W638 20 Kolonial-Wirtschaftliches. Von der Deutschen Krmee-, Oarine- und Kolonlal- Ausstellung. Ülber ihre Beteiligung an der Deutschen Armee-, Marine= und Kolonial-Ausstellung Berlin 1907 schreibt uns die „Neu-Guinea-Compagnie“ u. a.: „Die N. G. C. bietet mit ihrer Ausstel- lung in der Kolonialhalle ein anschauliches Bild ihrer Organisation und ihrer Tätigkeit in der Kolonie. Einer Darstellung des Gesamtbetriebes anf einer Tafel ist folgendes zu entnehmen: Der Zentralleitung in Berlin unterstehen vier Admi- nistrationen in Deutsch-Neu-Guinea, deren jede eine Anzahl von Stationen und Pflanzungen ver- waltet. Die Tafel zeigt, daß die Gesellschaft in Deutsch-Neu-Guinea 34 Stationen besitzt, wovon 32 Pflanzungen unterhalten. Auf letzteren ist zur Zeit eine Bodenfläche von 7215 ha unter Kultur genommen, d. h. mit tropischen Nutz- pflanzen bepflanzt. Zwei im gleichen Maßstabe konstrnierte Quadrate — ein großes und ein kleines — zeigen die Größenverhältnisse der be- pflanzten Bodenfläche im Vergleich zum Berliner Tiergarten (252 ha), der nur etwa den 30. Teil davon einnimmt. Danach hat jede der 30 Pflanzungen der Gesellschaft durchschnittlich die Größe des Berliner Tiergartens. In ihrer Ausstellung einer reichhaltigen Pro- dukten-Sammlung zeigt die Compagnie, was sie aus ihren Pflanzungen zum Export bringt: Kopra, verschiedene Arten von Kautschuk, Kakao, Sisal- hanf, Chillies (japanischer Pfeffer), schwarzer Pfeffer, Kaffee, Kapok, Vanille, Citronellgras, Lemongras nebst den daraus destillierten Olen und aus dem Handel: Kopra, Burgosmuscheln, Perlschalen und Schildpatt. Den ersten Platz unter diesen Produkten nimmt die Kopra ein. Riesige Kokosnüsse liefern den Beweis, daß Neu-Guinea mit Recht den Ruf eines Palmen-Eldorados genießt, und die schöne weiße Kopra zeigt, daß auch die Zubereitung auf der Höhe steht. Besonderes Interesse darf die reichhaltige Sammlung von Kautschukproben be- anspruchen. Die Gewinnung des wichtigen und unentbehrlich gewordenen Kautschuks durch regu- lären Plantagenbau befindet sich in allen Kolo- nien, sowohl in den deutschen wie in den fremden, noch im Anfangsstadium. Um so überraschender wirkt daher die Ausstellung so zahlreicher und verschiedensortiger Proben, wie sie in Deutschland überhaupt von einer Plantagen-Gesellschaft noch nicht gezeigt worden sein dürften. Die etwa zwei Zentner wiegenden Proben — das Resultat jahrelanger Versuche mit verschiedenen Zapf= und Zubereitungsmethoden — umfassen Kautschuk von Hevea brasiliensis (Parakautschuk), in hellen, durchsichtig reinen Platten, Fellen usw., Castilloa elastica (Caucho) in großen Blöcken von etwa 40 Pfund, Kugeln, Fellen, Platten, aus Ficus elastica gleichfalls in schweren Blöcken, Platten isw. Nach den ausgestellten Proben von Kakao (Spielarten Criollo und Forastero) und von Sisal- hauf dürften auch diese Produkte dazu bestimmt sein, eine wichtige Rolle im Export von Neu- Guinea zu spielen. Das Wachstum der Pflanzen, Erntevorgänge, usw. sind durch photographische Abbildungen dar- gestellt. Interessant ist ein Bild: „Kokosnußernte in Stephansort“, welches zeigt, wie die geern- teten Kokosnüsse am Schienengeleise gesammelt und den Trockenanlagen zur Zubereitung von Kopra zugeführt werden. Sechs Kokosnüsse er- geben in Neu-Guinea etwa ein Kilo Kopra. Die Gesellschaft exportiert bereits 1,2 bis 1,5 Millionen Kilo Kopra und kann später bei fortschreitender Entwicklung ihrer auf der Tafel verzeichneten Palmenpflanzungen 5 bis 6 Millionen Kilo Kopra zum Export bringen. Sie hat also bereits jetzt etwa sieben Millionen Nüsse zu ernten, zu ent- kernen, zu zerkleinern und zu dörren, ein Quan- tum das sich in den nächsten Jahren auf etwa 36 Millionen Nüsse steigern wird. Eine andere Abbildung zeigt die Anzapfung von Kautschukbäumen (Einschnitte). Zur Erzeu- gung von einem Kilo Kautschuk sind etwa 800 Ein- schnitte erforderlich. Die Arbeitsleistung geht also für nur 1000 Kilo Kautschuk in die Hundert- tausende von Einschnitten — bei größeren Quan- titäten, welche die Gesellschaft aus ihren Baum- beständen noch zu erwarten hat, in die Millionen. Diese Zahlen kennzeichnen den umfangreichen Betrieb, der noch einen erheblichen Import= und Export-Handel in der Kolonie, wie in Deutsch- land umfaßt, und zeigen, welchen Anforderungen ein großes überseeisches Unternehmen bezüglich seiner Organisation, seiner Ausrüstung mit tech- nischen Hilfsmitteln, Maschinen, Schiffen usw. ge- wachsen sein muß, um solche Ernten bewältigen und ihre Produkte dem Deutschen Konsum zu- führen zu können. Die Eigenartigkeit der Fauna des Landes wird durch eine Sammlung seltener Vögel dar- gestellt, worunter der prächtige, buntbefiederte Paradiesvogel in mehreren Arten auftritt.