W 24 land: unglücklicherweise befindet sich hier ein 70 bis 100 Kilometer breiter Landstreifen, der es verhindert, daß man von der Küste in das Land hineinkommen kann, infolgedessen konnte der Weg dahin nur zurückgelegt werden entweder vom Süden aus durch das Kapland über den Oranjefluß oder — nach den 50er Jahren — von der Walfischbai aus, vom Norden her, durch das Tal des Swakop über Otjimbingne und Windhuk. Der Weg von der Lüderitzbucht aus ist eine Sandwüste, der nur mit Gefahr des Verlustes des Zugviehs und des Verdurstens der Reisenden betreten werden kann. Die ersten wissenschaftlichen Reisenden, auch die ersten Missionare aus London und von der Rheinischen Mission — zu den letzteren gehörte auch mein seliger Vater — sind vom Süden her hinein- gekommen. Später fuhren die Missionare und Händler vielfach vom Kaplande herauf nach Walfischbai und traten vom Norden her in das Land hinein. Das ist die einzige Ursache, weshalb das Land so zurückgeblieben ist. Es ist geradezu eine Ironie des Schicksals, daß an dieser Küste, von der man nicht in das Land hineinkommen kann, einer der besten Häfen Südafrikas sich besindet, die Lüderitzbucht. Aber der breite Sandgürtel macht es eben unmöglich, in das Land hineinzukommen, und ohne glatte Ver- bindung mit der Küste, ohne eine leichte Ver- bindung mit der Außenwelt ist in den über- seeischen Gebieten eine Kolonie absolut ent- wicklungsunfähig; wenn nicht eine Verbindung zur See besteht, ist mit dem Lande nichts an- zufangen; ohne eine solche Verbindung wird das Namaland bleiben, was es ist, ein von Ansiedlern gemiedenes Land, aus welchem aber dasselbe gemacht werden könnte, was im Kapland aus der Karoo gemacht worden ist. Der mittlere Teil von Südwestafrika, das Hereroland, ist vom Namaland durchaus ver- schieden; dort gibt es Graswuchs, und es wachsen dort auch sehr viele Bäume, daher ist es be- sonders für die Viehzucht geeignet. Ich weise hierfür auf das hin, was in den Berichten der englischen Kommissare sich findet über den Viehreichtum des Landes, und möchte nur einige wenige Angaben machen aus meinen eigenen Erfahrungen. Bis vor 25 Jahren wurde regelmäßig das Vieh nach dem Süden von Kapland gebracht über Groß-Namaland. Dort wurden in der Nähe von Kapstadt regelmäßig Auktionen des Damara= landviehes abgehalten. Der Bauer kaufte das Vieh und trieb es einige Monate auf die Weide, und dann wurde es als Schlachtvieh in den Städten und Dörfern des Kaplandes verkauft. Afrikaner, * Bis zu der Zeit, als der Bau der Eisenbahn nach dem Freistaate zu ausgeführt wurde, kam viel Vieh von dort her nach dem Kaplande, weniger von Damaraland, weil dort der Jonker der räuberische Häuptling der Hotten- totten, es unmöglich machte, daß die Zufuhr sich regelmäßig vollziehen konnte. Zu jener Zeit ging das Vieh nicht mehr nach dem Süden, sondern nach Transvaal. Es gab eine ganze Menge Händler, welche das Vieh aufkauften, es hinüber- trieben nach Trausvaal, und dort wurde es ver- kauft. Viele haben häufig diesen Rundgang ge- macht. Der Herr Gouverneur v. Lindegquist wird sich besonders des Herrn Schmerenbeck in Windhuk erinnern, der dort noch heute wohnt. Ich habe ihn öfter getroffen, und er hat mir über die Verhältnisse in den durchreisten Ländern sehr wertvolle Aufschlüsse gegeben. Vor etwa vier Jahren habe ich dann in Windhuk einen Herrn Riesle aus dem Betschnanalande getroffen. Dieser hatte 500 Ochsen gekauft und ließ sie hinübertreiben nach Mafeking in dem Betschuana- lande. Die Sache hat auf mich einen großen Eindruck gemacht. Am Kap haben wir auch eine Fleischnot, und zwar viel bitterer, als wie sie augenblicklich in Deutschland nach den An- gaben der Zeitungen bestehen soll. Unsere Fleisch= not besteht darin, daß wir jetzt 80 bis 100 Pro- zent mehr für gefrorenes Fleisch zahlen müssen. Durch den Burenkrieg ist der Viehbestand in der Kolonie ungeheuer reduziert worden. Nach meiner Rückkehr traf ich den Direktor einer großen Fleisch- versorgungsgesellschaft, der mir sagte, daß damals monatlich ins Kapland an gefrorenem Fleisch eingeführt wurden: 70 000 Schafe und 8000 Ochsen, wofür ein hoher Preis gezahlt wurde. Ich machte darauf aufmerksam, daß es wohl der Mühe wert wäre, zu sehen, ob es nicht möglich sei, den früheren Viehhandel von Damaraland nach dem Kapland wieder ins Leben zu rufen. Ich veranlaßte ihn, einen Vertreter nach Deutsch- Südwestafrika zu schicken, um das Land auszu- kundschaften, wie es dort mit dem Viehbestande bestellt sei. Dieser Vertreter kam nach 3 bis 4 Monaten zurück und berichtete, daß die Menge von Vieh nach der großen Rinderpest noch nicht derart sei, daß man daran denken könnte, so große Massen wieder nach Kapstadt zu bringen, wie es früher der Fall war. Zudem glaubte er, daß Leben und Eigentum nicht so sicher sei, um größere Anlagen zu machen. Ich bin aber der festen Uberzeugung, sobald wieder die Vieh- zucht auf der Höhe steht wie früher, dann brauchen wir nicht Sorge zu tragen, wohin das Vieh ver- kauft werden kann; an Käufern wird es aufs allen Seiten genug geben, die werden aus ganz Südafrika nach Damaraland kommen.