460 2 Von eingewanderten Eingeborenen anderer Negerstämme traf ich in den Ussumbwa-Landschaften eine Anzahl Watussi und Wabolongo (Eisen- schmiede) an. Die Watussi haben aber mehr das Bestreben nach den viehreichen Gebieten des Taborabezirks, also ostwärts, zu ziehen. Ussumbwa ist für sie gewissermaßen nur eine Durchgangs- station, da diese Gebiete infolge der dort fast überall vorkommenden Tsetse sehr vieharm sind. Die Wabolongo scheinen sich dagegen in den eisenreichen Landschaften dauernd niedergelassen zu haben und betreiben dort eifrig ihr Hand- werk, welches in der Hauptsache in der Anfertigung von eisernen Negerhacken besteht. Die Kenntnis des Bargeldes ist bis in die entferntesten Distrikte verbreitet; das Geld wird im allgemeinen gerne in Zahlung genommen. Nur in den abgelegensten Winkeln nach Uham und Ussuwi hin herrscht der Tauschwarenhandel noch vor. - Bezüglich der Hüttensteuer lassen die Ussumbwa- Landschaften noch manches zu wünschen übrig. Die Erträge dieser Steuer werden aus jenen Landschaften zum Teil erheblich höher sein als bisher, wenn später eine genaue Zählung der Hütten durch Europäer möglich wird. Jedenfalls sind alle Eingeborenen jener Landschaften sehr wohl in der Lage, sich den geringen Stener- betrag zu verdienen und in barem Gelde zu zahlen, ohne daß dadurch irgend eine Bedrückung oder Aussaugung der Leute stattfindet. Das bereiste Gebiet ist für Eingeborenen- kulturen aller Art durchaus geeignet. Namentlich ließe sich der Anbau von Reis noch ungeheuer steigern. Im allgemeinen sind die Eingeborenen dort recht fleißige Ackerbauer. Merkwürdigerweise wohnen die Leute in jenen Landschaften meist nicht in geschlossenen Dörfern, sondern weit verstreut und versteckt in dem aus- gedehnten Waldgebiet. Nur bei den Sultan- sitzen trifft man größere Dörfer an. So kommt es, daß man nur selten auf ausgedehnte zu- sammenhängende, offene Flächen stößt. Früher hatten sich die Leute aus Furcht vor kriegerischen Überfällen — namentlich der Wangoni und des Mirambo — in großen Dörfern zusammen- geschlossen. Nachdem aber unter deutscher Ver- waltung das Gefühl der Sicherheit und Ruhe vorwiegt, hat man die gemeinsamen Wohnplätze verlassen, und die einzelnen Familien haben sich tief in die Wälder zurückgezogen, um dort ab- gesonderte Einzelsiedlungen zu gründen. Die bebauten Flächen sind daher auch meist nur von geringem Umfang; der endlose Myombowald herrscht vor. Es ist dies in zweifacher Hinsicht wenig günstig, denn erstens entziehen sich die Eingeborenen so der Kontrolle und zweitens ist das Gebiet in absehbarer Zeit für die Rindvieh- zucht absolut unverwertbar, weil die Myombo- wälder durchweg dort unzählige Tsetsefliegen beherbergen, die erst dann verschwinden, wenn ausgedehnte zusammenhängende Feldflächen durch radikales Abholzen der Wälder geschaffen werden. Letzteres wird aber naturgemäß durch die ver- einzelten kleinen Siedlungen nicht erreicht. Mit der zunehmenden Bevölkerung ist das Land im Zuge der Karawanenstraße nach Udjidji (bis einschließlich den Distrikt Ussoke) in den letzten Jahren auffallend stark bebaut worden. Da dort der Myombowald infolge des starken Anbaus auf weite Strecken hin verschwunden ist, so kommen dort auch keine Tsetsefliegen mehr vor und es wird in ausgiebigster Weise Rind- viehzucht betrieben. In den Ussumbwa-Landschaften ist die Vieh- zucht wegen der Tsetsefliege gering; selbst Ziegen und Schafe sind daselbst im allgemeinen nur in mäßiger Zahl vorhanden. In den meisten jener Landschaften gibt es überhaupt keine Rinder. Trotzdem wärc aber auch dort überall die Rind- viehzucht im großen Maßstabe sehr wohl möglich, wenn der ausgedehnte Waldbestand und damit die Plage der Tsetsefliege verschwinden würde. Das massenhafte Vorkommen der Tsetsefliege habe ich während dieser Reise überhaupt in einem geradezu erschreckend großen Gebiet feststellen können. Schon früher habe ich in meinem Bericht den Grundsatz aufgestellt, daß im Taborabezirk überall Tsetse dort vorkommt, wo keine Rinder gehalten werden. Dies fand ich in dem mir vorher noch nicht aus eigner Anschauung bekannten Gebiet, durch welches mich die Reise nun führte, vollauf bestätigt. Die ungehener großen zusammenhängenden Myombowälder scheinen dem Junsekt die günstigsten Lebensbedingungen zu bieten. Dort, wo die Ein- geborenen den Wald auf einer zusammenhängenden Fläche von mindestens einem Quadratkilometer vollständig beseitigt und dies Land unter dauernde Kultur genommen hatten, waren Tsetsefliegen nicht mehr anzutreffen. Große offene Flächen und starken Wind können diese Insekten offenbar nicht vertragen. Am auffallendsten bestätigten sich diese Wahr- nehmungen in dem Wangoni-Reservat. Als die Wangoni seinerzeit dort von Langheld angesiedelt wurden, fanden sie fast durchweg Wald vor. Inzwischen haben sie nun das Land in großen äusammenhängenden Flächen unter Kultur ge- nommen; damit ist dort der Wald und die Tsetse- fliege verschwunden. Heute sind die Wangoni inmitten eines entsetzlichen Tsetsegebiets Becsitzer von zahlreichen Rindern. Die Wangoni wissen