G 801 20 Die Bestimmungen über die Vertragsvergütung geben die Gewähr, daß der Fiskus mit dem veranschlagten Baukapital auskommen wird, da alle etwaigen Mehrkosten zu Laßen der Bau- firma gehen. 75 Deutsch-MNeuguinea. eEingeborenen-„Kriege“ auf der Gazelle-Palbinsel.-) Kurze Fehden und lange Kriege gehören auf der Gazelle-Halbinsel wie im ganzen Bismarck- Archipel zur Tagesordnung. In früheren Zeiten noch mehr wie jetzt, denn der Einfluß der An- siedler und der Kaiserlichen Verwaltung beginnt glücklicherweise einen Wandel zum Besseren zu schaffen. Wo jedoch dieser Einfluß nicht vor- handen ist, da genügt der geringfügigste Grund, um die Eingeborenen zu den Waffen greifen zu lassen. Glücklicherweise sind diese Kriege, obgleich mit großem Lärm in Zzene gesetzt, nicht sehr blutig. Einige wenige Tote auf beiden Seiten genügen, um Friedensverhandlungen anzubahnen; benachbarte Freunde sind stets geneigt, als Ver- mittler aufzutreten, denn als solche haben sie von beiden Parteien besondere Einnahmen und Spor- teln, die recht annehmbar sind. Obgleich nun diese Kriege manche Nachteile für die Parteien zur Folge haben, bin ich doch nach lang- jähriger Beobachtung zu der Überzeugung ge- kommen, daß es falsch ist, wenn man in ihnen den Grund zu der Abnahme der Bevölkerung sieht. Leugnen läßt sich allerdings nicht, daß in der Regel die getöteten Feinde Männer im besten Lebensalter sind, aber anderseits glaube ich, daß der Krieg auf die Eingeborenen auregend wirkt, ihre geistigen Kräfte schärft und auch die phy- sischen Eigenschaften entwickelt. Ohne Krieg und Fehde erschlafft ein Naturvolk, wird geistig und körperlich indolent und verschwindet im Laufe der Zeit von der Bildfläche. Wir sehen dies vielfach auf den kleinen Inseln des Stillen Ozeans, wo die Natur der Bevölkerung reichliche Unterhaltsmittel gewährt, die ohne sonderliche Körperanstrengung zu erlangen sind. Auf allen diesen Inseln, wo weder Krieg noch Arbeit die Anspannung der geistigen und physischen Kräfte erfordern, geht die Bevölkerung zurück, trotz anscheinend kräftiger Konstitution. Wenn wir daher den Eingeborenen die Kriegführung ver- *) Diese interessanten Ausführungen entnehmen wir dem im „Kol. Bl.“ bereits besprochenen Werle: Dreißig Jahre in der Südsee. Von R. Par- kinson. Herausgegeben von Dr. B. Ankermann. Verlag Strecker & Schröder, Stuttgart. (Fünf Liefe- rungen sind bis jetzt erschienen.) bieten, müssen wir darauf bedacht sein, ihnen ein anderes Anregungsmittel zu geben, und ein solches ist die Arbeit. Wenn die Bevölkerung des Ar- chipels zu einer täglichen, regelmäßigen Arbeit angehalten werden könnte, dann würden die weiten unkultivierten Flächen, die jetzt überall zu finden sind, bald verschwinden, und eine kräftigere und gesündere Bevölkerung würde allmählich heranwachsen. Aus eigener Initiative wird jedoch wohl nie ein Eingeborener zur regelmäßigen Arbeit greifen, und es ist die Pflicht der Regierung, der Missionen wie der Ansiedler, durch einen ge- linden Druck die Eingeborenen zur Arbeit an- zuhalten, um aus ihnen nützliche Mitglieder des Gemeinwesens zu machen. Doch wieder zurück zu den „Kriegen“ der Gazelle-Halbinsel! Den casus belli bilden am häufigsten die Weiber. Der Anhang des Be- leidigers beeilt sich sofort, der beleidigten Partei die für den bestimmten Fall übliche Quantität an Tabu (Muschelgeld) durch eine neutrale Partei zuzustellen; die Annahme verhindert den Ausbruch der Feindseligkeiten. Um aber auf jeden Fall vorbereitet zu sein, macht man sich kriegsbereit, stellt Posten aus, um einen etwaigen Überfall zu vereiteln, schickt die Taburollen mit den Weibern zu befreundeten Eingeborenen der Nachbarschaft oder verbirgt, wenn Gefahr im VBerzuge sein sollte, den Schatz an vorher bestimmten Plätzen im Walde. Die schwächere Partei räumt auch wohl ihre Wohnplätze und begibt sich nach dem kamare oder Kampfplatz, in der Regel einem offenen Grasfelde, von wo aus man die An- näherung des Feindes beobachten kann. Wird das angebotene Sühnegeld nicht an- genommen, so beginnt der eigentliche Krieg, winaruba oder winarua. Die Parteien stehen sich nun gegenüber, hüten sich jedoch recht sehr, handgemein zu werden. Es werden Scheinangriffe gemacht, jede Partei verhöhnt die andere und nachdem dies eine Zeitlang angehalten hat, namentlich bei hereinbrechender Dunkelheit, zieht sich der ganze Haufe zurück, denn die Nacht ist keines Menschen Freund; es schläft sich besser in der Hütte als auf dem weiten Kampffeld. Am folgenden Tage geht die Geschichte wieder los und dauert nun so lange, bis die Vermittler mit der beleidigten Partei über eine bestimmte Sühne- zahlung einig sind und diese erlegt ist. Komplizierter wird der Fall, wenn einige besonders große Helden aus dem Hinterhalt einen der Gegenpartei töten. Dies kann nur durch Blutrache gesühnt werden; die Anzahl der Ge- fallenen muß auf beiden Seiten eine gleiche sein, ehe man an eine friedliche Lösung denken kann. Bei einer solchen zahlt jede Partei der anderen ein bestimmtes Sühnegeld für die Erschlagenen, 3