festgestellt, daß er in früherer Zeit Unruhen provo- ziert hat, sei es in dieser oder einer benachbarten Kolonie, so haben Sie sich seiner Person in kürzester Frist zu versichern und mir elnen unmittelbaren Bericht über die Mittel und den Gegenstand seiner Proselyten- macherei zu übersenden, ebenso mir Vorschläge zu machen, wie man ihn von jetzt an außerstandsetzen kann, seine Propaganda fortzusetzen. Wenn indes nicht festgestellt werden kann, daß dieser Marabut si.h verbrecherischer Handlungen schuldig gemacht hat und wenn er keine andere Existenzmöglichkeit als durch Sammeln von Almosen hat, haben Sie ihn in Ihrer Verwahrung zu behalten und mir ohne Aufschub einen genauen Bericht zu erstatten, worin Sie mir solche administrativen Maßregeln, die Sie für angebracht halten, in Vorschlag bringen. In jedem Fall, mag nun der Marabut ein friedlicher Mensch oder als gefährlich zu betrachten sein, haben Sie mir sein Nationale zu übersenden. In dieser Urkunde sind einzutragen alle Nachrichten über seine Identität, seinen Geburtsort, sein Alter, seine Vorfahren, die Brüderschaft, der er zugehört, seine Familie usw. Ihre Ansicht über seine politische Haltung ist auch darin aufzunehmen. Sofern es möglich, wollen Sie auch seine Photographie hinzu- en. sis Ich möchte Ihre Aufmerksamkeit noch dahin lenken, daß diese Marabuts, die im Publikum eine große Mißachtung der französischen Autorität zur Schau tragen, stets, sobald sie vor einen Repräsentanten der französischen Regierung geführt werden, ihre unwandelbare Ergebenheit an Frankreich betonen. Man darf nicht vergessen, doß im Jahre 1846 und 1847 die öffentlichen Behörden des Senegals zu Podor, durch die demütige, unterwürfige Haltung Hadj Omars getäuscht, in gutem Glauben seine antifranzösischen Umtriebe begünstigten; mehrere Male sind wir seitdem in den gleichen Irrtum verfallen. Das soll uns lehren, daß fast nie zwischen dem Benehmen eines Marabuts und den Lehren, die er predigt, Ubereinstimmung besteht. Ich richte Ihre Aufmerksamkeit besonders auf diesen Punkt, damit Sie nicht bei der Bestimmung der Strafgelder, um die es sich handelt, durch die scheinbare höfliche Unter- würfigkeit und Achtungsbezeugung, die Ihnen gegen- über jede religiöse Persönlichkeit bekunden wird, beeinflussen lassen. Wenn ein Marabut, der in Ihrem Kreis wohn- haft ist, eine Reiseerlaubnis erbittet, um sich nach einem anderen Kreis zu begeben, ist er, bevor ihm dieselbe erteilt wird, nach dem Zweck seiner Reise zu fragen. Wenn dieser Zweck ist, Almosen zu sammeln, werden Sie ihm die Erlaubnis nicht geben. Oft verschleiern die Marabuts den eigentlichen Zweck ihrer Reise unter dem Vorwand eines Besuchs bei ihren Talibs. Diese Talibs dienen gewöhnlich nur als Vorwand. Die Flagge deckt die Ware. Das schamlase Betteln in den Dörfern ist der wahre Zweck der Wanderung. 714 Grundsätzlich behalte ich mir selbst und als Aus- nahme die Ertellung von „Ziara“ und „Hadia“ vor; danach haben Sie, wenn Ihnen eine derartige Bitte von einer religiösen Persönlichkeit Ihres Kreises vorgetragen wird, sie mir zuzuschicken unter Mit- teilung Ihrer Ansicht und des genauen Weges, den der Marabut einschlagen will. Ich werde dann bei den Behörden des Distrikts, wohin er sich begeben will, anfragen, ob die Reise als angebracht an- gesehen werden kann, und in letzter Instanz die Erlaubnis erteilen oder sie verweigern. Zu berücksichtigen ist, daß die vorangehenden Dispositionen keineswegs den Zweck haben, die freie Ausübung des islamitischen Kultus zu verhindern. Ich will nur, indem ich diese Vorschriften mache, unsere islamittschen Untertanen gegen die Handlungen fremder Marabuts, Scharlatane und Unruhestifter schützen. Die angesessenen Marabuts, Koranlehrer, Verkäufer von Amuletten usw. werden durch diesen Runderlaß nicht betroffen.“ Bei Gelegenheit des obigen Runderlasses sei darauf hingewiesen, daß die der europäischen Kultur und Gesittung in Afrika durch den Islam drohende Gefahr auf dem deutschen Kolonialkongreß 1905 bereits Gegenstand lebhaftester Erörterungen ge- wesen ist. Direkt mit dem Thema beschäftigten sich der Vortrag des Pastors Julius Richter: „Der Islam, eine Gefahr für unsere afrikanischen Kolonien“ und der Vortrag des Provinzialoberen Dr. Josef Fro- berger: „Welches ist der Kulturwert des Islam für koloniale Entwicklung?'" Indirekt wurde das Thema auch durch den Vortrag des Professors Meinhof: „Die Bedeutung des Studiums der Eingeborenensprache für die Kolonialverwaltung“ berührt. Die Vorträge gaben Anlaß zu lebhafter, sehr interessanter Diskussion. Man war im wesent- lichen darüber elnig, daß als bestes Mittel zur Abwehr die Einführung der deutschen Sprache als Unterrichts= und Umgangssprache anzusehen sei. Im Anschluß an die Diskussionen wurden in den Sektionssitzungen folgende Resolutionen gefaßt: 1. „Das Studium der Eingeborenensprache ist allen Regierungsbeamten auf das dringendste zu empfehlen. Besonders tüchtige Lelstungen sind zu prämiieren. Daneben ist dahin zu wirken, daß in allen Kolonien das Deutsche unter den Eingeborenen möglichste Verbreitung finde."“ 2. „Der deutsche Kolonialkongreß 1905 wünscht dringend, daß in den afrlkanischen Kolonien dem Islam und insbesondere der Ausbreitung der arabischen Kultur und Sprache in keiner Weise Vorschub geleistet werde, daß demselben im Gegenteil durch eine starke deutsch-christliche Kultur ein Gegen- gewicht geschaffen werde.“ Die letztere Resolution wurde auch als Plenar- resolution gefaßt.