781 Aus dem Berriche der Missivnen und der Antisklaverei- Bewegung. Missionswoche in Dervnhut. Vom 15. bis 19. Oktober d. Is. fanden in Herrnhut, dem ältesten Sitz deutscher evangelischer Missionstätigkeit, Missionsversammlungen größeren Stils statt. Diese seit 1900 zum dritten Male tagende Missionswoche wurde von den 21 deutschen Missionskonferenzen veranstaltet und hat zahlreichen Besuch aus allen Teilen Deutschlands aufzuweisen. Als sachkundigste Berater waren auch diesmal Missionare aus allen Gegenden der Erde zugegen, darunter nicht wenige aus unseren Kolonien. Die Brüdergemelne, in der auf kleinstem Raum ein überraschendes Maß weltumspannender Interessen vereinigt ist, nahm das lebhafteste Interesse an den Verhandlungen. Diese suchten an der Hand plan- mäßig ausgewählter Referate einen Überblick über das gesamte Missionswerk der Gegenwart zu geben, wobei die Arbeit der deutschen Gesellschaften und die gerade im Vordergrund des allgemeinen Interesses stehenden Gebiete bevorzugt wurden. Aus der Reihe der gehaltenen Vorträge sei zuerst der des Missionars Kunze aus Tsingtau hervorgehoben. und die Missionsschule. Noch stärker berührte der vom Direktor der Orientmission Dr. Lepsius gehaltene Vortrag über Mission und Islam die kolonialen Interessen. Der soeben von einer größeren Reise durch den Orient zurückgekehrte Redner entwarf ein anschau- liches Bild von dem zwischen dem christlichen Europa und seinen hauptsächlichsten Missionsgebielen Er behandelte das neue China der 25 Gesellschaften vertreten waren, ist als erster Schritt auf diesem Wege zu bezelchnen. Hatten diese Vorträge nur mehr oder weniger zahlreiche Berührungspunkte mit unserer Kolonial- politik aufzuweisen, so lenkte Lic. Trittelvitz, der Leiter der evangelischen Missionsgesellschaft für Deutsch-Ostafrika, die ihren Sitz kürzlich von Berlin nach Bethel bei Bielefeld verlegte, die Blicke aus- schließlich auf unser größtes Kolonialgebiet. Er be- sprach Deutsch-Ostafrika als Missionsfeld. Da die Besiedelung durch Weiße nur in gewissen Teilen dieses Geblets möglich ist, kann seine Erschlleßung und Entwicklung nur mit Hilfe der Eingeborenen geschehen, und diese müssen hierfür erzogen werden. Die Mission bietet sich freiwillig als eine der hier- bei in Betracht kommenden Erzieherinnen an. Ein Überblick über die in Deutsch-Ostafrika vorhandenen Missionsstationen, den Arbeiterstab, die eingeborenen Christen, Schulen und Schüler zeigte, daß die beiden christlichen Konfessionen hier ungefähr gleich stark vertreten sind. Für die Einzelheiten kann auf die Beilagen zu Nr. 1 und 14 des Deutschen Kolonial- blattes verwiesen werden. Ihre Arbeitsfelder schieben sich vielfach ineinander hinein, nur der Nordwesten ist fast ausschließlich von der katholischen Kirche besetzt; die evangelische Mission ist von dort fern geblieben, da jene vor ihr daselbst eintrat. Die gesunderen und besser bevölkerten Berg- länder sind von der Mission größtenteils besetzt. Wenn auch die evangelischen Missionare ihrer kirch- lichen Stellung und Nationalität nach verschieden liegenden mohammedanischen Block und zeigte hierauf, daß der Islam noch immer eine starke Ausdehnungs- kraft an den Tag legt. Das missionierende Christentum wird hier vor ein besonders schwieriges Problem gestellt. Es ist zwar bisher nicht ganz am Moham- medanismus vorübergegangen, hatte aber in seinen Ursprungsländern nur geringe Erfolge aufzuweisen. Günstiger sind die Aussichten der Mission unter den ehemaligen Heidenvölkern, die erst in neuerer Zeit vom Islam erobert wurden, oder wo die christlichen Missionare mit den Sendboten des Mohammedanismus zusammentreffen. Ein Vertreter der Rheinischen Mission konnte das mit den Erfahrungen seiner Gesellschaft in Niederländisch-Ostindien bestätigen. Günstige Aus- sichten für die Zukunft ergeben sich aus der Tat- sache, daß von den 233 Millionen Mohammedanern jetzt 161 unter christlicher Herrschaft leben. Groß- britannien hat 92 Millionen mohammedanischer Unter- tanen, Frankreich und Holland je 29, Rußland 16; auch Deutschland ist in seinen afrikanischen Be- sitzungen hieran beteiligt. Dr. Lepsius betonte, daß zu einem kraftvollen Betrieb der Mohammedaner-= mission ein Zusammenschluß der in Betracht kommen- den Missionsgesellschaften und eine besondere Vor- bildung der Missionare nötig sei. Die im April dieses Jahres in Kairo veranstaltete Konferenz, bei sind, so besteht doch das beste Einvernehmen unter ihnen. Wo ihre Gebiete sich berühren, findet eine brüderliche Auseinandersetzung und Grenzregulierung statt. Der Vortragende, der vor einiger Zeit eine Vlsitatlons= und Studienreise nach Ostafrika unter- nahm, charakterisierte hier die einzelnen Missions- gesellschaften nach ihrer Elgenart. Die Berliner Mission hat, wie er soagte, das Bestreben, nach den in Südafrika gemachten Erfahrungen die Einge- borenen auf eigenem Besitz anzusiedell. Im Arbeiterpersonal der Brüdergemelne ist eine wohl- gelungene Mischung von lehrenden Missionaren und Laienbrüdern zu erkennen. Die Leipziger Mission im Dschaggalande und den dem Kilimandscharo benachbarten Bergländern hat das Volksschulwesen am besten entwickelt, in der Untversitätenmission dagegen findet man schon ein mehrfach gegliedertes höheres Schulwesen usw. Zuletzt entwarf der Redner ein anschauliches Bild von der Tätigkeit seiner eigenen Gesellschaft in Usambara. Aus diesem Tell des Berichts sei nur noch eine Mitteilung hervorgehoben, welche die kulturelle Be- deutung der Mission beleuchtet. Die in Hohen- friedeberg und Umgebung wohnenden christlichen Eingeborenen wollen demnächst unter Anleitung ihrer Missionare eine nur aus ihrem Kreis zu be- schickende landwirtschaftliche Ausstellung veranstalten.