W 78 20 Kolonialwirtschaftliche Mittellungen. Aus dem „TKropenpflanzer“. Die jetzt in den zwölften Jahrgang eintretende, von Prof. Dr. Warburg-Berlin und Geheimen Regierungsrat Prof. Dr. Wohltmann-Halle herausgegebene Zeitschrift für tropische Landwirt- schaft „Der Tropenpflanzer“, Organ des Kolonial-Wirtschaftlichen Komitees, enthält an erster Stelle einen von Prof. Warburg ver- faßten größeren Aufsatz „Zum neuen Jahr“, der wegen seines aktuellen Inhalts allgemeines Interesse verdient. Professor Warburg gibt hier einen großzügigen überblick über den Stand und die Aussichten der hauptsächlichsten Plantagen= und Volkskulturen in unseren Kolo- nien. In der Einleitung stellt der Verfasser zu- nächst mit Genugtuung fest, daß der frische Zug, der in letzter Zeit in das koloniale Wirtschafts- leben hineindrang, bereits praktische Konsequenzen gezeitigt hat, die in dem wachsenden Interesse des deutschen Kapitals an kolonialen Unter- nehmungen zum Ausdruck kommen. Sodann werden die einzelnen Kulturen in unseren Kolo- nien, wie die des Kautschuks, Sisalhanfes, Kakaos, Kaffees, der Kokos= und Olpalme, Baumwolle u. a., in übersichtlicher Weise behandelt. Der Ver- fasser weist darauf hin, daß die Volkskulturen immer mehr an Bedeutung zunehmen werden. In einem weiteren Kapitel befürwortet Prof. Warburg einen engeren Zusammenschluß der Pflanzer zu gemeinsamer Arbeit, wie sie nament- lich in englischen Gebieten zu finden ist. Die kürzlich erfolgte Vereinigung von Kameruner Pflanzungen bildet den ersten Schritt zu solch anspornender und fördernder Zusammenarbeit. Am Schluß weist Warburg auf die Notwendigkeit hin, in den Kolonien weitere wirtschaftliche In- stitute nach Art des in Amani (Deutsch-Ostafrika) vorbildlich geschaffenen zu errichten. Er möchte die Verlegung des Kameruner Instituts aus dem feuchtwarmen Viktoria nach den gesunden mehr zentralen Höhenlagen der Manengubaberge in Betracht gezogen wissen. Auch erscheine es not- wendig, in Deutschland selbst eine Zentrale in größerem Umfange zu schaffen, die wie das Imperial Institut in England und der Jardin colonial in Frankreich alle Fragen der tropischen Landwirtschaft zu lösen hat. In einem Artikel „Über die Kulturmög-= lichkeit des Rotang"“ stellt Dr. M. Koernicke fest, daß durch den ständigen Raubschnitt der Ein- geborenen der Rotang in Sumatra und Borneo immer mehr ausgerottet wird, und somit die Frage, die wichtige Pflanze zu kultivieren, immer mehr in den Vordergrund tritt. Die Möglichkeit ihrer Kultur in großem Stile wird bejaht, und für die Art der Kultur werden wichtige Fingerzeige gegeben. In den ständigen Rubriken „Koloniale Ge- sellschaften", „Aus deutschen Kolonien“, „Aus fremden Produktionsgebieten“, „Vermischtes“ und „Auszüge und Mitteilungen“ sind wieder eine Menge interessanter Mitteilungen über die wich- tigsten Zweige der tropischen Agrikultur enthalten; besonders der Kautschuk, die Baumwolle, der Kakao, Kaffee u. a. werden entsprechend ge- würdigt. Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten. Das Baumwollgeschäft in Rußland. Nach den aus Mittelasien eingelaufenen Nach- richten hat sich dort die Witterung gebessert, so daß man die Faserernte wieder aufnehmen konnte. Die Ernte der ersten Baumwollsorten ist im Ferganagebiet zu Ende geführt, und die Ernte der niederen Sorten wird nach Mitte Dezember beendet werden. Die flaue Stimmung des Moskauer Baumwollmarktes beeinträchtigt das Geschäft mit Baumwolle an den Produktions-= orten. Eine solche Geschäftslage wird voraus- sichtlich zur Steigerung der Preise für Rohbaum- wolle beitragen, weil die früher auf die Herbstmonate abgeschlossenen Vorverkäufe infolge Mangels an Ware nicht gedeckt werden können. In Andishan müssen die Baumwollreiniger für Baumwolle I. Sorte aus den Speichern 4 Rbl. 15 Kop. zahlen. Dazu kommt, daß die angeführte Baum- wolle um eine Sorte niedriger ist als die ver- kaufte. Infolgedessen entstehen Streitigkeiten zwischen den Käufern und den Verläufern. Auch aus Neu-Buchara wird von einer ungünstigen Lage des Baummwollmarktes gemeldet; dort ist im Oktober eine Menge von Verkäufen erstklassiger bucharischer Baumwolle abgeschlossen worden, doch jetzt ist solche Ware nicht vorhanden. In Transkaspien wurde Anfang November die Ernte aller Baumwollsorten von einer einzigen Firma zum Preise von 4 Rbl. das Pud franko Baumwollreinigungsfabrik in Merw angekauft.