189 2 und dauerhafteste anzusehen ist? Es genügt nicht, daß wir uns bemühen, die Sprache und die verschiedenen Mundarten der Eingeborenen zu kennen: das ist offenbar das beste Mittel, um die Eingeborenen selber zu studieren und die Verbesserungen zu erfahren, die sie nötig haben. an muß auch den Gebrauch unserer Sprache bei ihnen verbreiten, das ist das Mittel, durch das wir am besten die Eingeborenen an das Studium unserer wissenschaftlichen und gesell- schaftlichen Fortschritte fesseln. So werden sie zu verständiger und auf- geklärter Mitwirkung in der Leitung der An- gelegenheiten ihres Landes vorbereitet sein. Wir müssen ihnen eine tatsächliche Beteiligung an der Verwaltung ihrer Angelegenheiten zuge- stehen: das ist die Grundlage der ins Werk ge- setzten Vereinigung, nicht nur auf wirtschaftlichem Gebiet, sondern auch, und namentlich, in poli- tischer Beziehung. Wir müssen sie auch in die Wohltaten der Staatswirtschaft einführen, indem wir in ihnen die Pflege der menschlichen Wechsel- beziehungen und der sie umgebenden Hilfsein- richtungen (Sparkassen, Versicherungskassen, Gegen- seitigkeitsgesellschaften) entwickeln. Die Verwirklichung dieses Programmes, über das man heute einig zu sein scheint, kann nur verfolgt werden, wenn man endgültig auf das System der Assimilation verzichtet. Man muß endgültig darauf verzichten, in unseren Kolonien entlegene Departements zu er- blicken, wo unsere Einrichtungen, unser Verwaltungs- verfahren, unsere Gebräuche in Ehren gehalten werden müssen. Sie müssen als Sonder- gruppierungen betrachtet werden, die vom Mutter- lande nicht nur durch die Bedingungen des Klimas und der Gestaltung, sondern auch durch die Einrichtungen verschieden sind. Man be- schleunige diese Umgestaltung dadurch, daß man den Kolonien entschlossen die Pforten der Auto- nomie öffnet. Der Grundsatz weitester Dezentralisation müßte bei der Leitung der kolonialen Angelegenheiten maßgebend sein: die Kolonien müßten sich am Orte selbst verwalten, sie dürfen nicht von Paris aus verwaltet werden. Die heimische Regierung würde lediglich vollkommener und unbedingter Weise ihren Schutz auszuüben haben; ihre Ver- waltungseingriffe hätten sich auf die politische Leitung und die Prüfung dieser Sonderverwaltung zu beschränken. Aber, um dieses System anzuwenden, das die neue Kolonialpolitik fordert, ist es unab- weislich, daß unsere Kolonialeinrichtungen selbst durch eine Reihe tiefgreifender Anderungen re- sormiert werden: Umgestaltung der Zentralverwaltung in der Richtung, sie auf ihren wirklichen Zweck zurückzuführen; Umgestaltung der politischen und Verwaltungseinrichtungen der Kolonien zu dem Zwecke, die Mitarbeit der Eingeborenen in der Verwaltung der allgemeinen Angelegenheiten ihres Landes zu beginnen und auszudehnen; Umgestaltung des Geldwesens, in der Absicht, die Bewohner unserer neuen Besitzungen, be- sonders die Eingeborenen, an der Einrichtung der Steuer und an der Verwaltung des Geld- wesens ihres Landes unmittelbar teilnehmen zu lassen. (Ein Schlußartikel folgt.) ** 1 . in Natal.“) Der Bericht der Kommission für die Ein- geborenen-Angelegenheiten von Natal war im Hinblick auf den Eingeborenen-Aufstand, der in dieser Kolonie im Jahre 1906 stattgefunden hatte, sicherlich ein Dokument von großem In- teresse, aber sein Wert wird erhöht durch die Tatsache, daß die Kommissare nicht gezögert haben, die Grundprobleme der Verwaltung der Eingeb Angelegenh durch eine weiße Kommune zu erörtern, und daß sie Schlüsse daraus gezogen haben, die, wenn sie folgerichtig sind, auf viel größere Gebiete als die von Natal oder von Südafrika angewendet werden können. Der Bericht ist ein sehr umfangreiches Dokument; wir wollen hier nur versuchen, einen summarischen Bericht zu geben, und diejenigen Teile desselben hervorheben, die von großem allgemeinen In- teresse sind. In ihrer allgemeinen Übersicht über die Re- sultate der eingeborenen Verwaltung sind die Kommissare viel offenere Pessimisten, als irgend eine außenstehende Kritik voraussichtlich bei ihnen vermutet hätte. Da beim Verschweigen nichts gewonnen wird, so muß hier ausgesprochen werden, daß die Kluft zwischen den Rassen sich für Jahre hinaus ver- breitert hat, und daß die Eingeborenen sich jetzt abseits halten und eine mißtrauische Haltung ein- nehmen. Beim Mangel an Urteilsschärfe und Ülberlegung schreiben sie alle ihre Unannehmlich= keiten der Regierung zu, von der sie glauben, daß sie entweder alles das, was ihr Leben von der Einfachheit der vergangenen Zeiten zu den unsicheren Bedingungen der Gegenwart verändert hat, veranlaßt oder doch gestattet und gutgeheißen habe. Sie sehen die Einwirkung des Gouverne- ments in den hohen Pachtzinsen und der Arbeit, die von den Grundeigentümern verlangt wird; ferner in den verschiedenen Steuern, die sie zu 6é v —2 34— *) Aus The (olonial Ofsice Journal. Januar 1908 r. 3.