W 450 2# mehrerer Sorten ist wegen seiner Härte als Bieh- futter nicht zu gebrauchen; höchstens, wenn das Futter knapp ist, wird solches Stroh in Stücke geschnitten, in Wasser geweicht und dann verfüttert. Andere Sorten liefern wiederum Stroh, das frisch kein Futter abgibt, sondern erst längere Zeit — 3 bis 4 Monate, sogar bis zu 2 Jahren hindurch — lagern muß. Auch hat die Er- fahrung gelehrt, daß Sorghumvarietäten, die im allgemeinen als Futter hoch geschätzt sind, auf gewissen Böden und unter gewissen Witterungs- verhältnissen für diesen Zweck vollständig versagen. Wird die Hirse ausschließlich für Futterzwecke angepflanzt, so sät man sie breitwürfig und dicht, um dünne Halme zu erzeugen, und außerdem zu später Jahreszeit, da auf das Reifen kein Wert dabei gelegt wird. Da die Hirse in Indien im allgemeinen nicht grün, sondern als Trockenfutter verwendet wird, scheint auch der durch einen Blausäuregehalt des grünen Krautes bedingten Giftigkeit") keine be- sondere Bedentung beigemessen zu werden. In Dekkan rechnet man bei einem Kornertrag von 500 bis 900 lbs per Acre 350 bis 450, in Gujarat bei 800 bis 1000 lbs Korn 300 bis 400 Bündel, das Bündel zu 4 bis 6 lbs, Futter- stroh. 1 # Die Regierung ist, wie in allen Zweigen der Landwirtschaft, so auch um die Hebung des Sorghumbaus unter den Eingeborenen eifrig be- müht., Versuchs= und Lehrfarmen wurden ein- gerichtet, von denen wiederum genügend geschulte Leute zwecks Vervollkommnung der Pflugkultur und überhaupt der Bodenbearbeitung, zwecks Verteilung hochwertigen Saatguts und Unter- weisung der Eingeborenen in der Bekämpfung von Krankheiten (Saatbeizung usw.) in die ein- zelnen Distrikte entsandt werden. Ehe wir aus der vorstehenden Schilderung diejenigen Punkte hervorheben, deren Beachtung bei der zukünftigen Gestaltung des Sorghumbaus in Ostafrika uns erwünscht erscheint, seien einige Angaben über den heutigen Stand der Hirsekultur in der ostafrikanischen Kolonie eingeschaltet. In Ostafrika wird die Sorghumhirse zu ver- schiedenen Zwecken angebaut: in erster Linie als Mehlkorn, ferner zur Bier-(„Pombe“-) Bereitung und endlich als Zuckerhirse. Von einer nennens- *) Das # Auftreten von Blansäure in der frischen Sorghumpflanze ist jedenfalls keine konstante Erschei- nung, sondern als Folge einer chemischen Variation“ anzusehen, deren Ursachen nicht nur in — bisher un- erkannten — Eigentümlichkeiten des Bodens, sondern auch in klimatischen Bedingungen zu suchen sind. So soll bei Dürrezeiten grüne Hirse stets ein gefährliches Viehfutter sein. werten Verwendung als Viehfutter ist mir nichts bekannt geworden, desgleichen fehlt die Kultur der rotstengligen Varietäten eigens zur Farb- stoffgewinnung, wie wir sie durch Kersting aus dem nördlichen Togo kennen. Die zahlreichen ostafrikanischen Kulturformen unseres Getreides') sind — wenn auch längst noch nicht vollständig — so doch schon ungleich besser bekannt geworden als diejenigen anderer Gebiete im tropischen Afrika. Sie sind in ihrer Vegetationsdauer, ihren Ansprüchen an das Maß der Niederschläge, ihren Dimensionen, in der Größe und Ausbildung der Fruchtstände und im Kornertrage außerordentlich verschieden. Gewisse, mit dem gemeinsamen Namen „Zuckerhirse“ be- legte Formen sind durch hohen Zuckergehalt der Stengel ausgezeichnet. Wir wollen hier allein die Kultur der Korn liefernden Formen ins Auge fassen. Eine erschöpfende Darstellung der landwirt- schaftlichen Betriebe in Ostafrika besitzen wir leider nicht. Vom Getreidebau in Unyamwesi hat uns P. Reichardt'') eine ebenso gründliche wie lebensvolle Schilderung gegeben, für den Bezirk Kilossa verweise ich auf die eingehende Dar- stellung des Bezirksamtmanns Lambrecht,“) für den Tangabezirk auf die Mitteilungen des Regierungsrats Meyer.k) In jedem Distrikt stoßen wir auf mehr oder weniger ausgeprägte Differenzen, die sich je nach den natürlichen Bedingungen der betreffenden Distrikte, nach den Überlieferungen und Gewohn- heiten der sie bewohnenden Stämme und nach der Stufe der Vervollkommnung des Ackerbaus richten. . 1 * An dieser Stelle moͤchte ich mir eine kurze Abschweifung vom Thema gestatten. In einer Zeit, in der die Ethnologen eifrig bemüht sind, die Sitten der Naturvölker in allen Einzelheiten für die Nachwelt festzulegen, in einer Zeit, da Phonograph und Kinematograph für diesen Zweck in das Innere Afrikas mitgeführt werden, sollten die in unseren Kolonien statio- nierten Beamten nicht versäumen, auch über den Ackerbau ihrer Bezirke möglichst eingehende No- ) Val. F. Körnicke bei L. Baumann: Durch Massailand zur Nilquelle, 1894. S. 295 f. und W. Busse und R. Pilger: Uber Kulturformen der Sorghumhirse aus Deutsch-Ostafrika und- To r (Englers Botan. Jahrbücher Bd. 32 (1902] S. 182 ff. **.) P. Reichardt: Deutsch- ia 1892, S. 374 ff. )Lambrecht: Über die Landwirtschaft der Ein- geborenen im Bezirk Kilossa. (Berichte über Land- und Vorkwirsschaft in Deutsch-Ostafrika (Leidelberg. Winter] Bd. 1 Heft 03.) 5) Ebenda X “ 207 ff.