischen Lehre, die strikte Observanz ihrer fünf großen Pfllchten: Gebet, Fasten, Almosen, Pilgerschaft und heiliger Krieg, handeln mit unfehlbaren Amuletten oder mit Wunderwasser, das sie aus dem Brunnen von Zem-Zem mitgebracht, kolportieren für die wegen des Niedergangs ihrer Religion betrübten Musel- männer tröstende Nachrichten, zeigen das nahe Kommen des Mahdi an, behaupten selbst oft, daß sie von ihm zu den Gläubigen geschickt sind, befehlen jedem an, das Gewehr in Ordnung zu haben, den Säbel zu schärfen, predigen oft, den Franzosen die Steuern zu verweigern, die durch das unzählbare Heer des Sultans von Marokko oder des Sultans von Konstantlnopel bald vollständig vernichtet seln würden. Diese Reden haben keinen anderen Zweck als aus den Gläubigen Geschenke herauszuzlehen; die Ge- schenke, die oft durch Drohungen erpreßt werden, erreichen nicht selten eine beträchtliche Höhe; Pferde, Esel, Kühe, Geldsummen werden den wandernden Scharlatanen als Austausch für ihren Segen und ihre Gebete gegeben. Nachdem diese den Fanatismus ihrer Zuhörer aufgereizt haben, leeren sie ihre Taschen. Die Verwaltung darf nicht dulden, daß solche Individuen ungestraft ihre antifranzösische, auti- europäische Propaganda einerseits und ihre Gaunereien und Erpressungen anderseits gegenüber unserer Eingeborenenbevölkerung weitertreiben. Dringende Maßregeln sind in dieser Beziehung nötig. Von nun an ist, sobald die Anwesenheit eines bettelnden Marabut Ihnen an irgend einem Punkt Ihres Kreises angezeigt wird, derselbe sogleich fest- zunehmen und Ihnen vorzuführen. Sie haben ihn zu verhören, und wenn festgestellt ist, daß er unter dem Vorwande der Religlon Geschenke von den Ein- geborenen verlangt und erhalten hat, ist er wegen Betruges anzuklagen und vor die Eingeborenen- tribunale Ihres Bezirks zu bringen. Nach Ver- büßung seiner Strafe ist er auszuweisen und auf dem geraden Weg in seine Heimat zu bringen, wo# den örtlichen Behörden Nachricht zu geben ist. Wird er als eine religlöse Persönlichkeit erkannt, oder 4