GW 291 2O größeren Fonds aus Mitteln der Wohlfahrts- lotterie auch finanziell ermöglicht. Am 6. Jannar 1904 brach ich unter Mitnahme der aus den ersten Versuchen noch übrigen und anderer Tiere von Kilwa auf, passierte vom 7. bis 14. den Tsetsegürtel und traf am 17. in Liwale ein. Im Interesse der besseren Ver- bindung mit der Küste wäre die Anlegung der Versuchsstation hier oder nur wenig weiter land- einwärts erwünscht gewesen. Das Vieh war dann aus Ssongea zu beziehen. Ich mußte also zunächst Klarheit über das Verhalten des Ungoni- Viehs gegenüber Texas= und Küstenfieber haben und dazu reichte die Untersuchung der wenigen in Liwale stehenden Ssongea-Rinder nicht aus. Ich ging daher gleich nach Ssongea weiter und traf dort am 7. Februar ein. Auch Ungoni gehört nicht zu den viehreichen Landschaften des Schutzgebiets, besitzt aber doch so viel Groß= und Kleinvieh, daß es zu erheblich niedrigerem Preis als an der Küste und jederzeit in ausreichender Zahl zu haben ist. Die Tsetsefliege fehlt in der Umgebung der Station, wie im eigentlichen Ungoni wohl über- haupt. Ein in wenigen Tagen erreichbarer Tsetseherd konnte nach früheren Erfahrungen im Tal des Rovuma angenommen werden; er ist später durch Sammlung von Fliegen, die der Zahlmeisteraspirant Krause gelegentlich einer Dienstreise dorthin übernahm, nachgewiesen wor- den. Gesunde Rinder, darunter Zugochsen, die seit Jahren auf der Station anstrengende Arbeit leisteten, wiesen in ihrem Blut außer Pirosoma bigeminum (Texasfieber) dieselben ring= und stäbchenförmigen Parasiten auf wie die Rinder an der Küste; Störungen von dieser Seite waren also nicht zu befürchten.) Da Ssongea somit als geeignete Basis für die Versuche erschien, blieb ich dort. Räume für die Laboratoriums- arbeiten und vorläufig genügende Stallung konnten mir gleich zur Verfügung gestellt werden, so daß bauliche Arbeiten mitten in der Regenzeit erspart blieben. Später wurde mir für die er- eblich vergrößerten Herden ein großer Teil der von der Station neuerbauten massiven Stallungen überwiesen. Auch sonst sind, was ich dankbar erwähnen möchte, meine Arbeiten wie in Kilwa durch den Bezirksamtmann von Rode so in Ssongea durch den Stationschef Hauptmann Albinus und später den Bezirksamtmann Haupt- mann a. D. Richter in jeder Weise unterstützt und gefördert worden. Für sachverständigen Rat in Fragen der Viehhaltung bin ich dem landes- wirklich st ) Nach neueren Untersuchungen von R. Koch ge- siattet der Nachweis dieser Parasiten im Blut gesunder inder noch nicht den Schluß auf Immunität gegen Küstenfieber. kundigen Herrn John Booth zu Dank ver- pflichtet. Während der Trockenzeit bietet die nähere Umgebung der Station Ssongea nicht genügend Weide. Die Arbeiten mußten daher sowohl 1904 wie 1905 während mehrerer Monate in primi- tiven Anlagen im Lutukira-Tal, vierzehn Marsch- stunden von der Station, fortgeführt werden. Hier erfuhr ich im August 1905, daß die zur Durchführung der Versuche erforderlichen Mittel nicht bewilligt seien. Im Begriff, daraufhin die Auflösung der Expedition vorzubereiten und die Versuchstiere zunächst nach Liwale zu bringen, um von dort aus die schon immunisierten in Tsetsegegenden zu exponieren, wurde ich durch die Nachricht von den bei Liwale ausgebrochenen Unruhen überrascht. Bald folgte ihr die weitere von dem nahe bevorstehenden Ausbruch des Wangoniaufstandes. Der Versuch, mir Träger zu verschaffen, mißlang. Ich mußte daher, als am 28. August aus Ssongea eine zweite, dring- lichere Aufforderung zur schleunigsten Rückkehr einlief, auf die Mitnahme der Laboratoriums- einrichtung, der Zelte usw. wie meiner eigenen Sachen verzichten, um wenigstens meine Dienste zur Verfügung stellen und der schwachen Ab- teilung in Ssongea die mein Begleitkommando bildenden zwei Askari eben noch zuführen zu können. Während des nächsten Halbjahres ge- stattete meine Beteiligung an der Niederwerfung des Aufstandes und die Lage in Ssongen, wo das Vieh auf engem Raume innerhalb der im- provisierten Befestigung untergebracht war, nur gelegentlich einzelne Beobachtungen. Im April 1906 wurde ich zur Küste beordert, um an der Deutschen Expedition zur Erforschung der Schlafkrankheit teilzunehmen und mußte die Bersuchstiere in Ssongea zurücklassen. Von den dank der Entschlossenheit des Masaioberhirten und der Unentschlossenheit der gleich dauach Auf- ständischen seinerzeit geretteten Rindern hatten leider nicht wenige zur Verproviantierung der Besatzung während unserer Einschließung geopfert werden müssen, so daß bei meinem Abmarsch nur noch 42 übrig waren. Die Versuche sind somit nicht zum Abschluß gelangt. Sie haben aber doch einige bemerkens- werte Ergebnisse gehabt und gestatten Schlüsse in bestimmter Richtung. Ich möchte deshalb summarisch darüber berichten, ohne auf Einzel- heiten von rein fachlichem Interesse hier näher einzugehen.“ *) Auch die Fachliteratur ist in diesem Bericht nicht berücksichtigt. Nur die grundlegenden Versuche und, weil von der größten Bedentung für die Try- panosomenfrage überhaupt, die späteren Ausführungen R. Koch's waren zu erwähnen.