W 269 20 Kolonial-Wirtschaftliches. Der Tropenpflanzer, das Organ des Ko- lonial-Wirtschaftlichen Komitees, enthält in seinem Märzheft einen Reisebericht von Dr. F.R. Schlechter über Ievca brasiliensis in Singapore, in dem die neuesten Kultur= und Erntebereitungsmethoden dieser wichtigen Kautschukpflanze besprochen werden, während in einem Artikel von O. Oehlerking (Hannover) der gegenwärtige Stand der sich schnell ausdehnenden Kautschukkultur Deutsch-Ostafrikas geschildert wird. Ein Artikel von Wollenburg (Berlin) bespricht die Baumwollanbauversuche in Britisch-Zentralafrika, während Zwingenberger (Deutsch-Neu-Guinea) am Kakaobau die Wichtig- keit der Vermehrung und weiteren Ausgestaltung der Versuchsplantagen erweist. Das Gedeihen der Trockenheit liebenden Agaven in sumpfigem und salzigem Gelände gibt Dr. Vageler (Staß- furt) Gelegenheit zu einer biologischen Betrachtung. Außerdem bringt das Heft einen Bericht über die Landwirtschaftliche Ausstellung in Togo und Aus- züge aus den Jahresberichten kolonialer Gesell- schaften. Citeratur. Professor Dr. C. Velton: Prosa und Poesie der Snaheli, Berlin 1907. Im Selbstverlag des Verfassers. Durch den Verfasser, Dorotheen= straße 6, zu beziehen. Preis 7,50 Mk.“ Bei allen Kolonisationsversuchen, bei allen Bestrebungen, eine Rasse durch eine andere zu heben, handelt es sich in letzter Linie um völker- bsychologische Probleme. Denn das zu koloni- üerende Gebiet mag noch so fruchtbar, noch so geeignet für Ansiedlungen sein, ohne intensive Heranziehung und Nutzbarmachung der in den ingeborenen liegenden Kräfte ist die Verpflan- ##g einer höheren Kultur auf sie nicht möglich. Algemein wird deshalb bei Kolonisationen als erstes Erfordernis eine genaue Kenntnis der Aulagen und Fähigkeiten, der Sitten, Gebräuche und Eigentümlichkeiten der fremden ¾ kultivierennen Rassen bezeichnet, um auf urker Basis Mittel und Wege zu ihrer Fortent- WMilung zu finden. Nur wenige Kolonialbeamte paben aber vor ihrer praktischen Tätigkeit in den ihr onien Zeit und Gelegenheit genug gehabt, ihren Blick für ethnische Kulturprobleme so zu schulen, daß sie sich lediglich aus dem, was ihnen draußen ihr Auge übermittelt, genügendes Ver- ständnis für alle auftauchenden Fragen verschaffen können. Als Bevorzugte dürfen schon diejenigen gelten, die sich die Eingeborenensprachen ihrer erbeitsgebiete in dem Maße haben aneignen * S. Anzeige in Nr. 4, S. 188. können, daß sie sich auf Grund ihrer sprachlichen Kennmisse ein Bild von der erreichten und er- reichbaren Kulturhöhe eines Naturvolkes machen und erfolgreich für dessen Fortentwicklung wirken können. Dabei ist dieser Weg immer noch der bei weitem einfachere. In der Theorie wird auch allgemein der Grundsatz vertreten, jeder Kolonialbeamte müsse deshalb die Eingeborenen- sprache beherrschen. Der praktischen Verwirk- lichung dieses Grundsatzes stehen aber erhebliche Schwierigkeiten entgegen. Abgesehen davon, daß es vielfach überhaupt noch an geeigneten Hilfs- mitteln zur Erlernung der elementarsten Kennt- nisse der Kolonialsprachen fehlt, übermitteln die vorhandenen Lehrbücher vielfach nur das rein Philologische der Sprachen, ohne den Lernenden zugleich in ihren Geist, in ihren eigentlichen Ge- halt einzuführen. Um so erfreulicher ist das neue Veltensche Buch zu begrüßen. Schon in seiner „Praktischen Snaheligrammatik“ (II. Aufl. 1905) war der verdienstvolle Verfasser dazu übergegangen, durch Einführung von Gesprächen, Gerichtsver- handlungen usw. dem Suaheli Lernenden zugleich Einblicke in die Psychologie, die Fähigkeiten und Anlagen des Suaheli sprechenden Negers zu ge- währen. Denn trotz der großen Mannigfaltigkeit der in Deutsch-Ostafrika gesprochenen Idiome gibt das Suaheli als die allgemeine Verkehrssprache ein gutes Bild des inneren Lebens, des Fühlens und Denkens jener Kindervölker. Als die Sprache der gebildeteren Watu wa mrima im Gegensatz äu den anderen Sprachen als denen der Washeni, der „Wilden“ spiegelt sie die angenblickliche Höhe der Eingeborenenkultur und Bildung am klarsten wieder. In seinem neuesten Werk hat Prof. V. den in seiner Grammatik nur angedeuteten Gedanken weiter entwickelt und ihn dem Werke seiner ganzen Anlage nach ausschließlich zugrunde gelegt. Auf 443 Seiten wird dem Snaheli Lernenden, für den das Buch in erster Linie bestimmt ist, eine reiche Auswahl von Erzählungen, Gesprächen, geschichtlichen Berichten aus früheren Zeiten und aus der Gegenwart, von Sprichwörtern, Rätseln, Gedichten, Liedern usw. der Snaheli geboten. Freilich wird auch derjenige, der das Suaheli grammatikalisch korrekt spricht, auf manche sprach- liche Schwierigkeit stoßen. Der gesamte Inhalt des Buches ist von dem Verfasser so wieder- gegeben, wie er ihn von seinen Gewährsmännern gesammelt hat, die, aus allen Hauptorten der ost- afrikanischen Küste stammend, in ihrer Ausdrucks- weise die Eigentümlichkeiten ihrer Beczirke nicht verleugnet haben. Gerade hierdurch wird dem Studierenden aber Gelegenheit geboten, die Psycho- logie, den inneren Bau dieser Sprache sowie die Variationslust der Eingeborenen kennen zu lernen, die manche interessante Schlußfolgerung auf deren