G 221 2#0 ihrem Gusto führen, in die Plantagen zu bringen. (Sehr richtigl) Deswegen kann, wenn diese Dinge nicht geändert werden, die Regierung mit dem besten Willen nicht dafür einstehen, daß die Plantagen Arbeiter bekommen. Das ist ganz ausgeschlossen. Die Geldstrafe — das ist ein Vorwurf, den ich der Verwaltung in gewissem Umfange mache — wird nicht beliebt. Ich habe bereits oben gesagt, daß die Prügelstrafe als solche nicht ent- behrlich ist. Ich kann auch hinzufügen, daß — besonders auf Grund einiger Verordnungen, zu denen ich mich bekenne — darauf gesehen wird, daß die Prügelstrafe in ordentlicher Weise voll- zogen wird. Ich bin dabei gewesen und habe es mir angesehen. Es ist natürlich unange- nehm. Ich habe es mir aber sehr viel ekelhafter vorgestellt. In dieser Rechtslage liegt eine Hauptschwierig- keit für das Verhältnis zwischen den Schwarzen und den Weißen. Eine weitere liegt in der Auffassung vieler Weißen über ihre Stellung den Schwarzen gegenüber. Die Argumentation ist diese: Deutschland kolonisiert, es soll die Schwarzen entwickeln. Dazu gehört Erziehung zum Fleiß und zu wirtschaftlicher Tätigkeit. Wir sind — und da kommt der Trugschluß, dem man leider öfters begegnet — die Deutschen, die Erzieher, wir erziehen. Die Entwicklung des Landes und der Eingeborenen ist aber die Aufgabe der Re- gierung im Interesse der zu Entwickelnden und der Gesamtinteressen des Schutzgebiets. Dies ist die Hauptquelle der Konflikte. Ich behaupte, daß dadurch das Ansehen des Weißen sehr geschädigt wird. Ich weise auf die englischen Kolonien hin, wo das Ansehen des Weißen ganz gewiß nicht untergraben ist und wo diese bei uns in Afrika eingeführte Praxis nicht existiert. Ich habe zur vollen Information der Kommission die englischen Arbeiterverordnungen im „Deutschen Kolonial= blatt“ abdrucken lassen. Ich habe einige Exem- plare hier und werde nachher den Zustand, wie er heute in Ostafrika ist, den Zustand, wie ihn die Pflanzer in Ostafrika haben wollen, mit dem Zustande vergleichen, wie er unmittelbar über der Grenze herrscht. Da werden Sie sehen, daß es unmöglich ist, bei unserer bisherigen Praxis zu verharren und daß man die Pflicht hat, sie zu ändern. Es ist also beabsichtigt, einen Eingeborenen- kommissar mit der Durchführung entsprechender Maßnahmen dort zu betrauen, wo eine größere Anzahl Schwarzer im Dienst der Weißen tätig ist. Die Hauptaufgabe der Kommissare soll die Wahrnehmung der Interessen der Schwarzen gegen die Weißen auch vor Gericht ex oklicio sein. Darauf lege ich Wert, daß die Beschwerden der Schwarzen, falls sie der Kommissar für be- gründet erachtet, ohne Kostenvorschuß aufgenommen werden müssen. Ebenso ist zu überlegen die Einschränkung des Züchtigungsrechts des Karawanenführers wie des Plantagenleiters; ebenso notwendig wird es sein, mehr Geldstrafen zu verhängen. Vor allem wird es notwendig sein, daß die weißen Gerichte gegen Weiße, die sich Grausamkeiten haben zu- schulden kommen lassen, ebenso unnachsichtlich vorgehen, wie es gerechtfertigt ist, daß gegen Schwarze darin unnachsichtlich vorgegangen wird. Ich mache den weißen Gerichten keinen Vorwurf, aber die Empfindung, was recht und was unrecht ist, ist bei den Schwarzen vielleicht die einzig ausgebildete moralische Empfindung. M. H.! Den moralischen Wert des Schwarzen kann man sehr schwer schätzen. Er ist wahr- scheinlich sehr gering und die Evolution auf kulturellem Gebiete ist sehr schwierig und lang- sam. Man kann sich dabei ungefähr auf die Vereinigten Staaten von Amerika beziehen, wo heute 9 oder 10 Millionen Neger leben, die sehr lange unter der Kultur gestanden haben und die seit über 40 Jahren Vollbürger eines Landes sind, das sich der größten staatlichen Freiheit rühmt. Es ist nicht viel daraus geworden; aber daß der Neger eine Empfindung für Schuld und Strafe und daß er eine Neigung für Reichtum und Wohlleben und Erwerb hat, darüber ist gar kein Zweifel. Der Neger ist sehr geneigt, sich gegen Verordnungen zu vergehen, wie alle Natur- völker, die natürlich mit allen Mitteln arbeiten, weil sie nicht mit den entsprechenden Rechts- garantien umgeben sind. In Deutschland ist es dasselbe: wo jemand glaubt, daß er keinen Rechtsschutz findet, greift er zur Selbsthilfe. Der Schwarze erwartet dann Strafe, er wünscht aber die gleiche Strafe gegenüber allen angewendet zu sehen. " Die Situation der Behörde gegenüber der schwarzen Bevölkerung des Landes ist durch die von weißen Ansiedlern und Pflanzern immer an die Regierung gestellten Forderungen und durch die Arbeiterfrage in den Plantagen ganz be- sonders erschwert. Wir haben Plantagen in Usambara, im Bagamojo-Bezirk und an der Südküste. Aber in diesen Landstrichen ist nicht genügend Bevölkerung vorhanden, um für den intensiven Betrieb einer Plantage die notwendigen Arbeiter liefern zu können. Manche Negerstämme sind dafür dauernd nicht zu gebrauchen. Ich er- innere an das Bergvolk im Ulugurugebirge, die Wakua, die man als Arbeiter nicht gewinnen kann und die einer Aufsaugung oder einer Ver- mischung entgegengehen. Besonders geschätzt sind nun die Wanyamwesi. Aber sie sind nicht geneigt,