W 134 ordentlich mißtrauisch, was nach einem drei- jährigen erbitterten Kampfe nicht zu verwundern war. Oberst v. Deimling sicherte ihnen Leben und Freiheit zu, ein Zugeständnis, ohne das sie nach den zuverlässigen Feststellungen der Missionare zum Kampf auf Leben und Tod entschlossen waren. Nur ihre Unterwerfung unter die deutsche Herrschaft und die Abgabe von Waffen und Munition wurden gefordert. Es war klar, daß diese Bedingungen einem der Jagd mit Leib und Seele so ergebenen, alteingesessenen Stamme wie den Bondels, die mit außerordentlicher Zähigkeit an ihrem Grund und Boden festhielten, besonders hart erscheinen mußten, und die Verhandlungen waren mehr als einmal dem Scheitern nahe. Zunächst erklärte der Kapitän, daß er über die Waffenabgabe ohne Zustimmung Joseph Christians und anderer Großleute nicht entscheiden könne; deren Eintreffen verzögerte sich indes trotz der Absendung von Boten von Tag zu Tag. Ver- suche, die anwesenden Bondels zu Sonderver- handlungen zu veranlassen, scheiterten. So mußte Pater Malinowski Mitte November in die Oranje- Berge entsandt werden, um persönlich die Groß- leute aufzusuchen. Nachdem es ihm bis zum 9. Dezember nicht gelungen war, mit den auf englischem Gebiet sitzenden Großleuten Verbindung zu bekommen, mußte auch er unverrichteter Dinge nach Ukamas zurückkehren. Oberstleutnant v. Estorff wurde nunmehr be- anftragt, ohne das Eintreffen der Großleute ab- zuwarten, die endgültigen Verhandlungen einzu- leiten. Zu diesen traf Johannes Christian mit den bisher anwesenden Großleuten am 21. De- zember in Ukamas ein. Über die näheren Vorgänge während der Verhandlungen schreibt der an diesen verdienstvoll beteiligte Generalstabsoffizier beim Kommando des Südens, Hauptmann v. Hagen: „Ich war ständig zwischen Ukamas und Heirachabis unterwegs, um zu vermitteln. Mitunter waren die Verhand- lungen recht schwierig und erregt; es gehörte eine Riesengeduld dazu, den Bondels immer wieder alle möglichen Bedenken auszureden. Am 21. De- zember ritt ich zur letzten Verhandlung hinüber und hatte ihnen hierbei zu eröffnen, daß nun die Vorverhandlungen abgeschlossen und die end- gültige Verhandlung am 22. in Ukamas statt- finden müsse. Wirklich kam Johannes mit fünf Großleuten zu uns. Oberstleutnant v. Estorff führte die Unterhandlungen persönlich mit hervor- ragender Ruhe und großem Geschick. Seine Kenntnis der Eingeborenen, das hohe Ansehen, das er auch bei ihnen genoß, kam der deutschen Sache hierbei in hervorragendem Maße zustatten. # Am 22. abends gab der Kapitän die Waffen= abgabe endlich zu, dagegen sträubte er sich gegen eine Ansiedlung bei Keetmanshoop. Oberst- leutnant v. Estorff gab Bedenkzeit bis zum 23. Aber auch an diesem Tage blieben die Bondels bei ihrer Weigerung hinsichtlich der Ansiedlung bei Keetmanshoop. Von ihrem angestammten Grund und Boden wollten sie sich unter keiner Bedingung verpflanzen lassen, sondern eher bis zum letzten Atemzuge kämpfen und bis auf den letzten Mann zugrunde gehen. Oberstleutnant v. Estorff stand also vor der Frage: Sollte er nachgeben oder auf der Ansiedlung bei Keet- manshoop bestehen bleiben? In diesem Falle war die Beendigung des Krieges auf unabsehbare Zeit hinausgerückt. Dafür erschien ihm der Streit- punkt zu unbedentend; da er auf eine Aufrage vom Obersten v. Deimling die Weisung erhielt, an dieser Frage die Verhandlungen nicht scheitern zu lassen, gab er nach und der Vertrag wurde von uns und den Bondels unterschrieben.“ Noch am selben Abend begab sich Hauptmann v. Hagen nach Heirachabis, um die abzugebenden Waffen in Empfang zu nehmen. In der Tat gaben die Bondels, ohne irgendwelche Schwierig- keiten zu machen, 85 Gewehre ab, fünf mehr, als nach deutscher Schätzung in ihren Händen sein mußten. Sie waren also entschlossen, den Vertrag ehrlich zu halten. Der Orlog war zu Ende. Am Abend konnte Pater Malinowski, der sich um die Sache des Friedens so hohe Verdienste erworben hatte, Sieger und Besiegte zu gemeinsamem Gottesdienst in der Kirche von Heirachabis vereinigen, und am folgenden Tage feierten die Deutschen des südlichen Namalandes seit drei Jahren zum ersten Male das Weihnachtsfest im Frieden. „Am Abend“, so heißt es in dem Briefe des Hauptmanns v. Hagen, der die Waffen der Ein- geborenen in Heirachabis in Empfang genommen hatte, „hielt Pater Malinowski in der kleinen Missionskirche einen Gottesdienst ab; da saßen alle die Bondels friedlich in der Kirche, nachdem sie drei Jahre lang Orlog gemacht hatten. Der Pater sprach sehr schön über das gelungene Friedenswerk. Mir persönlich war es ein merk- würdiges Gefühl, mit all diesen Leuten, die drei Jahre gegen uns gekämpft und manchen lieben Kameraden niedergeschossen hatten, zusammen in der Kirche zu sitzen. Während des Gottesdienstes hatte ich unauf- fällig alle abgelieferten Gewehre auf eine Karre laden lassen und fuhr abends nach Ukamas zurück.