G274 den in Msalabani wirkenden fünf Missions- schwestern ist wenigstens eine snurse-, d. h. be- rufsmäßige Krankenpflegerin; in Korogwe und Massassi auch je eine. Die Mission betrachtet wie die meisten eng- lischen Missionsgesellschaften die „ärztliche Mission“ schon lange als ständigen Zweig ihrer Tätigkeit. Zwar steht ihr keine besondere Ausbildungsanstalt zur Verfügung. Ihr Medical Board, dem in erster Linie die Fürsorge für die Gesundheit der Missionsarbeiter obliegt, sucht die Missionsärzte aus der Reihe der heimischen Mediziner und die „nurses: aus den Krankenhäusern Englands zu gewinnen. In den unter englischer Hoheit stehenden Gebieten Ostafrikas (Sansibar und User des Nyassasees) hat die Missionsgesellschaft die Krankenpflege noch stärker ausgebildet als in Deutsch-Ostafrika. Für Sansibar errichtete sie ein stattliches, steinernes Krankenhaus, am Nyassa- see sorgt sie auch für die Blinden. Dort ist der Bischof, zu dessen Diözese die Missionsstationen im deutschen Gebiet gehören, sichtlich darauf be- dacht, die Krankenpflege zu heben. Schon Ende des vorigen Jahrhunderts wirkte in Msalabani ein Missionsarzt Dr. Ley. Er starb 1895. Seine Stelle wurde erst im Jahr 1904 durch einen Arzt wieder besetzt, der aber schon 1905 nach England zurückkehrte. Zum Ersatz kam Anfang 1906 der jetige Missionsarzt. Korogwe und Massassi wurden 1904 erstmalig mit Kranken- pflegerinnen besetzt. In Msalabani wird ein Krankenhaus unterhalten, dabei Poliklinik mit Apotheke (dispensary). Solche dispensaries haben auch die Krankenpflegerinnen in Korogwe und Massassi. Der Arzt sucht auch die Schwer- kranken auf den Nebenstationen von Msalabani auf. Über den Umfang der in Msalabani ge- Übten Krankenpflege liegen keine fortlaufenden Berichte vor. Der dortige Arzt berichtete im „Central Africa“ Oktober 1906 über das erste Vierteljahr seiner dortigen Tätigkeit: „Vom April bis Juni d. J. wurden 646 Patienten in der Klinik behandelt (428 männ- liche, 218 weibliche); 100 davon litten an Geschwüren, 73 an Malaria, 72 waren lungen- krank. Im Hospital wurden 15 Kranke ge- pflegt. Ferner kamen in diesem Vierteljahr 58 Schüler und Arbeitsjungen in die Kranken- stube, die an Malaria litten. Im Juni trat die Influenza epidemisch auf. Der Missions- arzt und seine Gehilfinnen konnten auch wieder- holt kranken Europäern, die nicht zur Mission gehörten, nützlich sein.“ Daß die oben erwähnten 646 Patienten im ersten Vierteljahr ungefähr den Durchschnitt dar- r stellen, ergibt sich aus einer Bemerkung des Jahresberichts für 1906, wonach vom April bis Dezember 1906 in der Klinik 1815 Fälle ärzt- lich behandelt wurden. Wie sich die Tätigkeit der Schwestern auf den Stationen ohne Arzt gestaltet, zeigt der Be- richt einer nicht namhaft gemachten Schwester in der populären Zeitschrift der Universitätenmission „African Tidings“ von 1905. Da heißt es unter anderem: „In den letzten Wochen strömten die Leute alle Tage herbei, um Medizin gegen die Masern zu erbitten. In den umliegenden Dörfern waren viele Kinder krank. Wenn man hin- geht, findet man ein Häuschen kleiner Patienten, die an der Sonne sitzen und einen jämmer- lichen Anblick bieten. In der Regel geht es ihnen aber nach einigen Tagen besser. Bei Erwachsenen tritt die Krankheit schwerer auf. Es gab einige Todesfälle. Das Volk ist so unverständig, Zzu meinen, die Masernkranken dürften nicht schlafen, sonst würden sie blind. Infolgedessen stoßen die Mütter ihre kranken Kinder fortwährend, um fsie wach zu erhalten.“ Beachtung verdient ein im „Central Africa“ Oktober 1903 veröffentlichter Aufruf des Bischofs von Sansibar, der von Haus aus Mediziner war. Er schrieb, um einen Missionsarzt für Deutsch-Ostafrika zu gewinnen: „Eine längere Visitationsreise im Archi- diakonat Magila hat mir gezeigt, welch schönes Arbeitsfeld ein Arzt hier hätte. Wo- hin ich auch komme, nach Msalabani, Korogwe oder sonstwo im Innern, überall werde ich von Leuten aufgesucht, die ärztliche oder chirurgische Hilfe beanspruchen; oft handelt es sich um Fälle von großem wissenschaftlichen Interesse. In Korogwe mußte ich vorige Woche eine ganze Reihe von Operationen vornehmen. Es gab noch mehrere, die eine längere sorgfältige Behandlung erfordert hätten, von denen ich aber wegen Zeitmangels absehen mußte. Ein Arzt, der jetzt im Distrikt wohnte, hätte ein viel größeres Wirkungsfeld als der 1895 gestorbene. Mit Hilfe der uns zur Verfügung stehenden Krankenpflegerinnen könnte ein geeigneter Mann auch die schwersten Fälle behandeln. In der Likoma-Diözese hatte ich früher die wertvolle Hilfe des dortigen Arztes. Seine Arbeit wächst zusehends, da das Volk an den Ufern des Nyassasees seine Hilse zu schätzen weiß. Wir brauchen einen zweiten Arzt für Magila. Er würde vollauf zu tun finden, viele interessante wissenschaft- liche Beobachtungen machen können und der Mission wertvolle Dienste leisten. Ein solcher