G 52 20 (6. B. Gesindeordnung) zur Tätigkeit berufen ist. „Gefahren“ sind Zustände, welche die Besorgnis begründen, daß sie einen Schaden herbeiführen werden. Bloße Nachteile, Störungen oder Belästi- gungen sind keine Gefahren im Sinne der Vorschrift. Nur erhebliche Gefahren erfordern ein poli- zeiliches Einschreiten. Sie müssen „bevorstehend“, d. h. nach verständigem Ermessen zu befürchten sein, und es reicht weder eine bloß mögliche, in weiter Ferne liegende Gefahr aus, noch ist eine unmittelbar bevorstehende Gefahr Voraussetzung. 2a. Soweit die Polizei zum Schutze des Strafrechts mitberufen ist (s. Nr. 1), ist sie ein Hilfsorgan der Bezirksrichter, des Oberrichters und der Staatsanwaltschaft, bzw. der Militärgerichte und hat deren Ersuchen zu erledigen (vgl. §§ 2, 3, 6 Nr. 2 des Schutzgebietsgesetzes, § 56 des Gesetzes über die Konsulargerichtsbarkeit, § 5 der Kaiserlichen Verordnung, betreffend die Rechts- verhältnisse in den deutschen Schutzgebieten, vom 9. November 1900, § 153 des Gerichtsverfassungs- gesetzes; ferner §§ 153 bis 155, 161 der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898). Im einzelnen ergeben sich die Befugnisse und Obliegenheiten der Polizei auf dem Gebiete der Straf- rechtspflege der ordentlichen Gerichte, namentlich hinsichtlich der Feststellung des Tatbestandes, der Befugnis zu Vernehmungen, Beschlagnahmen und Durchsuchungen, Berhaftungen und vorläufigen Festnahmen aus der Strafprozeßordnung (vgl. insbesondere §§ 156 ff., § 94, 85.112 f..), sowie aus den im Schutzgebiet eingeführten, dieselbe ergänzenden Gesetzen (z. B. Preßgesetz vom 7. Mai 1874, Reichs-Gesetzbl. S. 65). Gewisse Besonderheiten, die für das Schutzgebiet bezüglich der Festnahmen durch die weite Entfernung mancher Dienststellen von dem zuständigen Gerichte bedingt werden, behandelt der Runderlaß vom 17. April 1903 (III. Nachtrag zur L. G., S. 21). 2b. Die Polizeibehörden sind ferner an der Strafrechtspflege insofern mitbeteiligt, als sie Ülbertretungen gegen die Strafgesetze und Strafverordnungen im Wege polizeilicher Strafverfügungen ahnden, vorbehaltlich des Antrags des Beschuldigten, auf gerichtliche Entscheidung (für die Schutz- gebiete jetzt durch die §8§ 23 bis 28 der Kaiserlichen Verordnung geregelt). Die polizeilichen Strafverfügungen unterscheiden sich einerseits von den Polizeiverfügungen dadurch, daß letztere erst Gebote und Verbote schaffen, die dann mit Zwangsmitteln, einschließlich Strafenzwanges, durchgesetzt werden, anderseits von den im § 15 des Schutzgebietsgesetzes erwähnten „polizeilichen und sonstigen die Verwaltung betreffenden Vorschriften“ dadurch, daß diese in Ergänzung der bestehenden Gesetze neue Rechtsnormen schaffen, — wogegen die polizeilichen Strafverfügungen die Nichtbefolgung vorhandener Rechtsnormen ahnden. Polizeiverfügungen und „polizeiliche Vorschriften“ im Sinne des § 15 des Schutzgebiets- gesetzes unterscheiden sich ihrerseits dadurch, daß die ersteren konkrete Fälle regeln wollen, diese letzteren abstrakte, objektive Rechtsnormen schaffen (weshalb diese Befugnis auch lediglich dem Reichs- kanzler und den von ihm durch die Verfügung vom 27. September 1903, Kol. Bl. S. 509, Nachtr. II zur L. G. S. 44, ermächtigten Beamten vorbehalten ist). 3. Auch abgesehen von der Verfolgung strafbarer Handlungen (Nr. 2) ist die Polizei berechtigt, Personen in polizeiliche Verwahrung zu nehmen, sobald deren eigener Schutz oder die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung dies dringend erfordert (z. B. wenn ein Betrunkener auf der Straße selbst gefährdet erscheint oder andere gefährdet). In solchen Fällen muß jedoch spätestens im Laufe des folgenden Tages die Freilassung erfolgen, sofern nicht hinterher der Verdacht einer schweren Straftat sich herausstellt, deshalb unter Berücksichtigung des Runderlasses vom 17. April 1903 (s. oben Nr. 2a a. E.) eine weitere Festhaltung angezeigt erscheint und das zur Uberweisung an das Gericht Erforderliche veranlaßt wird. Ebenso sind die Beamten der Polizei, falls dies aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung unbedingt notwendig erscheint, auch in anderen als den in der Strasprozeßordnung vorgesehenen Fällen befugt, in eine Wohnung einzudringen, z. B. wenn deren Beschaffenheit gefahr- drohend ist oder es sich darum handelt, ein Verbrechen zu verhüten.