G 456 20 Bei zweifelhaften Stämmen verlangte die Kom- pagnie Träger, die an der Küste bezahlt wurden, um die Leute mit der Küste und vor allen Dingen mit den Preisen für die Bedürfnisse der Eingeborenen bekannt zu machen. Gelegentlich wurden auch Häuptlinge mit Patronillen zur Station Jabassi gesandt, um Elfenbein in den Faktoreien zu verkaufen, damit ihnen die Vor- teile eines direkten Verkehrs mit den Weißen vor Augen geführt würden. Die Straße ist geöffnet. Allerdings verlangt die Offenhaltung einen Posten von etwa fünfund- zwanzig Mann, der die inneren Streitigkeiten schlichten und zugleich das ganze Gebiet bis Bafia und Bakoko hin verwalten kann. Die Kompagnie traf am 28. September nach achttägigem Marsche in Jabassi ein und wurde am 30. desselben Monats auf dem Wasserwege nach Duala übergeführt. Eine Abteilung in der Stärke von 40 Mann unter Leutnant Weyse verblieb zur Verfügung der Station Jabassi zur Befriedung weiterer Stämme, die der Station Schwierigkeiten bereiteten. Das Gelände zwischen Musche nach Süden hin ist ein Hügelland von etwa 700 Meter absoluter Höhe. Es ist in der Hauptsache Gras- land, meistens sind nur die Berghänge und Flußniederungen von Busch bewachsen. Im Süden wird das Hochplateau von einer hohen Gebirgskette, wahrscheinlich der Fortsetzung des Manengubagebirges, abgeschlossen. Südlich der Straße Musche— Biongele erheben sich vier Berg- züge, von Norden nach Süden laufend. Diese sind abgeschlossen gegen die Bafia= und Bakoko- Landschaften durch weitere unregelmäßige Ge- birgsstöcke. Die dadurch entstandenen Täler öffnen sich gegen die Straße und sind leicht zu- gänglich. Südlich Degenimagi führt die Straße jäh in das Waldgebiet hinab. Auf der Hoch- fläche bietet der Weg einer Marschkolonne keine besonderen Schwierigkeiten. Im Waldgebiet da- gegen, wird es noch großer Arbeit bedürfen, um die Gangbarkeit bei bescheidenen Ansprüchen an- nehmbar zu machen. Das Hochplatean entwässern Nebenflüsse des Nun und Mbam. Die Bäche des Waldgebietes ergießen sich in den Inubu, einen Nebenfluß des Mukombi. Die Bevölkerung dieses Hochlandes ist der Sprache nach mit den Stämmen des südlich davon gelegenen Waldlandes verwandt. Die Station Jabassi nennt sie Banen. Der Kom- pagnie wurde der Dialekt vom Waldlande bis Biongele als Mes-hia bezeichnet. Nördlich der Linie Biongele — Guyo wohnen die Stämme der Ngone, Gone oder Guine. Nördlich davon wohnen die sog. Wonangleute in Musche, die den Wutes angehören. Südlich an die Ngone schließen sich die Stämme der Is-hio oder Mes- hio-Sprache an, die doch den Mes-hias nicht so nah verwandt sind, als man der Sprachbezeich- nung nach annehmen könnte. Die Bewohner waren in der Hauptsache schön gewachsen und gut genährt. In Musche war eine große Anzahl von Syphiliskranken auffällig; auch wurde vielfach Lepra konstatiert. Ferner wurden einzelne Fälle von Himbeerkrankheit be- obachtet. Auffallend groß war im ganzen Gebiet die Zahl der Geisteskranken. Mit Ausnahme von Musche, Biongele und Djebem wohnen die Eingeborenen in verstreuten Gehöften, in losen Stammesverbänden, jeder als freier Mann. Nur geringes Interesse, wie zum Beispiel Anlage gemeinsumer Farmen, Kämpfe mit Nachbarn, teilweise auch innere Streitigkeiten, bewegt sie dazu, sich einem Führer oder Häuptling unterzuordnen. Um die Produkte der Hauswirtschaft zu erweitern, ist die Familie durch Vielweiberei, weniger durch Sklaverei vergrößert worden. Die Männer besorgen wohl die schwere Arbeit, wie das Fällen der Bäume für die Farmen und beschäftigen sich mit der Jagd; im übrigen aber lassen sie sich von den Frauen erhalten, die die Farmen bebauen und die Feldfrüchte für den Verbrauch im Haushalte herrichten. Jeder Fremde, der das Land betritt, wird als Feind betrachtet und getötet. Nur die Stämme, die einen gemeinsamen Markt besitzen, pflegen einen friedlichen Verkehr. Auf den Märkten werden die wenigen Bedürfnisse gedeckt, die der Eingeborene außer den Produkten seines Landes hat. Gesuchte Artikel sind Salz und Gewehre, auch Tuchstücke als Kleidung fangen an Eingang zu finden. Naturgemäß sind die Preise dieser Waren sehr hoch, da die Stämme nach der Küste hin den Durchzug verwehren oder dem Händler einen hohen Durchgangszoll auferlegen. Der Handel liegt vorläufig in den Händen der Haussas. Allerdings wurde erfreulicherweise be- obachtet, daß einzelne intelligente Eingeborene sich durch feindliche Stämme hindurchschleichen und direkt mit der Küste verkehrten. Jedoch kann eine Zunahme dieses Verkehrs nur mit der Unterstützung des Europäers möglich gemacht werden. Es wird künftighin ganz besondere Aufmerksamkeit dem Haussaverkehr zugewendet werden müssen. Da sie in großen Karawanen reisen, sind sie den Eingeborenen weit überlegen, die sich schwer zu gemeinschaftlicher Abwehr auf- raffen können. Die Haussas nützen ihre Über— legenheit den Eingeborenen gegenüber schonungs- los aus und geben dauernd Anlaß zu immer neuen Reibereien. Die Häuptlinge sind vielfach nicht, wie im