W 1209 2O Männer das schmutzige Laba Laba (Hüfttuch) und der abgerissene alte Gehrock, den sie mit Vorliebe wählen, die Weiber im besten Falle ein ab- gerissener hemdartiger Hänger auch nicht ansehn- licher. Ihre Handfertigkeiten beschränken sich auf das Anfertigen von Netzen und Schlingen zur Niedersagd und auf die Herstellung von Fisch- reusen, mit denen sie mit viel Erfolg den schmack- haften Krabben in den Flüssen nachstellen. Ur- sprünglich waren Ngumbas und Mabeas alle neben Pfeil und Bogen auch mit der Armbrust bewaffnet, welche die Makas noch heute vielfach führen. Jetzt donnert überall im Urwald die aus Europa eingeführte Muskete. Am 19. Oktober 1901 früh zogen wir guten Muts, schlecht beritten auf ein paar Kleppern, die sich kaum von dem Marsch aus dem Innern zur Küste erholt hatten, in den Urwald hinein. An der Spitze der Karawane ritt ich selbst, hinter mir gingen zwei Soldaten, denen der Fahnen= träger Wilhelm folgte. Der war ein spindel- dürrer langer Togomann mit wehendem schwarzen Vollbart und verkehrt eingeschraubten Beinen, der sonst zu nichts zu brauchen war. Wilhelm wirkte sogar in Afrika, wo man durchaus nicht immer an harmonische Bilder gewöhnt ist, wie eine bessere Karikatur; er hat sich aber bezahlt gemacht, denn überall, wo er erschien, bei glü- hender Hitze, auf langem Nachtmarsch, bei schwie- rigen Anstiegen, gefährlichen Flußübergängen war er eine Quelle des Vergnügens für die Träger. Wo am schwersten gearbeitet werden mußte, stellte ich ihn hin, und wenn die Leute ihn sahen, lachten sie; wenn aber der Neger bei der Arbeit lacht und singt, dann fluscht's, wie der, Pommer sagt. Die Togoträger, die nach Art der Gras- landstämme ihre Lasten auf dem Kopf tragen, marschierten mit dem Sanitätsunteroffizier Haase am Schluß der Kolonne. HOaase, der kleine, rührige Berliner, war Expeditionsmeister, d. h. er führte die Trägerkolonne und war für die Fortschaffung der Lasten verantwortlich. Auf ihm ruhte also die Hauptlast der Expedition, aber für ihn galt es auch: „Von der Atlantischen See bis zum Tschadsee“; je mehr Arbeit, je mehr Ehre; niemals hat er versagt. In dem Schatten der hohen Urwaldbäume, die kaum einen Sonnenstrahl auf den Weg fallen lassen, marschierte es sich herrlich kühl, und wenn es dann dunkel wurde und rundum die Feuer prasselten, war es im Lager recht gemütlich. Bis spät in die Nacht hinein unterhielten wir uns in diesen Tagen mit den Sudankennern unserer Ex- pedition. Ich hatte das Glück gehabt, in Duala einen jungen Haussahsoldaten, Eliasu aus Bautschi, anzutreffen, der erst wenige Wochen eingestellt war und auf den keiner der Offiziere bisher auf- merksam geworden war. Er wurde später in Adamaua und Bornu meine rechte Hand. Gleichfalls durch einen Zufall hatte ich in Kribi einen Sudauesen mit Namen Ibrahim ge- funden, der mit Haussahs als Träger aus Ada- maua kam. Er kannte die Tschadseeländer, in die wir ziehen wollten, ausgezeichnet. Am 21. Oktober setzten wir bei Bipindi über den Lokundjefluß und nächtigten bei meinem alten Freunde, dem Ngumbahäuptling Tunga. Der alte Fuchs, mit dem ich mich vor Jahren her- umgeschossen hatte, tat hocherfreut, uns zu sehen. Hinter Tungadorf, das seitlich des hohen Gebirgsstocks liegt, der die Ngumbas von den Bakokos trennt, beginnt der Anstieg in die Berge. An einem rauschenden Gebirgswasser entlang, vielfach über Felsen zieht sich die Karawanen= straße bergan. Umgestürzte Bäume an den Berghängen, an denen vielfach das bemoste Ge- stein zutage tritt, lassen die Landschaft an Thü- ringen oder den Harz erinnern. So geht es weiter bis nach Lolodorf. Nur der Berg, auf dessen Höhe die Station beherrschend liegt, und die prächtige Aussicht auf die zahlreichen bewal- deten Gipfel oder steinigen Kuppen rundum sind wie früher geblieben; sonst würde ich den Platz, den ich 1894 besuchte, kaum wieder erkannt haben. Friedlich, freundlich und ordentlich war das Ganze, wie ein hübscher deutscher Herrensitz. Wunderbar war es am Morgen nach unserer Ankunft, als wir auf die Veranda heraustraten und auf ein wallendes Meer weißer Nebel hin- untersahen. Hin und her zogen die Nebelschwaden, die grauen Wolken teilten sich und eine Berg- kuppe nach der anderen tauchte auf, die aus- sahen, als wenn mächtige Eisberge auf der gräulichweißen Flut schwammen. Als die rote Sonnenscheibe aufstieg, wurde das graue Meer immer durchsichtiger, wie auf einer photogra- phischen Platte traten die dunklen, bisher dem Auge verborgenen Gründeschärfer hervor, Bäume, Felsen, Berge und Täler ließen sich unterscheiden, bis schließlich das ganze großartige Panorama mit dem Lokundje am Fuße des Berges, der gelben Straße unten, an der wie Kinderspielzeng die Eingeborenenhäuser liegen, die Pisanghaine und die Felder der Ngumbas erkennbar wurden. Am 26. Oktober zogen wir in den schönen Morgen hinein, nicht mehr mit den kleinen, gelben, rauchenden Mabeafrauen, sondern von schlanken, hohen, gut geölten Jannde= und Bane- leuten geleitet. Vor allem der letztgenannte Fanstamm weist prächtige Gestalten mit an- sprechenden Gesichtszügen auf; mächtige Frisuren auf den Köpfen und oft gar nicht unschöne Täto- wierungen bilden den Schmuck der Männer, die in ihrer Heimat nur mit dem Hüftschurz bekleidet