G 115 20 Steil fallen der Mshegesha und der Nia= vihanga, beide annähernd 1540 m hoch, in die Buyonde-Bucht ab, Norwegens Fjorde imitierend, mit denen die Landschaft viel Ahnlichkeit hat, wenn ihr auch die majestätische Erhabenheit der nordischen Bergwelt fehlt. Buyonde ist ein kleines, an einem Bergabhang klebendes Neger- dörschen Ruandas, von dessen Existenz man durch die Karte erfährt. Ein hübscher Lagerplatz liegt unterhalb im Schatten eines alten Fikus im Tal- einschnitt unmittelbar am Seec. Dort schlugen wir die Zelte auf. Ein wenig Schilf bot sicheren Unterschlupf für die Boote. Es ist eine angenehme Eigenschaft des Kivu- Sees, daß in seinem kalkhaltigen, klaren Wasser keine Krokodile leben, und dieser Umstand wurde von schwarzen und weißen Menschen weidlich zu erfrischendem Baden und Schwimmen ausgeuntzt. Am folgenden Morgen fand eine Besichtigung der Flottille statt, die allgemein befriedigte. Die Boote waren hübsch, geräumig und ganz sym- metrisch gebaut und je nach Größe mit sechs bis zehn Ruderern bemannt. Diese kräftigen musku- lösen Leute der Seenbevölkerung, meist Wahntu, Wasugamba oder Waniongumba, sitzen à deus auf einer Bank und bedienen die Ruder, deren Schaufeln herzförmig oder lanzett geschnitten sind, nach Paddelart, indem sie das Wasser von vorn nach binten fortdrücken. Auch waren die Kanus ziemlich wasserdicht, wenigstens war ein Leck- werden über das gewöhnliche Maß nicht zu kon- statieren. Jeder von uns dreien erhielt acht Boote zur persönlichen und Lastenbeförderung zugewiesen. · Wüstes Geschrei der Ruderer und Träger leitere den Morgen des 17. August ein, als die ersten Strahlen des anbrechenden Tages in die Zelte der Schläfer schauten, und niachte das Wechsignal des Trompeters, das jeden Morgen in den besten Schlaf hineintönte, überflüssig. Um halb sieben war alles fertig, die letzten Instruk- tionen für den Rest der Karawane, der auf dem Landwege den wenig beneidenswerten Krarelweg unter unseres Unteroffiziers und meines bewährten Dieners Führung zurückzulegen hatte, wurden erteilt, ein kurzes Winken zum Ufer zurück, und gleich darauf rauschte die stattliche kleine Flottille, von den kräftigen Armen der rudergeübten Mann- schaft getrieben, pfeilschnell über den glatten Spiegel des Kiwu dahin, während die ersten Sonnenstrahlen die Gipfel der Berge zu vergolden anfingen. Es war frisch auf dem Wasser und so ging es ohne Pause drei Stunden dahin, während der eintönige Schlag der Ruder nur durch den Gesang der Leute unterbrochen ward. Dann näherten wir uns der Insel Mugarura, einem langgezogenen Eiland, das auf dem Nord- ende mit dichtem Urbusch bewaldet ist. Dicht am Strande, der mit seinen flachen, moosbesetzten Felsen einen vorzüglichen Anlegeplatz bot, wurde angelegt und Lager gemacht. Weit auseinander- gezogen kamen die einzelnen Boote ein. Ein Nachmittags-Spaziergang galt einer hier lebenden Zwergantilopenart, deren zoologisch wichtige Existenz ich gerne durch Erlegung eines Exemplars konstatiert hätte. Doch machte der un- durchdringliche Urwaldbusch jede Aussicht und jedes Vorwärtskommen unmöglich. Statt dessen sah ich einen Schwarm von Tausenden von fliegenden Hunden, jener großen Fledermausart, die unter Pfeisen und Kreischen an den Asten der Büsche herumkrochen oder wie die reifen Pflaumen von ihnen herabhingen. Ich erlegte mehrere Eremplare zu Studienzwecken. Am Abend konnten wir Neulinge eine merk- würdige Erscheinung am Kiwn-See beobachten, daß nämlich, ohne daß sich ein Lufthauch rührt, plötzlich eine starke Brandung aufläuft, um dann ganz unregelmäßig, erst nach Stunden oder schon in ganz kurzer Zeit, wieder abzuflanen. Man ist geneigt, diese sehr merkwürdige Erscheinung mit dem Vulkangebiet in Verbindung zu bringen. Eine kurze, schnelle Fahrt brachte uns am folgenden Tage nach der Mündung des Flüßchens Murra, das kurz vor seinem Ausflusse von den Bergen in das Tal hinabstürzt. Ein recht müh- samer Anstieg brachte Herrn v. Grawert und mich bis an den Fall heran. In der Nacht pfiff ein schneidend kalter Wind durch die Talschlucht hin und rüttelte kräftig an den Zelten. Dann bekamen wir Kissenyi in Sicht; durch den Duntt, der sich zur Trockenzeit, die Fernsicht hemmend, über die Landschaft lagert, erkannte man am Strande die sanber weiß getünchten Häuser der Askari und weiterhin die Grasdächer eines langgedehnten Ortes, dessen Ostseite durch Bambusbauten für unser Standlager, dessen West- seite durch das Stationshaus und das Wach- gebäude abgeschlossen wird. Eine schnurgerade, mit Enkalyptus eingefaßte Straße, die sich einer Strandpromenade gleich am Ufer hinzieht, ver- bindet den Ort mit der Station. Ein reizendes Fremdenhäuschen, ebenfalls weiß getüncht und mit sauberem Grasdach versehen, von dem meine Landesflagge grüßte, von einem sanber gehaltenen Garten mit Bananen und bunten Blumen um- geben, vor wenigen Tagen erst vollendet, kenn- zeichnete die Umerkunft; ein in demselben Stile gehaltenes „Techaus“ winkte einladend vom Berge herab. Kissenyi liegt am Fuße des erlöschenden Vulkaus Niragongo und macht den Eindruck eines primitiven kleinen Östseebadeortes. Die Pro- menade erwähnte ich schon, und auf der Haupt=