GV 138 20 ohne Beeinträchtigung gewährleistet, so brauchte niemand Kolonien. Aber die volkswirtschaftliche Entwicklung der letten Jahrzehnte hat gelehrt, daß der nationale Gedanke gerade auf der Grundlage neuerer Entwicklungstendenzen zu einem viel stärkeren Leben erwacht ist, als er es je vorher war. Der Welthandel wird heute mehr als je- mals durch solche nationalen Tendenzen einzelner Länder beeinflußt. Es braucht nur an die Politik der Vereinigten Staaten, an die Mac Kinley-Bill mit ihren Folgen er- innert zu werden; es braucht nur erinnert zu werden an die Maßnahmen, die der australische Bund zur Beförde- rung des englischen Handels und der englischen Schiff- fahrt unter der Beeinträchligung des Handels und der Schiffahrt anderer Länder trifft. Diejenige Nation wird von solchen Einschränkungen am meisten betroffen, deren Welthandel und Weltschiffahrt sich am meisten entwickelt hat. Diese Nation ist Deutsch . Die temuunis der hier skizzierten Tatsachen ist bei allen Kulturvölkern gleichzeitig aufgetreten und hat die- selbe Folge gehabt, nämlich den Ubergang zur Kolonial- politik. Bei allen Kulturvölkern der Gegenwart ist diese Erkenntnis in den politischen Kreisen durchgedrungen, nur bei uns nicht. Und doch ist Deutschland dasjenige Land, welches für Kolonialpolitik am meisten prädestiniert ist. Die Ausdehnung unseres überseeverkehrs spricht zu- nächst dafür. Wir besitzen ferner, abgesehen von den Vereinigten Staaten, die größte jährliche Bevölkerungs- zunahme unter allen Völkern der Welt. Die deutsche Durchschnittsbildung ist erheblich höher als bei allen anderen Nationen; der Drang zur Ubersee-, zur Kolonial- betätigung ist bei den Deutschen uralt und hat die Kulti- vierung ganzer Erdteile, aber für fremde Rechnung, zur Folge gehobt. Eine Diskussion über die Nütlichkeit oder Notwendig- keit der Kolonialpolitik an sich dürfte ernsthaft überhaupt nicht mehr in Frage kommen: Sie hat nur die eine —. Folge, uns vor der Welt lächerlich zu machen und eine unter keinen Umständen mehr zurückzuhaltende Eni- wicklung zu verlangsamen. Es lohnt sich kaum, die Prinzipienreiter aus der Kolonialgegnerschaft durch Ziffern belehren zu wollen: immerhin redet die Steigerung der handelspoliti- schen, nach den Kolonien gehenden und von dort kommenden Werte eine deutliche Sprache. Wir haben im Gegensav zu anderen Nationen so gut wie keine Verkehrsmittel in unseren Rolonien geschaffen. Wir haben mit dem größten Widerstreben innerhalb Deutschlands arbeiten müssen; die Unternehmungslust har leinerlei Garantic dafür gehabt, daß ihre Anlagen einen Rückhalt finden würden, und doch haben alle Kolonien eine A ufwärtsbewegung zu verzeichnen, die nur durch Ignoran oder Böswilligkeit geleugne: werden kann. D Daß man in zwei Jahrzebnten Länder, welche viermal so groß sind wie das Deutsche Reich, nicht völlig erschließen kann, zumal dann nicht, wenn die gesesr gebende Körperschaft die NRegierungsanlagen nur tropfen- weise bewilligt, und wenn von irgendeiner Einheitlichkeir in der Kolonialpolitik infolgedessen nicht die Rede sein kann, das liegt doch auf der Hand. Mehr als beschämend ist es, wenn man in der unmittel- baren Nachbarschaft unserer eigenen Nolonien durch die Erfolge anderer in Kolonialpolitik erfahrener Staaten, die entweder unter ganz gleichen örtlichen Bedingungen oder sogar unter viel schlechteren in die Erschließung ihrer Kolonialgebiete eingetreten sind, beweisen muß, was aus jenen Gebieten zu machen ist. Die englische Uganda-Bahn, die alle deutschen Waren aus dem Gebiete des Viktoria-Sees an sich zieht, die un- geheuren Bahnanlagen Englands in Südafrika reden hier eine so deutliche Sprache, daß man sich schon beide Ohren verstopfen muß, wenn man sie nicht hören will. Das deuische Volk steht gegenwärtig an einem Scheide- wege. Erkennt es die volkswirtschaftlichen Grundlagen nicht, denen die Neuzeit ihre gesamte Gestalt verdankt, so werden andere Nationen unsere lachenden Erben sein. Verkehrs-Nachrichten. In Kondoa-Irangi, und am 1. Dezember 1906 eröffnet worden. In Atakpame (Togo) ist am 1. Jannar d. Js. Bezirk Mpapna (Deutsch-Ostafrika), ist eine Postanstalt eingerichtet eine Postagentur eingerichtet worden, deren Tätigkeit sich bezüglich des Postbetriebes auf die Annahme und Ausgabe von gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefsendungen, auf den Zeitungs-, Postanweisungs= und Nachnahmedienst, aui den Paketdienst im Verkehr innerhalb des Schutzgebiets und seit dem 11. Jannar auch auf den Telegraphendienst erstreckt. Die Worttaxe für Telegramme nach Atakpame ist dieselbe wie für die übrigen Anstalten des Schutzgebiets.