W 127 20 Ein Berliner Blatt („Morgenpost“) ver- offentlichte am 7. August 1905 das nachstehend mit wenigen Auslassungen wiedergegebene Schreiben: „Hoffentlich habt Ihr mein letztes Schreiben ans Hafuur erhalten, worin ich von dem Gefecht schrieb. Wir sind immer noch nicht fertig mit den Hottentotten, und wer weiß, wie lange es noch dauert, und was uns die Zukunft bringt. Trotzdem die Hottentotten in vielen Gefechten geschlagen sind, leisten sie noch den heftigsten Widerstand. as Land ist hier für den Krieg so un- günstig, wie man sich in Deutschland gar nicht denken kann, überall ungehener ausgedehnte Steppen und Gebirge. Das Gebirge, woraus sie so lange nicht herauszukriegen waren, ist so zerklüftet, zerrissen und steil, daß es nur wenige Pfade gibt, die gangbar sind. Dann ist es ganz unbekannt, denn es gibt Stellen, die noch keines Weißen Auge gesehen hat. Dagegen die Hottentotten kennen jeden Schlupf- winkel. Die Kalahari-Wüste ist nicht so wüst, wie man gewöhnlich annimmt, sondern nur uns Weißen unbekannt. Daher können wir den Hottentotten nicht weit folgen. Denkt Euch eine ungeheure, unendliche, leichter und stärker gewellte Fläche; am größten hat diese Ahnlich= keit mit dem Meer, wenn Sturm ist; lanter Sandwellen, bis 50 Meter hoch und noch höher, bis 100 Meter. Überall steht bis meter- hohes Gras, Sträucher und niedrige Bäume, alles dornenartig. Große Mengen wilde Kür- bisse und Gurken wachsen überall. Diese Früchte sind sehr zweckmäßig für diese Wüste, denn sie sind so wasserhaltig, daß man damit Hunger und Durst stillen kann. Es gibt auch einige uns unbekannte Wasserstellen. Dann ist die Tierwelt sehr zahlreich vertreten. Alle Sorten, von der Maus bis zum Kudn und Jebra; Erdeichhörnchen, Hasen, Erdschweine, Steinböcke — so groß wie unsere Rehe, auch olche Farbe — Springböcke, eselgroß, große Antilopen, Gemsböcke, Spießböcke, Hariebeester, Wildebeester, Kudus, letztere so groß wie Rinder, Zebras, wilde Esel, verwilderte Pferde, dwen und Panther. Am meisten gibt es Eidechsen und Schlangen in allen Größen und gürben. Ich habe schon eine ganze Menge on diesem Gezücht totgeschlagen. Bögel gibt es so viel, daß es nunmöglich wärc, sich eine Zahl zu denken, Milliarden über Milliarden, Strauße, Adler, Geier, Trappen, größer als Gänse, usw. ppen, groß Win dir haben jetzt den Rand der Kalahari- 1 uͤste besetzt und lassen die Hottentotten nicht nehr heraus. Die Regenzeit ist jetzt vorbei, und das in Menge vorhandene Wasser ver- dunstet wieder rasch. Wir kommen jetzt näm- lich in die trockene, kalte Zeit, den südlichen afrikanischen Winter. Es ist kaum glaublich, was für eine Kälte hier ist. In der Nacht friert sogar das Wasser. Die Sonne steht mittags so steil, wie bei uns in Deutschland im Hochsommer, und trotzdem friert man im gefütterten Mantel mittags. Tag und Nacht kein Wölkchen am Himmel. Die Sterne leuchten so klar, daß es ziemlich hell ist. In der Nacht überhaupt ist die Luft so klar, daß man ungeheure Strecken weit sehen kann. Berge, die 150 Kilometer weit sind, kann man mit bloßem Auge erkemnnen. Wir müssen das Wasser stundenweit holen auf Trageseln und Blechkannen; es ist so knapp, daß es kaum zum Essen und Trinken ausreicht. Wenn man sich alle 14 Tage wäscht, ist das sehr oft. Wir sehen schon meistens so aus wie die Hottentotten, ganz verbrannt und dreckig im Gesicht, gelblich-braun. Aber das macht nichts. Hauptsache ist, daß wir genng zu essen und trinken haben und gesund sind. Ja, das Klima ist trotzalledem mir sehr zuträglich, denn ich bin gerade so dick wie in Deutschland.“ In einem Soldatenbrief, den die „Tägliche Rundschan“ vom 8. April 1906 mitteilt, heißt es voll Begeisterung: „Nun will ich mal mein Denken über Afrika aussprechen. Wenn ich Euch schreibe, wie es hier zugeht, da denkt Ihr immer, daß es so sehr schlecht ist in Afrika, aber wenn man es von der anderen Seite be- trachtet, so ist es wunderschön. Wenn man auf einem guten Pferde so über die Ebenec hinfliegt oder in die Berge kommt, wo sich wundervolle Schluchten dem Auge dar- bieten (nur daß in solchen Schluchten gar zu oft das Verderben lauertl!), oder wenn man zum Beispiel auf einem Berge zur Nacht Posten steht, über sich den afrikanischen Himmel in seiner Sternenpracht und den hell leuchtenden Mond, unter sich am Fuße des Berges blickt man auf die ruhenden Kameraden. Solch ein Anblick hebt einen über die Wirklichkeit hinweg und versetzt uns ins Märchenland.“ Dann geben wir zwei Geistlichen das Wort, die als Feldprediger in Südwestafrika tätig waren, der evangelische Pfarrer Schmidt und der ka- tholische Pater Ziegenfuß. Der Erstgenannte erzählt die folgenden ergreifenden Erlebnisse aus dem furchtbaren Kampf im Aub--Rivier (1. bis 4. Jannar 1905): „Der Major mit dem Schuß in den Unter- leib liegt hier und leidet entsetzliche Qualen auch vor Durst. Er ruft mich — erzählt