In dieser Beziehung kann Britisch-Südafrika uns ein Beispiel und Muster sein. Die Kapkolonie, welche sich bekanntlich zur Zeit in einer großen wirtschaftlichen Depression befindet und deren Finanzlage zur Zeit nichts weniger als glänzend ist, baut angenblicklich drei Bahnen, welche ledig- lich den Zweck haben, die rein landwirtschaftlichen Distrikte der Karoo und des kleinen Namagqua- landes zu erschließen. Es sind dies Bahnen, welche von De Nar nach Priska gebaut und von da weiter nach Kenhardt und Upington projektiert sind, ferner von Hutchinson nach Kanarvon und von Malmesbury und Endekuil nach Klein- Namaqualand führen sollen. Erst wenn die Transportkosten auf ein vernünftiges Maß herab- gemindert sind, kann der Farmer diejenigen land- wirtschaftlichen Maschinen und Geräte beziehen, welche eine ordentliche und rentable Wirtschaft ermöglichen. II. Eerklärungen des Oberstleutnants Quade in den Sgitungen der Kommission vom 6. und 7. Dezember. Meine Herreu! Nachdem gestern der Herr Gouverneur v. Lindequist in seinen ausführlichen Darlegungen mehrfach auch auf die militärische Lage im Schutzgebiet im allgemeinen eingegangen ist, beschränke ich mich auf eine Beleuchtung der gegenwärtigen militärischen Lage in Süd- westafrika. Es konnte für denjenigen, der die wenig beneidenswerte Aufgabe hat, die Ihnen gegenwärtig vorliegenden Forderungen für die Schutztruppe von Südwestafrika vertreten zu müssen, natürlich kein Zweifel sein, daß die erste Frage sein würde: ja, wie lange soll denn der Krieg noch dauern, obwohl längst festgestellt ist, daß kaum noch 300 Hottentotten im Felde stehen? Meine Herren! Die anscheinend geringe Zahl des Gegners ist in den letzten Tagen in den Ver- handlungen im Plenum und in der Presse beinahe ins lächerliche gezogen worden. Es ist anschließend an diese Betrachtungen überhaupt bezweifelt worden, ob im Süden des Schutzgebietes noch der Krieg als vorhanden angesehen werden könnte. Die selten schweren Verluste, die gerade in letzter Zeit eingetreten sind, beweisen leider das Gegen- teil und stimmen sehr ernst. Wenn bei einem Angriff der Hottentotten auf eine Verpflegungs- kolonne bei Uchanaris 6 Leute gefallen, 5 ver- wundet worden sind und von keiner ist, der nicht drei Schuß im Leibe hat, dann sollte man doch glauben, erkennen zu müssen, daß jetzt der Kampf besonders intensiv geführt wird. Gerade das heiße Ringen der Hottentotten um den Besitz von Wagen und Berpflegung be- den Gefallenen 16 20 weist doch, daß sie jetzt die Verzweiflung zum Kampfe treibt, daß sie nicht mehr wissen, wie sie ihr Leben fristen sollen. Das aber berechtigt nach meinem Ermessen zur Hoffnung, daß bald eine Entscheidung zu erwarten steht. Meine Herren! Angesichts der ungeheueren Opfer, welche die Niederwerfung des Musstandes dem Vaterlande auferlegt hat, lastet die Sorge für die baldige Beendigung des Krieges ganz be- sonders schwer auf demjenigen, der für die Leitung der Operationen verantwortlich ist: das ist der Chef des Generalstabes der Armee. Ich brauche daher den Herren nicht erst zu entwickeln, daß diese Frage unausgesetzter Gegenstand der ein- gehendsten Erwägungen des Cheis des General- stabes der Armee gewesen ist und ganz besonders die Frage, ob es möglich sein würde, die Opera- tionen einzustellen, die Grenzpunkte nur mit kleinen, festen Stationen zu halten und alle Truppen aus dem Gebiet etwa südlich der Linie der Kleinen und Großen Karasberge herauszuziehen. Nach Rücksprache mit den erprobtesten Kennern des Kriegsschauplatzes im Süden, der Kriegführung der Hottentotten und der Eigenartigkeit des Ge- ländes ist der Chef des Generalstabes der Armee aber zu dem Entschluß gekommen, daß auch in diesem Kriege — noch mehr wie in jedem anderen — nur der am Feind befindliche Führer eine solche Frage richtig beurteilen kann, und für diesen Entschluß — nicht vom grünen Tisch aus durch einen Befehl in die Kriegführung draußen eingreifen zu wollen — kann man dem Chef des Generalstabes der Armee nur dankbar sein. Es versteht sich von selbst, daß dem Obersten v. Deimling alle Umstände, die eine baldige Beendigung des Feldzuges in dieser oder jener Richtung wünschenswert machen, und die unbedingt gebotene Verringerung der Kosten des Krieges bekannt gegeben worden sind, als man sein Urteil über die Möglichkeit eines derartigen weiteren Verfahrens in der Kriegführung einholte. Die Antwort des Obersten v. Deimling gipfelte in der Meldung, daß ein Aufgeben des Kampfes und Zurückziehen der Truppe gleichbeden- tend mit der völligen Preisgabe des Südens sei und die Gefahr des sofortigen stärkeren Wiederaufflammens der Aufstandsbewegung in sich berge. Der Gegner würde das Aufgeben des Südens als Schwäche erkennen und sich für un- bezwinglich halten. Tatsächlich liegen aber die Verhältnisse angen- blicklich auch so, daß eine baldige Nieder- werfung des Aufstandes zuerhoffen ist, und ich kann nur noch hinzufügen, daß nach mir zu- gegangenen Nachrichten Oberst v. Deimling an dieser Hoffnung im gegenwärtigen Moment ganz besonders festhält.