W 155 2e.0 von etwa 400 Millionen Francs genehmigt hat. Anßerdem haben verschiedene öffentliche Staats- institute den Kolonien Vorschüsse gemacht. Ein Teil der öffentlichen Anleihen ist mit Staats- garantie ausgestattet, nämlich für solche Kolonien, die eine eigene Gewähr nicht boten bzw. deren Anleihen ohne französische Staatsgarantie nicht untergebracht werden konnten. Dagegen sind 3. B. bedeutende Madagaskar-Anleihen und Tonkin-Anleihen ohne Staatsgarantie ausgegeben und haben zu verhältnismäßig günstigen Be- dingungen Unterkunft gefunden. Also auch in Frankreich hat man Eisenbahnen und dauernde Anlagen auf Anleihen gebucht, und man hat gerade so wie in England den Kolonien gestattet, den öffentlichen Kredit in Anspruch zu nehmen, und zwar teils mit, teils ohne Reichsgarantie. Die Fragen der Kolonialanleihen spielen gerade im gegenwärtigen Angenblicke wieder eine wichtige Rolle im Parlamente Frankreichs, und es ist unsere Sache, von der Auffassung und den Erfahrungen unserer Nachbarn zu lernen. Der Berichterstatter über das Kolonialbudget für 1907 in der französischen Kammer, Gervais, hat in seinem Referate den „Schulden der Kolonien“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Wir erfahren dar- aus, daß, ganz abgesehen von Algier und Tunis, die ja in der französischen Kolonialpolitik eine Sonderstellung einnehmen, die französischen Kolonien mehr oder weniger reichlich ihren Kredit für An- leihen in Anspruch nehmen. Sehr bemerkenswert ist das Räsonnement, das zu den statistischen An- haben gegeben wird. Die Kolonien, heißt es da, welche Anleihen ausgenommen haben, um ihr Gebiet zu erschließen und zu meliorieren, haben immer ein gutes Geschäft gemacht und in einem hegebenen Zeitpunkte durch Erhöhung der Pro- duktionskraft des Landes und seines Geschäfts- verkehrs ihre Rechnung gefunden — la compen- Sation de ses Sacrifices. Solche Anleihen seien bei richtiger Verwendung des Geldes lediglich als Wechsel auf die mehr oder weniger nahe bevor- stehende Entwicklung der Kolonie zu betrachten. Eine besondere Beachtung findet in Frankreich die zur Zeit dem Parlamente zur Genehmigung vorliegende neue Anleihe von 75 Millionen Francs für Tunis, deren Aufnahme in ähnlicher Weise wie andere neuere französische Kolonialanleihen sür Westafrika, Indochina usw. auf eine Reihe von Jahren, und zwar bis 1916, verteilt werden vol. Die Anleihe ist für öffentliche Arbeiten, Eisenbahnen, Hafenbauten usw. bestimmt, welche er Staat in Angriff nehmen will, da sich er- geben habe, daß sich die Kolonie unter der Herr- schaft der Privatinitiative für solche Unternehmungen löher zu langsam entwickelte. „Es ist unum- hänglich notwendig für die Kolonie“, heißt es in einem Räsonnement zu dem Anleihegesetz, „im Hinblick auf die Gefahr, zurückzubleiben und die wirtschaftlichen Schätze des Landes ungehoben zu lassen, rasch vorwärts zu schreiten. C'est pourquoi elle recourt à l’emprunt“. Die Privatunter- nehmung habe manches geleistet, aber nur der Staat könne die Kolonie völlig erschließen. „Der Staat“, heißt es weiter, „hat für sich billigeres Geld, die Raschheit in der Ausführung des Unternehmens und die Tatsache, daß bisher die Privatunternehmungen sich nur mit den allerbesten Projekten befaßten, diejenigen aber verschmäht haben, die erst nach längerer Zeit Gewinn bringen, für die Erschließung des Landes aber gerade die notwendigsten sind."“ Demnach ist das französische Schema das folgende: Die Kolonien genießen eine mäßige Autonomie unter der Bedingung, daß sie für ge- wisse Ausgaben einstehen. Die Kosten der mili- tärischen Verwaltung liegen zum Teil auf dem Kriegsbudget oder auf dem Kolonialbudget, d. h. es sind dies alles Ausgaben, die das Mutterland für die Kolonien leistet, ohne dieselben dafür in Anspruch zu nehmen. Das Kolonialbudget be- trägt für 1907: 109 Millionen Francs, wovon 91 Millionen Fraucs auf militärische Ausgaben kommen. Zusammen mit den Ausgaben des Kriegsbudgets für die Kolonien betragen die militärischen Ausgaben für die Kolonien 1907: 126 Millionen Francs. Der Anteil, den die Kolonien an diesen militärischen Ausgaben leisten, ist ein sehr geringfügiger, etwa 14 Millionen Frances, wovon 13 aus Tongking kommen. Auch diese Formel, angewandt auf die deutschen Kolonien, würde bei nahezu allen, und zwar auch bei Südwestafrika, in einer abmeßbaren Frist die lokale Selbstverwaltung ermöglichen, ohne welche, wie ich wiederhole, eine wirkliche Entwicklung unserer Kolonien nicht zustande kommen kann, weil einerseits das Interesse der Kolonien an dem eigenen Lande fehlt und anderseits eine Verwaltung von so langer Hand wie von Berlin nach dem Innern von Afrika unmöglich in jedem Falle das Zweckmäßige treffen kann, selbst wenn sie noch so gut informiert bleibt. Wie Sie aus der Ihnen überreichten kleinen Schrift ersehen, beträgt der Handel der Kolonien für 1905 etwa 100 Millionen Mark, er hat sich in jedem Jahrfünft nahezu verdoppelt. Auch für die nächsten fünf Jahre kann mit Rücksicht auf die in Betrieb kommenden Eisenbahnen — den gegenwärtigen Status im allgemeinen sehen Sie in überaus drastischer Weise auf einem kleinen Flugblatt dargestellt, welches Sie ebenfalls er- halten haben — eine ähnliche Entwicklung an- genommen werden. Unsere Zölle in den Kolonien