G 665 20 Bild. Die Frauenkleidung besteht aus einem groben, um die Hüften geschlagenen und bis zum halben Oberschenkel reichenden Pandanusgeflecht, der schmale Schamgürtel der Männer aus einem feinen Bananengewebe. Von einigen Männern werden auch recht kunstvolle, weitmaschige Pan- dannshüte, in der Regel aber weniger kunstvolle Kulihüte aus übereinandergelegten Pandanns- blättern getragen. Außer diesen Bekleidungs- und Schmuckgegenständen bieten die Eingeborenen gutes Tauwerk aus Kokosnußfaser und (teilweise recht brauchbare) Badeschwämme zum Tausch an. Tabak, eiserne Fischhaken und Zeuge waren sehr begehrt. Die Häuser sind schlecht, unreinlich wie dic fast aller Zentral-Karoliner und bestehen nur aus einem auf der Erde befestigten, mit Kokos- blättern gedeckten Dach. Doch ist, wie ich in den Taifunen auf Saipan erfuhr, dieses wändelose Haus sturmsicher. Die schräg in die Erde ein- gelassenen Sparren der Lang= und der Giebel- seiten schützen es nach allen vier Richtungen gegen den unter stumpfem Winkel anprallenden Wind. Die aus Calophyllum hergestellten Doppel- enderboote mit Ansleger und Dreiecksegel aus Pandanusgeflecht gleichen denen auf Feis und Yap. Die Ernährungsverhältnisse sollen günstig sein. Die spärlichen Taropflanzungen, denen ich auf meiner Wanderung durch die Insel begegnete, die schwach behangenen, zahlreichen Brotfrucht- bäume, die seltenen Bananen lassen mich aber fast an diesen Angaben der Eingeborenen zweifeln. Von Nährpflanzen bemerkte ich sonst noch: Papaya, Pandanus, viel verwilderten Arorn, eine dem Apfel im Geschmack ähnliche Frucht und eine Feigenart. Als Haustiere werden Hühner und Schweine, aber keine Hunde gehalten. Der Strand ist von einem Kranz gut tragender Kokospalmen umgeben, allein diese sind von der Schildlaus stark befallen. Ich klärte zwar den Häuptling Moses über die drohende Gefahr auf und befahl ihm, alle kranken Blätter abhauen und verbrennen zu lassen, verspreche mir aber selbst für den un- wahrscheinlichen Fall nur geringen Erfolg, daß meine Anordnungen mit der erforderlichen Sorg- falt und Geduld ausgeführt werden. Auf Sonsol trafen wir den Häuptling Maier mit 10 Leuten von Pulo-Anna und den Häupt- ling Susak mit 33 Leuten von Pulo-Merir. Sie berichteten, im Oktober 1904 seien beide Inseln von einem furchtbaren Orkan heimgesucht und vom Mere fortgespült worden. Nur sie selbst mit ihren Leuten hätten sich nach Sonsol retten können, alle übrigen seien umgekommen. Das war eine traurige Nachricht besonders für die armen Leute, die nach jahrelanger Abwesenheit von Yap und Palau in ihre Heimat, zu ihren Familien zurückkehren wollten. Sie blieben denn auch zunächst in Sonsol, als die „Ponape“ nach dem Süden weitersegelte. Am 20. November erreichten wir Pulo-Anna. Zunächst bemerkten wir, daß die Insel nicht, wie uns in Sonsol erzählt worden, völlig unter- gegangen war. Dann sahen wir zu unserer Freude, daß ein, zwei, schließlich drei Kanus uns entgegenruderten. Ein Ankerplatz fand sich nicht. Das weit vorgelagerte, die ganze Insel umfassende Riff schloß große Flächen seichten Wassers ein, auf denen mächtige umgestürzte und abgestorbene Calophyllumbäume die frühere Ausdehnung des Landes bezeichneten. Auch in den übriggebliebenen Rest hatte das Meer tiefe Gräben gerissen. Den Anblick der so verkleinerten Insel, deren Durch- messer kaum 600 m beträgt, möchte ich mit dem eines deutschen Laubwaldes im Vorfrühling ver- gleichen: gänzlich kahle Bäume mit grünem Unter- wuchs. Der Unterwuchs bestand aus wuchernden Schlingpflanzen und niedrigem Gebüsch. Nicht eine einzige Kokospalme war zu sehen; es wird wohl auch vor dem Sturm nur wenige gegeben haben. Hier und da standen einige Bananen, Papaya, viele Kürbisse, an tiefen Stellen reichlich Taro und Zuckerrohr. Während das Schiff manövrierte, liefen die Bewohner schreiend und winkend am Strande hin und her; sie fürchteten, wir möchten weiterfahren. Ich fand ihre dürftigen, halbverfallenen Wohnungen auf einer kleinen Er- hebung. Männer und Weiber kamen uns ent- gegen, faßten unsere Hände und wollten uns kaum wieder loslassen. Ein älterer Mann wollte mir eine Banane, wohl das Kostbarste, was er hatte, uufnötigen. Es waren noch 18 männliche und 25 weibliche Wesen auf der Insel. Vor dem Taifun sollen 50 Männer und 100 Frauen hier gelebt haben. Auffallend ist dieses Miß- verhältniß zwischen den Geschlechtern, auffallend auch die geringe Zahl der Kinder; männliche unter zehn Jahren sah ich nicht, auch keine weib- lichen unter zwei Jahren. Jungen von 12 bis 14 Jahren wurden von mehr oder minder be- jahrten Weibern gehätschelt; das waren, wie ich erfuhr, nicht etwa ihre Mütter, sondern ihre Frauen. Ich teilte den Armen mit, daß wir jetzt erst nach Merir und Tobi fahren und sie dann auf der Rückreise alle mit nach Palau nehmen würden. Darüber freuten sie sich sehr. Wir gaben ihnen einige Kokosnüsse und andere kleine Geschenke, vor allem den heißbegehrten Tabak. Da sie an ihren gewohnten Nahrungs- mitteln keinen Mangel litten und wir in höchstens zehn Tagen wieder anlaufen zu können hofften, um sie mitzunehmen, so sahen wir davon ab, sie mit Reis zu versehen. Doch ließ ich an ver- schiedenen Stellen der Insel durch die Soldaten Kokosnüsse auspflanzen. Am Strande fanden wir