802 20 sowie eine Sühne für die ursprüngliche Beleidi- gung, und die Sache ist damit erledigt. Gelingt es in solchen Fehden der einen oder der anderen Partei, einen Mann von Bedentung, a gala (Häuptling) oder luluai oder dergleichen zu töten, dann ist die Sache noch komplizierter, denn sein Tod kann nur dadurch gerächt werden, daß man einen Widersacher gleichen Ranges tötet. Die Anhänger des Getöteten binden unter Her- murmeln von Zauberformeln kleine Stückchen Tabu an ihre Kriegsspeere und begeben sich dann nach dem kamare. Hier tritt ein besonders tapferer luluai aus den Reihen, tanzt und gesti- kuliert angesichts des Feindes und schleudert einen Stein auf ihn ab oder wirft den tabuumwickelten Speer, a rumu na tutuluai. Dies ist eine Her- ausforderung, welche bedeutet, daß der Krieg nicht beendet werden kann, ehe Blutrache statt- gefunden hat. Die getöteten Feinde werden, wenn es ge- lingt, den Körper fortzubringen, von den Siegern verspeist, und der Erlös an Tabu fällt dem sieg- reichen Helden zu, dem für jede Portion ein be- stimmtes Quantum an Tabu gezahlt wird. Langgezogene Kriege werden beim Friedens- schlusse mit großen Festlichkeiten beendet, und die Diplomaten, welche den Frieden eingeleitet und zum Abschluß gebracht haben, heimsen von beiden Parteien den Lohn ein, der um so wohl- verdienter ist, als sie nicht selten bei ihren Be- strebungen ihre Haut zu Markte tragen. In früheren Jahren habe ich häufig in meiner Nach- barschaft die Rolle des Vermittlers übernehmen müssen und darf mich rühmen, daß ich mehr „ewige Frieden“ abgeschlossen habe, als die meisten Diplomaten der zivilisierten Welt. Einer dieser Friedensschlüsse ist mir besonders im Gedächtnis geblieben, weil, nachdem alle Präliminarien ein- geleitet und die Abfindungssummen nach langem Feilschen bestimmt worden, ein eigensinniger alter à gala darauf bestand, daß ihm noch 3 Hüften- tücher, etwa 5m Baumwollenzeug und 50 Stangen Tabak von der Gegenpartei eingehändigt würden. Diese exorbitante Forderung erregte allgemeine Entrüstung, und da ich meine stundenlangen Be- mühungen nicht fruchtlos zu enden wünschte, mußte ich einen Eilboten nach meiner Wohnung schicken, um das Gewünschte herbeizuholen. Der Erfolg war dann auch in jeder Weise befriedigend, obgleich ich durch das mir gemachte Geschenk, bestehend aus zweien der magersten Hühner, die man auftreiben konnte, nicht recht auf meine Kosten kam. Bei einer anderen Gelegenheit wärc es mir fast an den Kragen gegangen. Frgendwelche Formalität war nicht erfüllt worden, und un- gerechterweise betrachtete man mich als die Ver- anlassung. Die Folge davon war, daß ich, als ich, von meiner Frau begleitet, an Ort und Stelle ankam, einen feindlichen Empfang erhielt und mich schleunigst zurückziehen mußte. Nur meine genaue Kenntnis der Eingeborenenpfade rettete damals unser Leben; immerhin aber war ein Dauerlauf von etwa 5 km über Grasebenen und durch tiefe Schluchten unter den Kugeln der mit Gewehren bewaffneten Verfolger keine An- nehmlichkeit. Eine Genugtuung wird es mir jedoch immer bleiben, daß vier Jahre nach meiner Ansiedlung die Stämme in meiner Nachbarschaft infolge meiner Vermittlung und trotz früherer langdauernder Fehden einen Frieden unter sich geschlossen haben, der bis zum heutigen Tage nicht unterbrochen worden ist, obgleich es nicht an Gelegenheiten fehlte, da entferntere Stämme oft versuchten, jene Stämme mit in ihre Kriege und Stammesunruhen zu verwickeln. Die Walman im kaiser Wilhelmsland.) Nachstehende Ausführungen behandeln einen Bolksstamm der Papuas, der die nordwestliche Küste von Kaiser-Wilhelmsland innerhalb des Rahmens von Berlinhafen bewohnt. Dieser Hafen liegt etwa 60 Seemeilen an der West- grenze Neuguineas. Er wird gebildet von den vier benachbarten Inseln Tumleo, Aly, Seleo, Angel. Die Bewohner des Küstenstrichs gehören der papuanischen Rasse an und nennen sich Walman. Auf den Inseln und bei vielen Stämmen am Festlande außerhalb Berlinhafens kennt man sie meist nur unter dem Namen Leming. Die Grenze dieses beiläufig 500 Menschen zählenden Stammes bilden zwei ansehnliche Flüsse. Im Osten ist es der fischreiche Nekir, im Westen der ebenso fischreiche und durch seine vielen Krokodile berüchtigte Eilo. Beide Flüsse sind für den Walmanstamm von großer Wichtigkeit; denn einerseits sind sie ein schützender Damm gegen feindliche Angriffe, und anderseits bieten sie ihnen eine große Menge von Fischen und Muscheln, für die der Walman stets eine große Vorliebe hat. Im Norden begrenzt sie das Meer, und von dieser Seite droht ihnen keine Gefahr, da eine fürchterliche Brandung nament- lich zur Zeit des Nordwestmonsuns das Landen fast unmöglich macht. Bis zu drei Meter steigen die wilden Wogen in die Höhe, um dann plötzlich mit großem Getöse niederzufallen, und dieses Spiel wiederholt sich Schlag auf Schlag viele Monde lang. Schäumend wird der weiße Gischt Von P. Friedrich Vormann S. V. D. in der „Kölnischen Volkszeilung“.