W 26 20 welche minderwertig ist und gar nicht benutzt wird; bloß im Osten Südafrikas ist bis jetzt Kohle gefunden worden; aber es ist nicht ausgeschlossen, daß auch im Caprivizipfel und in Deutsch-Südwest noch einmal Kohle gefunden wird. Außer den Mineralien, Pflanzen und Tieren gibt es aber in Deutsch-Südwestafrika auch Ein- geborene. über die Eingeborenenfrage hat man in Übersee gemeiniglich eine andere Ansicht als in Deutschland. Wenn ich mir dazu einige Be- merkungen gestatte, so bitte ich diese nur als meine persönliche Ansicht aufzufassen; es ist aber eine Ansicht, die in Südafrika von den meisten geteilt wird; hier wird diese Ansicht nicht von jedermann geteilt werden: der Eingeborene ist ein anspruchsloser Mensch, er macht wenig An- sprüche an das Leben, wenn er für sich allein lebt, und er sieht gar nicht ein, warum er über- haupt arbeiten soll, denn er hat keine Bedürfnisse zu befriedigen. Aber wenn er mit dem Weißen in Berührung kommt, dann lernt er dessen Be- dürfnisse kennen: der Weiße raucht Tabak, trinkt alkoholische Getränke und hat gute Kleider, auch viel Vieh; das möchte er nun auch haben; arbeiten hat er nicht gelernt, und daher ent- stehen die Diebereien und Ränbereien! Von allen Eingeborenen Südafrikas sind die Hotten- totten in dieser Beziehung am verrufensten. Die Engländer haben sich dadurch zu helfen gesucht, daß sie in früheren Zeiten mit diesen Leuten, an der Grenze, besonders mit den Bondelzwarts, Verträge schlossen, ihnen einige hundert Pfund jährlich zahlten, um sie von den Ränbereien ab- zubringen. Mit den Korannas wollte es gar nicht gehen: die haben die Buren belästigt, und es war unmöglich für die dortigen Ansiedler, vorwärts zu kommen; gegen diesen Stamm wurde daher ein Vernichtungskrieg geführt und nur wenige sind davon übrig geblieben. Nun wird die Behandlung der Eingeborenen seitens der Engländer als vorbildlich dargestellt, und ich glaube, mit Recht: denn, so strenge der Engländer gegen Rebellen vorgeht und so rück- sichtslos er die Kriegsgefangenen behandelt und sie jahrelang bei öffentlichen Arbeiten verwendet und nachher in Reservate steckt, so werden sie doch überall zur Arbeit angehalten, und das ist die erste Pflicht, die der weiße Mann dem Ein- geborenen gegenüber hat. Die Engländer haben hier große Erfolge gehabt; ich bin sehr oft im östlichen Teile der Kolonie gewesen und habe gesehen, wie besonders ein Stamm, die Fingos, sich dort tatsächlich herausgearbeitet hat: viele von ihnen leben in besseren Wohnungen und in größerem Wohlstand als zahlreiche Arbeiter in unseren Industriebezirken. Sie haben dies nicht durch Räubereien erreicht, sondern durch Arbeit erworben! Der Eingeborene muß behandelt werden wie ein Kind, und ein gewisser Zwang und Druck ist darum unerläßlich, und das geschieht auch von seiten der englischen Regierung: der Eingeborene ist entwaffnet; einige Stämme, wie im Freistaat, müssen um 9 Uhr zu Hause sein und dann zu Bett gehen; die Leute dürfen sich ohne Paß nicht draußen zeigen; sie werden aber gegen Alkohol geschützt: der darf ihnen nicht verkauft werden. Das Ergebnis dieser Politik ist, daß die Eingeborenen nach der Einführung des europäischen Regiments nicht etwa ausgerottet worden sind, sondern sie haben sich unter diesem englischen Regiment vermehrt. Meine persönliche Meinung geht dahin, daß es wünschenswert wäre, dan auf deutschem Gebiet dieselbe Politik Platz greifen möchte wie auf dem englischen. Der Eingeborene ist so klug, daß er den Unterschied bald merkt, und es hat immer seine unangenehmen Folgen, wenn er aus deutschem Gebiet auf das englische übergeht und das englische System gegen das deutsche ausspielt, — oder auch umgekehrt. Der Eingeborene muß wissen, daß er hier wie dort dieselbe Behandlung erfährt, und daß der weiße Mann sein Herr ist. Das ist er kraft seiner höheren Intelligenz: der weiße Mann ist sozusagen das Resultat einer zweitansendjährigen Entwicklung; wir können uns nicht mit den afrika- nischen Eingeborenen auf gleiche Stufe stellen, die teils Kannibalen, teils Semikannibalen sind, oder deren Bäter es noch waren. Wir müssen den Leuten eine Evolution gönnen, die immerhin einige Generationen dauern wird, damit sie auf eine höhere Stufe kommen; das bloße Singen eines Psalmes, das Hersagen eines Gebetes bringt die Leute noch nicht auf die Stufe, auf der wir stehen! Vor allem kommt es also auf die Erziehung zur Arbeit an. Man spricht viel davon, die Kolonien sollten aufgegeben werden; aber sollte Deutschland sich dieser letzteren entschlagen wollen, an die Eingeborenen könnten sie ganz gewiß nicht zurück- gegeben werden; die Engländer könnten es nicht dulden, und von ihnen würden die Länder be- setzt werden. Ich glaube aber nicht, daß es dazu kommen wird; ich bin vielmehr der Über- zeugung, es wird doch noch eine Zeit kommen, daß Deutschland eine Freude an der Ent- wicklung seines Schmerzenskindes Süd- westafrika haben wird, wenn erst eine direkte Verbindung von Lüderitzbucht ins Herz von Namaland hergestellt ist. Dann wird das Namaland in Bälde in die Reihe der produ- zierenden Länder Südafrikas eintreten.