W 350 20 Die Waren wurden vorschußweise verausgabt (Trustsystem). Sie bestanden sowohl bei der Ge- sellschaft Süd-Kamerun als auch bei den Batau- gafirmen der Hauptsache nach in Pulver und Gewehren. ' Die Artikel wurden stark entwertet, da sie weit über den Bedarf der Eingeborenen eingeführt wurden. Diese konnten oder wollten die Gegenwerte nicht liefern, waren aber durch das in unsinniger Menge eingeführte Kriegsmaterial in Stand ge— setzt, sich ihrer Gläubiger mit Gewalt zu ent— ledigen. Eine Kontrolle dieses Handels oder ein Schutz durch die Regierung war nicht möglich, da die Händler mit Vorliebe diejenigen Gebiete auf— suchten, welche weder unterworfen, noch in Ver- waltung genommen waren, eben um sich der lästigen Kontrolle durch die Verwaltung zu ent- ziehen und in der Hoffnung, in jenen unberührten Gebieten die ersten Schatzgräber zu sein. Dazu kam die Verpflegungsfrage. Hunderte von Händlern und Trägern lagen wochen-, ja monatelang auf den Hauptkarawanenstraßen, in den Dörfern, stahlen in den Farmen, ver- gewaltigten die Weiber usw. Das verhältnis- mäßig noch wenig bebaute und auf einen der- artigen Durchgangsverkehr nicht eingerichtete Land war nicht imstande, derartige Menschenmengen zu verpflegen. Die Eingeborenen verlangten daher für die Lebensmittel naturgemäß hohe Preise, worüber es zu fortgesetzten Differenzen mit den Händlern kam. Das herrische Auftreten der weißen Kaufleute, die beliebte Manier, in entlegenen Gegenden den „governor“ zu spielen, war keineswegs dazu an- getan, das Einvernehmen mit den noch gänzlich rohen, unkultivierten und kriegerischen Kannibalen= stämmen zu fördern. Dazu kam schließlich, daß die militärische Besatzung des ausgedehnten Gebietes unzureichend war. Vor allem fehlte es der Verwaltung an weißem Personal. Alle diese Momente mußten zum Aufstande führen. Hauptmann Scheunemann war Ende März1905 kaum von seiner Reis kad nach Lomie zurückgekehrt, als ihn Meldungen über die Vorgänge an der deutsch-französischen Grenze zu sofortigem energischen Einschreiten an die Süd- grenze riefen, wo ihn der Streit um die Be- setzung von Missum-Missum bis Mai zurückhielt. Inzwischen war seitens der Gesellschaft Süd- Kamerun im Oktober 1904 unter Führung ihres tatkräftigen Direktors Grafen v. Schlippenbach eine Handelsexpedition von Kribi an den Njong in Marsch gesetzt, um einen Dampfer oberhalb der Tappenbeck-Schnellen ins Wasser zu bringen und von dort die Erkundung der Schiffbarkeit des Njong stromaufwärts vorzunehmen. Fast gleichzeitig folgte auf Befehl des Gou- vernements unter Führung des Hauptmanns Freiherrn v. Stein eine militärische Expedition Niong aufwärts, mit der Weisung, das Unter- nehmen der Gesellschaft Süd-Kamernn nach Mög- lichkeit zu unterstützen. Nun scheint Graf v. Schlippenbach das Vor- gehen der Regierung in jene völlig unberührten Gebiete nicht haben abwarten zu können; er ist vermutlich, veranlaßt durch das uUnauphaltsamc, gleichzeitige Vordringen der Konkurrenzfirmen (der Konkurrenzkampf stand damals in höchster Blüte), von dem sehr erklärlichen Wunsche beseelt gewesen, als erster mit seinem Dampfer das Ende der Schiffbarkeit am oberen Njong zu er- reichen, seine Handelsniederlassungen in Njem und Ndsimu mit den in großer Menge auf dem billigen Wasserwege heraufgeschafften Waren zu versorgen und so die Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen. Seine Expedition stieß indessen bereits Ende Dezember 1904 kurz oberhalb der Einmündung des Longmapfog auf Schwierigkeiten infolge der Haltung der Eingeborenen. Graf v. Schlippen- bach schrieb am 24. Dezember 1904 an Haupt- mann Scheunemann: „Njong-Depot Longmapfog. Euer Hoch- wohlgeboren erlaubt sich die unterzeichnete Ge- sellschaft sehr ergebenst mitzuteilen, daß wir vorläufig am Longmapfog, dem linken Neben- flusse des Njong, ein Depot errichtet haben, von welchem aus wir die nördliche Hälfte unseres Konzessionsgebietes bearbeiten wollen. Das Depot ist mit der Janndestraße am Orte Onanabesse am Njong durch Dampfer „Gon- verneur v. Puttkamer“ verbunden. Was nun unsere Verbindungen von hier nach unseren Faktoreien anbelangt, so haben wir einen guten Weg über Wollo-Batschongo nach Bakinekoe. So gut nun aber unsere Verbindungen von hier nach Süden zu sein scheinen, so schlecht und traurig sieht es mit unserer Ver- bindung nach Osten und Nordosten aus. Diese Verbindungen werden jedoch in nächster Zeit für uns die wichtigsten werden. Wir konnten die Schiffbarkeit des Njong nicht bis zum Ende ausnutzen, da wir in Bidule-Bindna bei den Eingeborenen auf kein Entgegenkommen stießen, und wir mußten bis zum Longmapfog zurückgehen. Diese Leute leben mit den Makka, besonders mit dem Makka-Unterstamm Akkoi, welche zwischen dem Jebekolle-Unterstamm Bidule-Bindna und dem