G 354 20 fernung vom Hottentottenlager wurden wir auf unserem Ritte zu Morenga von Hottentotten- patrouillen begleitet. Im Lager Morengas an- gekommen, fand ich die Angaben Malinowskis über die Lage unseres Gegners vollauf bestätigt; im übrigen stellte ich fest, daß die Hottentotten durchweg mit modernen Hinterladern bewaffnet waren und anscheinend über reichliche Munition verfügten. Wir hatten unsere Pferde außerhalb des Lagers stehen lassen und waren auf einem ziemlich beschwerlichen Fußsteig immer an besetzten Schanzen vorbei ins Lager gekommen. Hier kam mir Morenga, dem infolge seiner Wunde das Gehen schwer wurde, entgegen geritten, während die bewaffneten Hottentotten uns ziemlich auf- dringlich umstanden und teilweise um Tabak bettelten. Ich setzte mich hin, ohne die Hotten- totten weiter zu beachten, und blieb auch ab- sichtlich sitzen, als Morenga, der die Aufdring- lichen sofort zurückiagte, auf mich zukam. Erst als er mich begrüßt hatte und ich merkte, daß ihm das Stehen sichtlich schwer wurde, erlaubte ich ihm, sich ebenfalls zu setzen, und gab ihm nun den Grund meines Kommens und die mir vom Hauptquartier vorgeschriebenen Bedingungen für seine Unterwerfung bekannt. Nachdem Morenga mich angehört hatte, erklärte er, er habe mich verstanden, müsse aber, ehe er eine derartige wichtige Entscheidung treffe, zuerst mit seinen Großleuten und dem Kapitän Haus Hendrik, dem Feldschuhträger, der sich seit der durch Major v. Lengerke erlittenen schweren Nieder- lage bei Morenga au#hielt, beraten. Er werde binnen 24 Stunden meinen ihm von Warmbad zugeschickten Boten in das Lager des Majors v. Kamptz mit der Nachricht über das Ergebnis der Beratung senden. Ich erklärte Morenga, daß er einsehen müsse, daß die Hottentotten auf die Dauer doch unter- liegen müßten und daß längerer Widerstand ihre Lage nur verschlimmern könne, worauf Morenga entgegnete, daß es ihm vollkommen klar sei, daß die Hottentotten schließlich bei dem Kampfe zu- grunde gehen müßten, daß die Entscheidung über die Fortsetzung des Kampfes aber nicht allein bei ihm liege, da er nicht Kapitän der Bondels sei. Ich hatte den Eindruck, daß Morenga nicht mehr im Vollbesitz seines Ansehens und der Macht über seine Leute war. Nicht nur der Umstand, daß sein Kriegsruhm durch die Ereignisse im März verblaßt und der Glaube der Hottentotten, daß ihnen unter diesem Führer alle Unternehmungen glücken sollten, erschüttert war, sondern auch der körperlich leidende Zustand des Morenga hatte seine Stellung unter den Hottentotten erschüttert. Es ist ja überhaupt ein einzig dastehender Fall und beweist mehr als alle Erfolge die geistige Überlegenheit Morengas über alle anderen ein- geborenen Führer in diesem Kolonialkriege, daß die Hottentotten bei ihrem grenzenlosen Dünkel gegenüber allen anderen Eingeborenen sich willig der Führung dieses Damarabastards unterwarfen. Diese Macht, die sonst nur bei dem angestammten Kapitän denkbar ist, mußte erschüttert werden in dem Augenblick, wo die Gefolgschaft den unbe- dingten Glauben an den Glücksstern des Führers verlor und wo die Siegeszuversicht ins Wanken geriet. Ich hatte den Eindruck, daß im Lager Mo- rengas Hendrik April, der Führer des von alters her in den Karrasbergen angesessenen Teiles des Bondelstammes, einen bedenklichen Einfluß gewonnen hatte. Da aber die Verluste an Vieh bei Narudas im wesentlichen Morenga und seine Leute betroffen hatten, wogegen die Familie der April noch über beträchtlichere Be- stände verfügte, so waren naturgemäß in Hendrik April und seinem Anhange die Hauptgegner der bedingungslosen Unterwerfung zu suchen. Nach Beendigung der Verhandlungen begab ich mich in das Lager des Majors v. Kamptz zurück. Ich will gestehen, daß es mir nicht ganz leicht wurde, vollkommen unbefangen durch die bewaffneten Hottentotten, an deren Unterwerfung ich nicht glauben konnte, hindurchzugehen und, ohne mich umzusehen, im Schritt fortzureiten. So wenig ich an einen Treubruch Morengas glaubte, so sehr lag doch die Gefahr nahe, daß gerade einer der Gegner der Unterwerfung auf den Gedanken kommen konnte, durch ein „zufällig“ abgefeuertes Gewehr die Fortsetzung der Ver- handlungen unmöglich zu machen. Im Lager des Majors v. Kamptz traf am folgenden Tage mein Warmbader Bote ein und brachte die Nach- richt, daß die Hottentotten nach mehrstündiger erregter Beratung ihr Lager abgebrochen hätten und abgezogen seien, wohin, wisse er nicht an- zugeben. Die Verhandlungen waren somit als gescheitert anzusehen, und Major v. Kamptz beschloß nunmehr unverzüglich anzugreifen.“ Er erteilte dem Hauptmann Winterfeldt, dem Chef der 9. Batterie, den Befehl, von Na- rudas und Nukois aus mit der 11. und 12. Kompagnie des 2. Feldregiments, zwei Zügen der 9. Gebirgsbatterie und einem Zuge Maschinen- gewehre die Verfolgung aufzunehmen, während die Abteilung Kleist (Ersatzkompagnie Za, la, 2. Batterie, ½ Maschinengewehr-Abteilung) sich über Garis auf Nururus in Marsch setzen sollte. Bald nach Abgang dieses Befehles traf vom General v. Trotha heliographisch die Er- mächtigung ein, unter den von Major v. Kampt und Hauptmann v. Koppy anfänglich vorge- schlagenen Bedingungen (also der Uberlassung des